Videoinstallation "Manifesto"

Cate Blanchett mal zwölf im Sprengel Museum Hannover

Meist sind es zornige junge Männer, die zum Bruch mit Traditionen aufrufen. In der Videoinstallation "Manifesto" des Berliner Künstlers Julian Rosefeldt, mit der Anfang 2016 die große Schau "130% Sprengel" zur Wiederöffnung des gesamten Gebäudekomplexes begann, sprach jedoch die australischen Schauspielerin Cate Blanchett in jugendlicher Rage geschriebene Deklarationen.

Cate Blanchett mal zwölf – zu sehen in Julian Rosefeldts "Manifesto" im Sprengel Museum Hannover.

Künstlerische Manifeste

Für die Filmszenen hatte Julian Rosefeldt die Originaltexte verschiedener Manifeste u.a. aus Futurismus, Dadaismus, Situationismus, Suprematismus, Fluxus, Pop Art, Konzeptkunst oder etwa von Dogma 95 collagiert. Darunter waren neben der programmatischen Schrift von Marinetti ebenso Proklamationen von Tristan Tzara, Kasimir Malewitsch, André Breton, Claes Oldenburg, Yvonne Rainer, Sturtevant, Bruno Taut, Sol LeWitt, Jim Jarmusch und von weiteren Künstlern, Architekten, Choreographen und Filmemachern. In ihren Manifesten geht es um die Freiheit des Ausdrucks und um die Forderung nach einem tiefgreifenden Wandel von Haltungen oder der Gesellschaft.

Parallele Installation

Julian Rosefeldts "Manifesto" war eine aus 13 parallel laufenden Filmen bestehende Installation und eine Hommage an die bewegte Tradition der Künstlermanifeste. Das strengte alle Sinne an; aber auch wenn man weder diverse Kunstmanifeste kannte, (oder sie vielleicht sogar kannte, aber in englischer Sprache nicht erfassen konnte,) gelang es Rosefeldt, die Stimmen der Charaktere in allen Filmen gleichzeitig zu einem orchestralen Zusammenklang aller Botschaften zu vereinen.

Die Wandlungsfähigkeit von Cate Blanchett

In zwölf Rollen spiegelte die Schauspielerin in jeweils zehnminütigen Filmsequenzen simultan verschiedene Lebensentwürfe. Diese waren nicht nur maskenmäßig absolut perfekt inszeniert, sondern zeigten, dass Cate Blanchett nicht zufällig mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Und so wurde die Schauspielerin wahlweise zur Grundschullehrerin, Punklady, Börsenmaklerin, Nachrichtensprecherin, Reporterin, Wissenschaftlerin, bourgeoisen Mutter oder alleinerziehenden Fabrikarbeiterin, aber auch zu einem Penner.

Filmisch hochqualitativ

Rosefeldt zeigte seine Akteuren im Zoom von Seit- und Frontalansichten, aus extremer Vogelperspektive und im Umfeld unterschiedlichster Räume, vor architektonischer Gigantomanie, in zerstörten Landschaften und am heimelig gedeckten Tisch beim Familienabendbrot. Mit filmisch hochqualitativen Mitteln setzte Rosefeldt die zu Monologen verdichteten Manifeste visuell opulent und sorgfältig choreographiert in Szene.

Julian Rosefeldt

Julian Rosefeldt

Julian Rosefeldt, geboren 1965 in München, lotet in seinen filmischen und fotografischen Werken gesellschaftliche Themen, kulturelle Identitäten und Mythen in vielschichtigen Erzählformen aus. Die Arbeit des Wahl-Berliners vereint Einflüsse aus bildender Kunst, Architektur, Popkultur und Film und entführt die Betrachter häufig humorvoll durch bekannte filmische Stilfiguren in surreale und absurde Weltmodelle

Koproduktion des Sprengel Museum Hannover

"Manifesto" ist eine gemeinsame Produktion der Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin zusammen mit dem Australian Centre for the Moving Image, Melbourne, der Art Gallery of New South Wales, Sydney, dem Sprengel Museum, Hannover und der Ruhrtriennale. Das Projekt entstand in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk und dank der großzügigen Unterstützung des Medienboards Berlin-Brandenburg und der Burger Collection Hongkong.

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(Aktualisiert am 27. Mai 2016)