Alte Leine (1)

Akrobaten über dem Wasser

Wer am Maschsee Neues entdecken möchte, der überquert am Westufer die Leine und begibt sich in die Leinemasch. Auf verwunschenen Pfaden eröffnen sich schnell unerwartete Anblicke. Mal eine Wiese, durch die sich ein kleiner Bach schlängelt, mal ein dichtes Unterholz, mal ein Sumpfgebiet. Man könnte dieses Gebiet  zwischen Maschsee, Ziegenbockbrücke  und Wiesendachhaus  durchaus als hannoversche Seenplatte bezeichnen, denn eine stattliche Anzahl von Seen reiht sich entlang der Leine wie eine Perlenkette auf. Die Gegend ist für Überraschungen gut, und die größte Überraschung ist vielleicht die, dass es die vielen Seen oder Tümpel überhaupt gibt. Die drei größten sind als Ricklinger Kiesteiche bekannt und werden als Badeseen genutzt. Die übrigen sind der Natur überlassen und geben geschützten Vogelarten ein Zuhause

An der Ziegenbocksbrücke zwischen Wülfel und Alt- Laatzen mündete die Alte Leine in die Leine. Einst war die Alte Leine ein Seitenarm der Leine, auf dem Kähne fuhren und Mühlen die Wasserkraft zum Mahlen des Getreides nutzten. Heute entsteht die Alte Leine aus dem Zusammenfluss von Fuchsbach und Koldinger Mühlengraben. Bei Hochwasser kommt der Alten Leine noch immer die Funktion eines Flutarms der Leine zu. Dann durchströmt der sonst träge fließende Bördebach gurgelnd und rauschend die Aue. Die Alte Leine ist einer der wenigen unverbauten Bördebäche in der Region Hannover. Auf einer Länge von 12 km fließt sie aufgrund des geringen Gefälles langsam (unter 2,0-2,5 m/s) in vielen Windungen und Schleifen dahin - sie mäandriert. Das Bachbett und die Uferzonen der Alten Leine sind sehr strukturreich. Daher findet eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten hier ihren Lebensraum.

Besonders augenfällig sind die vielen Libellen, die ab Mai wie Akrobaten über das Wasser fliegen.  Sie sind  schnelle, gewandte und elegante Flieger. Große Arten erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h. Durch ihre Fähigkeit, die beiden Flügelpaare abwechselnd bewegen zu können, sind sie in der Lage faszinierende Flugkünste zu vollbringen. Sie können rüttelnd in der Luft verharren, gewagte Manöver ausführen und sogar kurze Strecken rückwärts fliegen. Zwischen Wasserpflanzen und halb im Schlamm verborgen lauern die Larven der Libellen auf ihre Beute. Einzeller, Kleinkrebse, Würmer, Kaulquappen und Jungfische sowie Wasserinsekten stehen auf ihrem Speiseplan. Die voll entwickelten Libellen sind ebenfalls Raubtiere. Sie fangen in der Luft Schmetterlinge, Fliegen, Käfer, Mücken, kleinere Libellenarten und Wespen. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft und dem damit verbundenen Pestizideinsatz ging der Bestand an Libellen in den 80er Jahren stark zurück.  Seit ein Teil der Leineaue unter Naturschutz steht und das

Grünland nur noch extensiv bewirtschaftet wird, erholt sich der Libellenbestand. Inzwischen lassen sich in der Leineaue mehr als 30 Libellenarten beobachten.

Eine davon ist die Blutrote Heidelibelle. Sie fliegt von Juli bis September. Man kann sie gut beobachten, da sie gern auf den Wegen sitzt und sich von der Sonne aufwärmen lässt. Dabei breitet sie, wie alle Großlibellen, ihre ungleichen Vorder- und Hinterflügel in der Ruhe waagerecht aus. Die Männchen fallen durch den leuchtend roten Hinterleib auf. Gelegentlich sind auch die Weibchen rot gefärbt. Nach der Paarung beginnt die Eiablage in der Tandemstellung. Später bewacht das Männchen rüttelnd das legende Weibchen. Die Eier überwintern und die Libellen schlüpfen im folgenden Sommer.