Obdachlosigkeit

Bekämpfung von Obdachlosigkeit und Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt

EU-Parlament möchte Obdachlosigkeit bis 2030 in den Mitgliedsstaaten beseitigen

Copyright: European Union 2020, Photographer: Dati Bendo

In den letzten 10 Jahren stieg die Zahl der Obdachlosen in der Europäischen Union um mehr als 70 % auf über 700 000 Menschen ohne festen Wohnsitz. Damit ist Obdachlosigkeit eine der schwersten Formen von Armut, die durch ein Zusammenspiel struktureller, institutioneller und persönlicher Faktoren verursacht wird. Folgen der COVID-19-Pandemie könnten diese Tendenz sogar noch verschärfen und die Obdachlosenquote weiter ansteigen lassen.

Wohnungspolitik fällt zwar nicht in die Zuständigkeit der EU, aber sie kann die Wohnverhältnisse indirekt durch Vorschriften (z.B. Regeln für staatliche Beihilfen, Steuerrecht und Wettbewerbsrecht) und Maßnahmen, insbesondere Empfehlungen und Richtlinien, beeinflussen.

Das Europäische Parlament forderte die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten daher auf, geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit zu ergreifen. Ziel müsse es sein, die prekäre Lebenssituation der Betroffenen in allen EU-Staaten bis 2030 zu beseitigen.

Die EU-Kommission soll auf Wunsch des Parlaments den Nationalstaaten unter Nutzung bestehender Förderinstrumente wie auch im Kontext des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021 – 2027 sowie der Aufbau- und Resilienzfazilität weitere Mittel bereitstellen und einen EU-Rahmen für nationale Strategien zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit vorschlagen.

Für die EU-Mitgliedsstaaten empfiehlt das Parlament ein ganzes Bündel von Maßnahmen:

  • die Übernahme von Verantwortung im Kampf gegen Obdachlosigkeit und Maßnahmen zur Prävention und für frühzeitiges Eingreifen;
  • den Austausch bewährter Verfahren mit anderen Mitgliedstaaten;
  • die Entkriminalisierung von Obdachlosigkeit;
  • die Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs zu öffentlichen Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung und Sozialleistungen;
  • die Unterstützung der Integration in den Arbeitsmarkt durch spezialisierte Unterstützungsmaßnahmen, Ausbildung und gezielte Programme;
  • die Verbesserung der Maßnahmen zur Erhebung einschlägiger und vergleichbarer Daten, um das Ausmaß der Obdachlosigkeit besser einschätzen zu können;
  • finanzielle Hilfe für nichtstaatliche Organisationen und Unterstützung lokaler Behörden bei der Bereitstellung sicherer Orte und der Verhinderung von Zwangsräumungen, insbesondere während der COVID-19-Krise;
  • die Umsetzung langfristiger, gemeinschaftsbasierter, auf die Bereitstellung von Wohnraum ausgerichteter, integrierter nationaler Obdachlosenstrategien;
  • die Bereitstellung eines ständigen Zugangs zu Notunterkünften als befristete Lösung;
  • die Förderung von sozialem Unternehmertum und Förderung der aktiven Eingliederung von Obdachlosen sowie
  • die Verbesserung der sozialen Integration von Arbeitslosigkeit betroffener Haushalte.

In der mit 647 Ja-Stimmen bei 13 Nein-Stimmen und 32 Enthaltungen angenommenen Entschließung hebt das Europäische Parlament noch einmal hervor, dass Wohnen ein grundlegendes Menschenrecht sei. Zielgerichtete Aktionspläne und innovative Ansätze der Nationalstaaten sollten auf dem Grundsatz des „Housing First" basieren.

Den Text der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2020 zur Senkung der Obdachlosenquoten in der EU finden Sie hier.