Die Situation von Flüchtlingen und ihre Unterstützung in Hannover stand im Zentrum der Sitzung am 16. April 2015.
Die 32. Sitzung des Internationalen Ausschusses unter Vorsitz von Bürgermeister Thomas Hermann begann mit einem Antrag der CDU-Fraktion (Drucks. 2637/2014), der gleich für Debatten sorgte. Dem Antrag nach soll der Oberbürgermeister (OB) dazu aufgefordert werden, Gespräche über eine Erhöhung der Erstattungspauschale pro Flüchtling mit dem Land Niedersachsen zu führen, um die Stadt Hannover finanziell zu entlasten. Ratsherr Thomas Klapproth (CDU) rechnete vor, dass das Land Niedersachsen knapp 6.200 € pro Flüchtling und Jahr zahle, benötigt würden aber 12.000 bis 15.000 Euro. Die Differenz müsse die Stadt Hannover selbst aufbringen.Das grundsätzliche Anliegen, so fand Ratsherr Lars Kelich (SPD), sei zwar unterstützenswert, doch sei hier die Bundesregierung der richtige Adressat. Der OB und die kommunalen Spitzenverbände hätten diese Forderung längst an die Landesregierung gestellt und erneuerten diese regelmäßig.
Ratsfrau Jeschke (CDU) lehnte den Verweis an die Bundesregierung ab. Ein Hin- und Herschieben der Verantwortlichkeit löse das Problem in Hannover nicht. Der Antrag ihrer Fraktion sei von November 2014 und seitdem hätten die rot-grünen Fraktionen mit formellen Manövern auf Zeit gespielt. Kelich merkte an, dass nur der Bund die nötigen finanziellen Mittel für die geforderte Erhöhung aufbringen könne, der Haushalt des Landes Niedersachsen jedoch gebe dies nicht her. Der CDU-Antrag wurde mit drei Ja- gegen sieben Nein-Stimmen abgelehnt.
Anschließend diskutierte der Ausschuss einen weiteren Antrag der CDU-Fraktion (Drucks. 0280/2015), nach dem der OB sich ebenfalls bei der Landesregierung um eine Aufstockung der Mittel für Sprachlernklassen bemühen solle. Dr. Stefanie Matz (CDU) begründete dies mit der unerwartet hoch gestiegenen Anzahl von Schüler/innen ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Schon die bisherige Verdoppelung auf 240 Sprachlernklassen an niedersächsischen Schulen sei durch den vorgesehenen Betrag in Höhe von 500.000 Euro nicht finanzierbar. Auch wenn die Erhöhung frühestens für das nächste Schuljahr umgesetzt werden könne, solle durch den Antrag deutlich gemacht werden, dass die Stadt Hannover ihrer Fürsorge für ihre Schüler/innen nicht ohne zusätzliche Mittel nachkommen könne. Kelich wies darauf hin, dass auch diese Forderung bereits durch die kommunalen Spitzenverbände an die Landesregierung gestellt sei und bat die Verwaltung um Auskunft über die Situation in Hannover im niedersächsischen Städtevergleich. Melanie Walter, Leiterin des Bereichs „Migration und Integration“, informierte daraufhin über die Verteilung der 21 Sprachlernklassen an hannoverschen Schulen. Die Landesschulverwaltung plane mit 33 Klassen im kommenden Schulhalbjahr. Braunschweig zum Beispiel habe drei Sprachlernklassen.
Jeschke kritisierte, diese Informationen hülfen in der Sache nicht. Sie berichtete von einer Stöckener Schule, die 23 zusätzliche Stunden für Sprachlernklassen beantragt und auch genehmigt bekommen habe. Zum selben Zeitpunkt seien ihr jedoch 23 reguläre Unterrichtsstunden gestrichen worden. Auf Nachfrage von Ratsfrau Renate Steinhoff berichtete Melanie Walter von den Bemühungen der Landeshauptstadt Hannover, mehr Lehrpersonal für Sprachlernklassen einzusetzen. Die BBS 6 zum Beispiel werde unterstützt durch Lehrpersonal aus der Volkshochschule. Der Antrag der CDU-Fraktion wurde mit drei Ja-, sechs Nein-Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt.
Der dritte Antrag der CDU-Fraktion (Drucks. 0696/2015) fordert von der Stadtverwaltung die Erstellung eines Konzepts, durch das die „Integrationschancen für Flüchtlinge verbessert“ werden könnten. Die steigende Zahl Asylsuchender mache einen Ausbau der Betreuung an mehreren Stellen notwendig, erklärte Jeschke. Ihre Fraktion sei der Auffassung, das bisherige Engagement reiche nicht mehr aus. Der Einsatz Ehrenamtlicher sei zwar lobenswert, doch liefen viele Einzelaktionen unkoordiniert nebeneinander – es müsse daher ein Konzept geben, das eine engere Kooperation aller Beteiligten ermögliche.
Kelich zeigte sich verwundert über den Antrag und führte an, dass die darin enthaltenen Forderungen bereits mit Hochdruck bearbeitet würden. Dem stimmte auch Ratsfrau Gunda Pollok-Jabbi (Die Linke) zu und riet davon ab, Verwaltungsressourcen mit einem völlig neuen Konzept zu verschwenden. Lieber solle man bestehende Konzepte intensivieren und verbessern. Dr. Koralia Sekler (beratendes Mitglied) merkte an, dass es mit dem Lokalen Integrationplan (LIP) bereits ein solches Konzept gebe. Statt wieder bei Null anzufangen, solle besser dieses Instrument an die neue Lage angepasst werden. Klapproth argumentierte, dass man schon große Probleme damit hatte, die teils schwer traumatisierten Flüchtlinge unterzubringen. Eine Lenkungsgruppe könne die passende Betreuung nach der Unterbringung koordinieren. Zum Gelingen der Integration von Flüchtlingen müssen Verwaltung, Rat und Fraktionen die Kräfte bündeln und lösungsorientiert zusammenarbeiten – der LIP sei 2008 in Kraft getreten und nicht mehr geeignet, die Probleme der heutigen Zeit zu lösen. Raif Hussein (beratendes Mitglied) bemerkte, dass der LIP keine Bibel sei, die man nicht umschreiben dürfe. Auch dieser CDU-Antrag scheiterte mit drei gegen sieben Stimmen.
Anschließend stellte Thomas Walter das neue Sachgebiet „Integrationsmanagement für Flüchtlinge“ vor (Drucks. 0624/2015). Die Landeshauptstadt Hannover sehe unabhängig von der vorangegangenen Diskussion großen Koordinierungsbedarf bei Thema Flüchtlingsbetreuung. Da die Verwaltung mangels verfügbaren Wohnraums mehr Flüchtlinge habe an einzelnen Standorten konzentriert unterbringen müssen, als ihr nach eigenen Zielsetzungen Recht sei, sei eine verstärkte Betreuung und Beratung notwendig geworden. So verstärke nun das Integrationsmanagement mit zusätzlichen Sozialarbeiter/innen die Betreiber/innen des ehemaligen Oststadtkrankenhaus (OSK). Das leer stehende OSK wurde im letzten Jahr zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut und beherbergt heute über 500 Flüchtlinge.
Zum Ende hin nahm der Ausschuss den jährlichen Bericht „Auf dem Weg zur inklusiven Stadt“ zur Kenntnis (Drucks. 0643/2015). Das Programm soll Menschen mit Behinderungen die Teilhabe in möglichst allen Bereichen des Stadtlebens ermöglichen. Dezernent Thomas Walter blickte zufrieden auf die im Bericht dargestellte Lage. Die fachbereichsübergreifende Arbeitsgruppe habe direkt mit Betroffenen diskutiert und dabei viele positive Feedbacks zu den hannoverschen Hilfssystemen bekommen.
Zum Schluss wies Bereichsleiterin Walter auf den großen Veranstaltungstag „Zukunft in Vielfalt! Migration und Willkommenskultur“ am 9. Mai im Neuen Rathaus hin. Die Veranstaltung mit vielfältigem Programm sei Teil des Beteiligungsprojekts „Mein Hannover 2030“. Alle Einwohnerinnen und Einwohner seien herzlich eingeladen am 9.5. ins Rathaus zu kommen und mitzudiskutieren.
Die vollständige Tagesordnung, sämtliche Sitzungsdokumente (Beschlussdrucksachen, Informationsdrucksachen etc.) und auch die Sitzungsprotokolle des Internationalen Ausschusses sind über das Online-Sitzungsmanagement für jedermann zugänglich.