DEHOGA kritisierte geplante Änderung des Nds. Gaststättenrechts.
Die erste Ausschusssitzung nach der Sommerpause fand am 24. September unter Vorsitz von Bürgermeister Thomas Hermann statt. Von der ursprünglichen Tagesordnung vom 24. September wurden drei Anträge der Linksfraktion (Drucks. 1660/2015, 1661/2015, 1698/2015) von der SPD „in die Fraktion gezogen“. Sie werden somit auf die Tagesordnung der 36. Sitzung gesetzt, um in der Zwischenzeit interne Beratungen zu ermöglichen.
Der inhaltliche Teil begann mit einer Anhörung zum Thema Diskriminierungen beim Einlass zu Diskotheken. Dazu eingeladen waren sowohl Schüler/innen der IGS Linden, als auch Vertreter/innen des AStA der Universität Hannover, des Büros zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. und des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA). Kirsten Jordan, Geschäftsführerin des DEHOGA in Hannover, berichtete über das Engagement ihres Verbandes, um diese Diskriminierungen in den Reihen ihrer Mitglieder zu verhindern. So habe man sich bemüht, möglichst viele Diskotheken in die „Pro-AGG!“ Kampagne einzubeziehen, und Schulungen für das Sicherheitspersonal durchgeführt. Dies sei auf freiwilliger Basis geschehen und vor diesem Hintergrund hielt sie es für „unfassbar“, dass dennoch eine Gesetzesänderung in Planung sei (im Nds. Landtag steht ein Entwurf zur Änderung des Gaststättenrechts zur Debatte, nach dem Diskriminierungen mit Ordnungsgeldern sanktioniert werden können). Schließlich habe sich der DDHOGA hochgradig kooperativ verhalten und sich offensiv um eine Lösung bemüht. Dem stimmte Jürgen Uhlenwinkel (Betreiber der Diskothek „Zaza“) zu. Die Reform werde seiner Erwartung nach zu einer Flut unnötiger Verfahren führen, die das Betreiben von Clubs erheblich erschwerten.
Patrick Bredel vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni-Hannover sah das anders und forderte geeignete Strukturen, um die Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) überprüfen zu können. Er berichtete von regelmäßigen Beschwerden Auslandsstudierender, denen der Zutritt zu hannoverschen Diskotheken verweigert worden sei. Eine nach Ethnien sortierende Einlasspolitik sei symptomatisch für die Verbreitung von rassistischem Gedankengut in der Gesellschaft. Der AStA begrüße die Gesetzesänderung, doch müsse Rassismus verstärkt auf präventiver Ebene durch politische Bildung bekämpft werden. Vera Egenberger vom Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG) riet ebenfalls davon ab, sich auf einzelne Maßnahmen zu verlassen. Eine reale Veränderung sei erst dann zu erwarten, wenn möglichst alle Akteure auf mehreren Ebenen zusammenarbeiten. Das BUG habe zwei Klagen von Betroffenen in Hannover begleitet und befürworte eindeutig die geplante Änderung des Gaststättengesetzes.
Schüler/innen der IGS Linden konfrontierten den DEHOGA und Uhlenwinkel mit ihren Erfahrungen. Sie berichteten, dass Mitschüler/innen mit eher dunklen Hautfarben ständig von Türsteher/innen aussortiert würden. Zwei der Anwesenden seien persönlich davon betroffen und hätten sich bei vielen Abweisungen wehrlos gefühlt. Uhlenwinkel distanzierte sich von diskriminierenden Einlassregeln und beschrieb die Türpolitik des Zaza. Jeder sei willkommen, doch wenn er Zweifel an der Friedfertigkeit seiner Gäste habe, verwickele er sie in ein Gespräch und provoziere sie manchmal, um ihr Konfliktpotential anhand ihrer Reaktion einschätzen zu können. Er lud die Ausschussmitglieder dazu ein, sich persönlich am Eingang seiner Disko ein Bild von der Arbeit seines Sicherheitspersonals zu machen – die Ratsmitglieder Gunda Pollok-Jabbi (Die Linke) und Wilfried Engelke (FDP) nahmen das Angebot spontan an.
Raif Hussein (beratendes Mitglied) äußerte sein Unverständnis über den Unmut des DEHOGA wegen der Gesetzesänderung. Da sich der Verband entschieden gegen Diskriminierungen ausgesprochen habe, müsste er eigentlich die „treibende Kraft“ der Reform sein. Wilfried Engelke (FDP-Fraktion) bezweifelte, dass die Betreiber/innen selbst verantwortlich für diskriminierende Einlasskontrollen seien – schließlich steigere eine Vielzahl von Gästen den Umsatz. Er sehe das Problem bei den Türsteher/innen. Damit wurde die Aussprache zur Anhörung beendet.
Nach der kontroversen Diskussion berichtete Konstantin Seidler (Bildungsreferent der Amadeu Antonio Stiftung) über das Projekt „ju:an“ im Rahmen der Kampagne „Kein Ort für Nazis“ (Drucks. 2568/2012). Die hannoversche „Praxisstelle Antisemitismus und Rassismus“ habe einen intersektionellen Schwerpunkt, das heißt sie weise vorallem auf die vielen Mischformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hin. Im Projekt werden auch Multiplikator/innen geschult und gecoacht.
Anschließend informierte Dr. Koralia Sekler, beratendes Mitglied und zugleich Kuratorin des GFZ, über den diesjährigen Ideenwettbewerb des Gesellschaftsfonds Zusammenleben (Drucks. 2045/2015). Der Ausschuss bewilligte die Förderung der durch die Jury ausgewählten 12 Projekte mit sieben Ja- und drei Nein-Stimmen. Damit ist die Bereitstellung von Beihilfen in Höhe von insgesamt 130.000 Euro beschlossen (vorbehaltlich der abschließenden Zustimmung des Verwaltungsausschusses).
Weiter ging es mit einem Antrag der CDU-Fraktion (Drucks. 1182/2015), nach dem der Oberbürgermeister dazu aufgefordert werden soll, sich bei der Landesregierung dafür einzusetzen, die zusätzlich vom Bund bereitgestellten Mittel zur Unterbringung von Asylsuchenden zu Hundert Prozent an die Kommunen weiterzuverteilen. So sollen die Kommunen wirtschaftlich entlastet werden, erklärte Georgia Jeschke (CDU-Fraktion). Der Antrag wurde mit drei Ja- und sieben Nein-Stimmen abgelehnt.
Danach beschloss der Ausschuss einstimmig eine Zuwendung in Höhe von 6.000 Euro an die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover (Drucks. 1737/2015) für das Projekt „Sozial- und Migrationsberatung für russischsprachige Kontingentflüchtlinge“. Auch eine Aufstockung der Fördermittel an kargah e. V für „Dolmetscherdienste für gemeinnützige Einrichtungen außerhalb der Stadtverwaltung“ wurde mit neun Ja-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen. Diese Mittel werden aus dem Zuwendungstopf des Sachgebiets Integration aufgebracht.
Zum Schluss nahm der Ausschuss die Informationsdrucksache der LHH (Drucks. 1809/2015) zur Kenntnis, in der über Perspektiven und eigene Bemühungen berichtet wurde, Asylsuchende in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Wegen hoher arbeitsrechtlicher Hürden entwickelte die Stadtverwaltung ein Modellprojekt, in dem Flüchtlinge durch Sprach- und Alphabetisierungskurse gezielt für den Arbeitsmarkt vorbereitet und anschließend dort eingesetzt werden.
Die vollständige Tagesordnung, sämtliche Sitzungsdokumente (Beschlussdrucksachen, Informationsdrucksachen etc.) und auch die Sitzungsprotokolle des Internationalen Ausschusses sind über das Online-Sitzungsmanagement für jedermann zugänglich.