Stadtentwicklung

Schriftenreihe zur Stadtentwicklung – Band 140

Die Stadtverwaltung hat die Untersuchung „Wanderungen der Landeshauptstadt Hannover zwischen Wiedervereinigung und Corona-Pandemie“ veröffentlicht. Darin werden die Wanderungsbewegungen in der Stadt zwischen 1991 und 2019 mit verschiedenen Räumen untersucht.

Wanderungen sind der maßgebliche demografische Faktor für die Entwicklung der Einwohner*innenzahlen. In allen Großstädten überflügeln die Zahlen der Zu- und Fortzüge bei weitem die Geburten und Sterbefälle und werden dadurch zur bestimmenden Grundgröße bei der Infrastrukturplanung und für den Wohnungsbau. Für die allgemeine Abschätzung der zukünftigen Einwohner*innenentwicklung und damit auch der Infrastrukturbedarfe ergeben sich Perspektiven aus der Wanderungsanalyse durch die Betrachtung der Entwicklung der Zuzüge aus den wichtigen Quellgebieten. Auf nationaler Ebene ist der quasi Wegfall der neuen Bundesländer als Quellgebiet für Zuwanderung nach Hannover und die mit zunehmender Enge auf dem hiesigen Wohnungsmarkt seit 2008 wieder erstarkende Abwanderung in das direkte Umland der Stadt insbesondere durch abwandernde Familien mit Kindern bemerkenswert. Auch der deutliche Rückgang der Umzugsintensität als Indikator der innerstädtischen Wanderungen weist auf einen in den letzten Jahren enger werdenden Wohnungsmarkt hin.

Aufbau des Bandes

Der erste Teil gibt einen Überblick über die langfristige Entwicklung der Zuzüge nach Hannover und der Fortzüge aus Hannover. Dies umfasst sowohl das Volumen der Bewegungen über die Stadtgrenze als auch die Quell- und die Zielräume der Wanderungsbewegungen. Auch die demografischen Aspekte Geschlecht, Alter und Nationalität (deutsch/nicht deutsch) der wandernden Personen werden untersucht. Die Zahlen stammen vom Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN). Ergänzend werden auf dieser gesamtstädtischen Ebene Wanderungsdaten der Statistikstelle der Landeshauptstadt Hannover (LHH) der Jahre 2016 bis 2019 ausgewertet. Der letzte Teil befasst sich mit der räumlichen Mobilität von Personen in den vier Jahren auf der Stadtteilebene Hannovers. Datenquelle ist dabei ebenfalls die Statistikstelle.

Ausgewählte Ergebnisse

  • In den 29 Jahren von 1991 bis 2019 sind 926.300 Menschen nach Hannover gezogen und gleichzeitig 868.400 Personen aus Hannover fortgezogen. Hieraus resultiert ein Wanderungsgewinn von insgesamt 57.800 Personen.
  • Wanderungsgewinne erzielte die LHH von 1991 bis 2019 insbesondere aus dem übrigen Niedersachsen (ohne das Umland von Hannover) (67.100 Personen per Saldo) und dem Ausland (41.200), aber auch aus den neuen Bundesländern, aus denen per Saldo 25.000 Menschen mehr nach Hannover zogen als fortzogen.
  • Wanderungsverluste erlitt Hannover in allererster Linie gegenüber seinem Umland (-64.200). Räumlich unterteilt nach Inland (Deutschland) und Ausland stammen mit 41.200 Personen und damit 71 Prozent des Wanderungsgewinns Hannovers von per Saldo 57.800 Personen aus dem Ausland, 29 Prozent aus dem Inland.
  • Die Wanderungsgewinne aus dem Ausland sind seit knapp zehn Jahren höher als zuvor. Die Gewinne aus den neuen Bundesländern gehen dagegen seit der Jahrtausendwende kontinuierlich zurück und liegen heute fast bei null. Die Wanderungsverluste gegenüber dem Umland steigen seit gut zehn Jahren an und haben zuletzt 2019 mit einem Verlust von gut 2.800 Personen fast wieder das Höchstniveau von Mitte der 1990er Jahre erreicht.
  • Männer wandern etwas häufiger als Frauen: Ihr Anteil im Gesamtzeitraum liegt mit 53 Prozent sowohl an den Zuzügen nach Hannover und auch an den Fortzügen aus der Stadt über ihrem hannoverschen Bevölkerungsanteil von 49 Prozent Ende 2019.
  • Zu den Wanderungsgewinnen Hannovers seit 1991 trägt ausschließlich die Altersgruppe der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren bei. Jedes Jahr ist der Saldo deutlich positiv gewesen und lag im Schnitt bei einem kräftigen Gewinn von knapp 4.800 jungen Erwachsenen jährlich. In den übrigen Altersgruppen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (minus 390 pro Jahr), 30- bis 49-Jährige (minus 1.600 pro Jahr) sowie Personen ab 50 Jahre (minus 790 pro Jahr) gab es im Schnitt von 1991 bis 2019 mehr Fortzüge als Zuzüge und damit Wanderungsverluste.
  • 1991 bis 2019 entfiel ein Drittel aller Zuzüge nach Hannover (33 Prozent) auf ausländische Personen und 26 Prozent aller Fortzüge. Seit 1991 sind 20.600 Deutsche mehr aus Hannover fortgezogen als zugezogen, der Wanderungssaldo ist damit insgesamt negativ. Bei ausländischen Personen gab es hingegen einen hohen Wanderungsgewinn um 78.400 Menschen. In der Summe ergibt dies den Wanderungsgewinn Hannovers von 57.800 Personen zwischen 1991 und 2019. Ohne den Zuzug ausländischer Personen hätte Hannover damit insgesamt keine Wanderungsgewinne, sondern Bevölkerungsverluste erfahren.
  • Die hohen Wanderungsverluste Hannovers dem Umland gegenüber betreffen schwerpunktmäßig deutsche Familien.
  • Per Saldo war der Wanderungsgewinn 2016 bis 2019 nach Ländern betrachtet aus Rumänien am höchsten (+2.200), gefolgt von Bulgarien (+1.900) und Polen (+1.400). Nach Staatsangehörigkeit betrachtet gab es in den letzten vier Jahren die meisten Wanderungsgewinne bei Personen syrischer Nationalität (+3.700), gefolgt von irakisch (2.100) und iranisch (+1.300).
  • Auf Ebene der Stadtteile waren im Jahresdurchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 sowohl bei den Zu- als auch bei den Fortzügen über die Stadtgrenze die zentralen Stadtteile Mitte (15,0 Zuzüge und 13,2 Fortzüge je 100 Ew.), Calenberger Neustadt (11,4 Zuzüge und 9,2 Fortzüge je 100 Ew.) und Nordstadt (10,5 Zuzüge und 9,0 Fortzüge je 100 Ew.) die wanderungsintensivsten.
  • Die Umzugsintensität (prozentualer Anteil der Bevölkerung, die in einem Jahr innerhalb Hannovers umgezogen ist) lag 2019 nur noch bei 6,4 Prozent der Bevölkerung. Das ist deutlich weniger als in früheren Jahren und ein Indikator für die zunehmend angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt.
  • Im Schnitt der vier Jahre 2016 bis 2019 zog jede*r vierte Hannoveraner*in (25,3 Prozent), der*die innerhalb der LHH umzog, innerhalb des eigenen Stadtteils um. Auf der innerstädtischen Ebene nimmt die Zahl der Zuzüge und Fortzüge mit steigender Entfernung tendenziell ab: Ziehen Menschen innerhalb der Stadt um, bleiben sie relativ häufig im eigenen Stadtteil oder ziehen in einen nahegelegenen Stadtteil um. Ein knappes Viertel der Umzüge (24,5 Prozent) erfolgte in einen räumlich direkt angrenzenden Stadtteil, die übrige Hälfte in andere Stadtteile.

Die Untersuchung erscheint als Band 140 der Schriften zur Stadtentwicklung und ist bei hannover.de unter dem Stichwort „Bevölkerungsentwicklung und demografischer Wandel“ abrufbar.“