Verkehrsversuch am Schiffgraben

Stadt reicht Antrag für Verstetigung des zusätzlichen Radfahrstreifens ein

Die Landeshauptstadt Hannover (LHH) hat einen Antrag an den Rat der Stadt (Drucksache-Nr. 2038/2022) eingereicht, der Überführung des als Verkehrsversuch mit Mitteln der Straßenverkehrsordnung (Markierung und Beschilderung) ausgeführten Radfahrstreifens am Schiffgraben in eine dauerhafte bauliche Ausführung im Rahmen der Gestaltungshoheit der Gemeinde zuzustimmen. Dies beinhaltet den Verzicht auf einen Fahrstreifen für den Kfz-Verkehr auf der Straße Schiffgraben unter der DB-Brücke (in Fahrtrichtung Berliner Allee). Die Gesamtkosten würden sich auf rund 35.000 Euro belaufen.

Die Abtrennung des Radfahrstreifens zur Fahrbahn soll mit in die Fahrbahn eingelassenen Spezialborden erfolgen

"Wir bedauern es, dass mit dem zuständigen Ministerium weiterhin keine Verständigung zur Verstetigung des Verkehrsversuchs am Schiffgraben getroffen werden konnte und wir an dieser Stelle keine Unterstützung auf dem Weg hin zu einer Verkehrswende erhalten. Die weitere Verkehrszählung am Schiffgraben hat ergeben, dass sich die Zahl der Radfahrenden deutlich erhöht hat. Das Projekt ist ein riesiger Erfolg und zeigt, dass wir mit guten Angeboten die Menschen auf das Fahrrad bekommen! Die Umsetzung fördert den Radverkehr auf dieser wichtigen Verbindung und leistet einen wichtigen Beitrag zu einer erhöhten Sicherheit der Radfahrenden – und jetzt bewegen wir uns komplett im Rahmen der Gestaltungshoheit der Kommune", so Oberbürgermeister Belit Onay.

Aktueller Sachstand

Die LHH hat im Juni 2022 eine erneute Verkehrserhebung durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass sich die getroffene Maßnahme deutlich positiv auswirkt. Die Erhebung bestätigt die Ergebnisse aus November 2021 nicht nur, sie bekräftigt, dass mit dem Radfahrstreifen ein (im Vergleich zum ursprünglichen Zustand) sehr gut angenommenes Angebot entstanden ist, ohne dass für den Kfz- Verkehr unverhältnismäßige Nachteile entstanden sind. Bei der jüngsten Erhebung wurden unter der Brücke im Querschnitt des Schiffgrabens 3.875 Radfahrende in 13 Stunden erfasst. Bei der ersten Zählung waren es 2.218 Radfahrende in 13 Stunden. Zur gleichen Zeit befuhren jetzt 13.737 Kfz den Schiffgraben, ca. 2.000 weniger als zuvor.

Vergleichszahlen

Bezogen auf die stadtauswärtige Spur befuhren bei der aktuellen Zählung im Erhebungszeitraum 1.745 Radfahrende den neu eingerichteten Radfahrstreifen. Im letzten Jahr waren es 1.040 Radfahrende. Gleichzeitig nutzten 494 Fußgänger*innen den stadtauswärtigen, bis zur Einrichtung des Radfahrstreifens gemeinsam mit den Radfahrenden zu nutzenden Gehweg. Bei der Vergleichszählung am 2.12.2021 waren es 428 Fußgänger*innen. Die Rückstaulängen für den Kfz-Verkehr vor dem Knotenpunkt Lavesstraße aus Richtung Aegi sind tendenziell eher geringer geworden und stellen aus Sicht der Verwaltung kein Leistungsfähigkeitsproblem dar.

Vorschlag der baulichen Abtrennung des Radverkehrsstreifens

Bis zuletzt konnte keine Einigung über die von der Stadt vorgeschlagenen Lösungen mit dem MW herbeigeführt und der Dissens hinsichtlich der Notwendigkeit der Zwei-Spurigkeit ausgeräumt werden. Deshalb schlägt die Stadt vor, ungeachtet der Weisung und Rechtsauffassung des MW, den beabsichtigten Weg einer baulichen Abtrennung des Radverkehrsstreifens von dem mit Kfz befahrenen Teil der Fahrbahn umzusetzen. Die bauliche Abtrennung zur Fahrbahn geschieht in der Gestaltungshoheit der Stadt und soll mit in die Fahrbahn eingelassenen Spezialborden hergestellt und durch verkehrsbehördliche Maßnahmen begleitet werden, um den vom MW geforderten Punkten "Konfliktsituationen beim Einfädeln für Geradausfahrende" und "sicherer und leichter Verkehrsablauf" in nördlicher Richtung gerecht zu werden.

Umkehrung der Einbahnrichtung der Hinüberstraße

Zur Verbesserung des Kfz-Verkehrsflusses in nördliche Richtung soll zudem die Einfahrt in die Hinüberstraße als Linksabbieger, die bislang mitunter zu Störungen im Verkehrsablauf führt, unterbunden werden und die Einbahnrichtung der Hinüberstraße umgekehrt werden. Dies hatte sich bereits bei der Erneuerung der DB-Brücke über die Königstraße über einen längeren Zeitraum (ca. zwei Jahre) als unproblematisch erwiesen.

Weitere Verkehrsbeobachtungen geplant

Um zu prüfen, ob die im Rahmen der Verkehrserhebung im November 2021 konfliktträchtig angesehenen Spurwechselvorgänge kurz vor dem Knotenpunkt Schiffgraben/Lavesstraße immer noch in nennenswerten Umfang vorhanden sind, sollen weitere Verkehrsbeobachtungen durchgeführt werden. Sollte sich dies bestätigen, soll diesen durch eine geeignete bauliche Trennung zwischen der Rechtsabbieger- und Geradeausspur in den letzten 50 bis 100 Metern vor der Kreuzung begegnet werden.

Schnelle bauliche Umsetzung

Die bauliche Umsetzung der dauerhaften baulichen Lösung soll unmittelbar nach der politischen Beschlussfassung der Drucksache-Nr. 2038/2022 erfolgen, um hier möglichst kurzfristig zu einer verkehrssicheren und gleichzeitig auch rechtssicheren Lösung zu kommen. Um die Situation am Schiffgraben insgesamt zu verbessern, wird die Stadt zudem grundsätzliche Überlegungen anstellen, wie die Verkehrsräume neu sortiert und zeitgemäß überarbeitet werden können.

Hintergrund

Im vergangenen Sommer hatte die Stadtverwaltung auf politischen Antrag hin auf der östlichen Fahrbahnseite des Schiffgrabens in Richtung stadtauswärts eine der beiden vorhandenen Kfz-Fahrspuren mit einer provisorischen Markierung als Radfahrstreifen exklusiv für den Radverkehr zur Verfügung gestellt. Die Maßnahme erstreckt sich von der Einmündung der Lavesstraße, unter der Brücke der Deutschen Bahn bis zur Einmündung Hinüberstraße. Zuvor mussten sich Radfahrende und Fußgänger*innen auf diesem Abschnitt eine sehr schmale Verkehrsfläche teilen. Die provisorische Lösung wird sehr gut angenommen. Auch die Polizeidirektion Mitte bestätigte in einer Stellungnahme die Vorteile dieser Lösung für den Radverkehr bei gleichzeitig sehr vertretbaren Einschränkungen für den Kfz-Verkehr.

Das MW intervenierte im vergangenen Herbst mit dem Hinweis, dass ein "zwingendes Erfordernis" dieser Maßnahme nicht ausreichend begründet sei. Zwischen dem Wirtschaftsministerium und der LHH wurde daraufhin vereinbart, die etwaige langfristige Umsetzung eines festen Radwegs auf Basis einer begleitenden verkehrlichen Evaluation des Verkehrsversuchs zu untersuchen. Die Stadtverwaltung hatte einen entsprechenden Vorschlag für eine dauerhafte Lösung erarbeitet und dem Ministerium zusammen mit den Evaluationsergebnissen übermittelt.