Erinnerungskultur
Stadttafel für Werner Blumenberg enthüllt
Werner Blumenberg wird ab Montag, 23. Mai, mit einer Stadttafel geehrt. Die Tafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Spilckerstraße 2, wurde von Dr. Jens Binner, Direktor des ZeitZentrums Zivilcourage, Bezirksbürgermeisterin Belgin Zaman und Ruth Schwake, einer ausgewiesenen Kennerin der Biografie Blumenbergs, enthüllt.

v.l.n.r.: Ruth Schwake, eine ausgewiesene Kennerin der Biografie Blumenbergs, Bezirksbürgermeisterin Belgin Zaman, Dr. Jens Binner, Direktor ZeitZentrum Zivilcourage
Zu Werner Blumenberg
Der Geisteswissenschaftler und Publizist Werner Blumenberg war Gründer und Leiter der sozialdemokratischen Widerstandsorganisation „Sozialistische Front“, die zwischen 1933 und 1936 im Raum Hannover aktiv war. Sie gilt heute als eine der größten und bedeutendsten Widerstandsgruppen gegen das NS-Regime.
Werner Blumenberg wurde 1900 als Sohn des Pastors Wilhelm Blumenberg in Hülsede geboren und wuchs ab 1904 im Pfarrhaus an der Aegidienkirche in Hannover auf. Ab 1919 studierte er Theologie, Religionsgeschichte und orientalische Sprachen in Marburg, wechselte 1920 an die Universität Göttingen. Zur gleichen Zeit trat er in die SPD ein.
1922 brach er sein Studium aus finanziellen Gründen ab. Ab 1925 war er Redakteur beim Göttinger „Volksblatt“, ab 1928 Lokalredakteur der sozialdemokratischen Tageszeitung „Volkswille“ in Hannover.
Nach der Besetzung des Gewerkschaftshauses am 1. April 1933, in dem auch der „Volkswille“ seinen Sitz hatte, musste Blumenberg untertauchen. Unterstützt durch weitere Mitglieder hatte er die Widerstandsgruppe bereits vor der nationalsozialistischen Machtübernahme nach konspirativen Regeln aufgebaut. Sie verteilte die illegale mehrseitige Flugschrift „Sozialistische Blätter“, die nahezu ausschließlich aus den Texten Blumenbergs bestand.
Im Sommer 1936 gelang es der Gestapo, einen Spitzel in die Organisation einzuschleusen. Blumenberg konnte unmittelbar vor der Verhaftung in die Niederlande fliehen.
Nach 1945 kehrte er nicht nach Deutschland zurück. Er arbeitete als Leiter der Deutschland-Abteilung des Internationalen Instituts für Sozialgeschichte in Amsterdam.
Als Experte in Bezug auf das Leben und Werk von Karl Marx hat er mit seinen Publikationen in der Zeit des Kalten Krieges zu einer unvoreingenommenen Sicht auf das Marx’sche Erbe beigetragen.
Werner Blumenberg gehört zu den 45 Menschen, deren Biografie mit historischem Kontext im ZeitZentrum Zivilcourage vertiefend erkundet werden können.

Eine Stadttafel für Werner Blumenberg
Die hannoverschen Stadttafeln
Die hannoverschen Stadttafeln gibt es auf Initiative von Rudolf Hillebrecht seit den 1960er Jahren in Hannover. Sie kennzeichnen stadthistorische Sehenswürdigkeiten, weisen auf bedeutende Architektur hin und machen Orte erfahrbar, an denen bekannte Persönlichkeiten lebten.
Auch um ihre touristische Attraktivität zu erhöhen, werden die ursprünglich 134 Tafeln nach und nach erneuert, indem sie um historische Bilder und englische Kurztexte ergänzt werden.
Zusätzlich wird ihre Anzahl sukzessive erhöht. Insgesamt soll eine Anzahl von rund 200 Tafeln erreicht werden. Dadurch werden in der Vergangenheit diagnostizierte Lücken gefüllt. So fehlen beispielsweise Hinweise auf bekannte Persönlichkeiten, die in Hannover gelebt haben, hier soll insbesondere ein Fokus auf die bisher unterrepräsentierte Gruppe der Frauen gelegt werden. Anders als beim „Roten Faden“ sind die Stadttafeln nicht allein im Zentrum Hannovers, sondern auch in den Stadtteilen vertreten.
Jeder Tafelhängung geht eine historisch-fachliche Überprüfung voraus, um die aktuell historischen Einordnungen zu berücksichtigen. Zusätzlich werden die Gebäudeeigentümer*innen und gegebenenfalls vorhandene Initiativen und Fachleute für Personen, Orte oder Themen beteiligt. Insgesamt wird durch diese Bearbeitung ein Fundus an historischem Wissen zusammengetragen, der zu einem späteren Zeitpunkt auch digital als vertiefendes Material zugänglich gemacht werden soll.
Themenspektrum der Stadttafeln
Das Themenspektrum der Stadttafeln reicht weit zurück bis ins Spätmittelalter, besonders jedoch in die Frühe Neuzeit und beinhaltet sowohl Persönlichkeiten, wie zum Beispiel August Wilhelm Iffland, Georg Friedrich Händel oder Jeremias Sutel, als auch die historische Stadtbefestigung mit Stadtmauer, Stadtmauerturm und Stadttoren, die Marktkirche sowie die Neustädter Hof- und Stadtkirche oder Fachwerkhäuser in der Altstadt.
Aber auch die Neuere Geschichte Hannovers – besonders des 19. und 20. Jahrhunderts – soll sich in den Stadttafeln widerspiegeln. Auch hier bilden historische Persönlichkeiten einen Schwerpunkt, nicht zuletzt namhafte Frauen wie zum Beispiel Grethe Jürgens, Yvonne Georgi, Niki de St. Phalle oder bekannte Paare wie Ada und Theodor Lessing oder Käte und Ernst Steinitz.
Außerdem wird es auch zusätzliche und erneuerte Stadttafeln zu bedeutenden historischen Bauten, wie dem Anzeiger-Hochhaus und den Höger-Bauten in der Südstadt, dem Neuen Rathaus, dem Künstlerhaus oder der Stadtbibliothek geben.

Landeshauptstadt Hannover
ZeitZentrum Zivilcourage
Das ZeitZentrum Zivilcourage ist ein Lernort zur hannoverschen Stadtgesellschaft im Nationalsozialismus, in dem Schüler*innen und Besucher*innen die die L...
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