Wenn die Sonne untergegangen ist und das Unbekannte der Nacht seine Schatten auf uns wirft, heißt es: gewappnet sein. Mit Knoblauch und Kruzifix, angespitztem Holzpflock oder Weihwasser, gerüstet gegen jene, die sich da mit spitzen Zähnen hungrig unter uns mischen, nicht tot und doch auch nicht lebendig. Aber wo verläuft eigentlich die Grenze zwischen den Lebenden und den Toten? Heute versuchen medizinische Kriterien Eindeutigkeit zu schaffen. Früher brachte diese Unsicherheit Menschen um den Schlaf. Was, wenn die Toten, betrauert und begraben, plötzlich wieder auferstehen? Ein Mythos, schrecklich und faszinierend zugleich, trat von Europa aus in der bleichen Gestalt des Vampirs seinen Siegeszug um die Welt an. Dabei erfuhr er eine erstaunliche Transformation: Aus der grauenvollen Bestie wurde ein romantisches Ideal des/der modernen, rationalen und transzendenten Intellektuellen voll zeitloser Weisheit. Geblieben sind zwei herausragende Eigenschaften, deren Ambivalenz die Vampirfigur stets zwischen den Polen von übermächtiger Potenz und absoluter Verwundbarkeit hält: Unsterblichkeit – und die Bürde des unstillbaren Verlangens nach Blut.
Die chilenische Autorin, Regisseurin und Musikerin Manuela Infante wird anhand eines uralten Mythos die westliche Konstruktion einer Grenzziehung zwischen Gesundem und Krankem, Animalischem und Menschlichem, Überlegenheit und Verwundbarkeit betrachten. Für das Sounddesign bei dieser Arbeit, die durch Stimmen und Klang einen akustischen Fokus setzt, zeichnet Diego Noguera verantwortlich, mit dem sie eine langjährige Zusammenarbeit verbindet.