Medizinische Hochschule

Mit Blutplasma gegen COVID-19

Die Medizinische Hochschule startet eine COVID-19-Therapiestudie mit Blutplasma von Genesenen, die vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wird.

Dr. Rainer Blasczyk im Kühlraum des Instituts für Transfusionsmedizin und Transplantat Engineering mit tiefgefrorenem Blutplasma.

Noch gibt es kein wirklich vielversprechendes Medikament gegen COVID-19. Eine Option ist die Behandlung mit Blutplasma von Menschen, die diese Erkrankung bereits überstanden haben. Im Blutserum enthaltene Antikörper gegen das Virus könnten die Immunabwehr von Infizierten im Kampf gegen SARS-CoV-2 unterstützen. Jetzt soll eine neue klinische Studie klären, wie gut diese passive Immunisierung tatsächlich funktioniert. Unter der Leitung von Professor Dr. Rainer Blasczyk, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin und Transplant Engineering der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), untersuchen Forscher aus der MHH, den Kliniken in Dortmund, Krefeld, Magdeburg und Essen sowie dem Siloah-Krankenhaus Hannover, ob die therapeutische Übertragung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 schwere Verläufe der COVID-19-Erkrankung verhindern kann. Die multizentrische Studie mit dem Titel COMET startet heute an der MHH und wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit rund 3,34 Millionen Euro gefördert.

Schwere Krankheitsverläufe verhindern

Rekonvaleszentenplasma wird in Kliniken zwar bereits gegen COVID-19 eingesetzt – wegen der besonderen Lage in Zeiten der Pandemie ist eine Ausnahme im Arzneimittelgesetz vorgesehen. Gleichwohl fehlt bislang ein Wirksamkeitsnachweis für diese Therapieform. Den sollen nun klinische Studien erbringen. Zwei davon laufen bereits, untersuchen aber die Plasmagabe bei schwer Erkrankten. An der COMET-Studie nehmen dagegen 340 COVID-19-Patienten im Alter zwischen 18 und 75 Jahren teil, die einen eher milden Krankheitsverlauf haben: sie müssen zwar in einem Krankenhaus behandelt, aber noch nicht beatmet werden. Die passive Immunisierung durch die gespendeten, erregerspezifischen Antikörper könnte so verhindern, dass leichtere COVID-19-Betroffene im Verlauf ihres Klinikaufenthaltes doch noch auf die Intensivstation verlegt werden müssen. "Wir gehen davon aus, dass die adoptive Immuntherapie am besten wirkt, je früher wir sie einsetzen", sagt Professor Blasczyk. Der Transfusionsmediziner ist daher überzeugt, dass eine prophylaktische Behandlung — etwa für nicht-infizierte Risikopatienten — die Erkrankung sogar gänzlich verhindern könnte.

Spenderplasma wird genau geprüft

Die Studienteilnehmenden werden in zwei Gruppen unterteilt. Die eine erhält an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils 250 Milliliter Spenderplasma, die andere als Vergleichsgruppe nicht. Damit sichergestellt ist, dass sich in den Plasmen einerseits genügend Anti-SARS-CoV-2-aktive Antikörper und andererseits keine eventuell gesundheitsschädlichen Substanzen befinden, wird das Spenderplasma zuvor in den Laboren am MHH-Institut für Virologie und im TWINCORE getestet. „Plasma hat zwei Vorteile: Es ist sicher und steht innerhalb kurzer Zeit zur Verfügung“, betont Professor Blasczyk. Die COMET-Studie läuft bis Ende kommenden Jahres. Der Transfusionsmediziner hofft jedoch, deutlich früher Ergebnisse vorlegen zu können.

Stichwort Rekonvaleszentenplasma: Spender gesucht

Die Immuntherapie mit Rekonvaleszentenplasma ist nicht neu. Sie wurde schon während der Influenza-Pandemie 1918, der "Spanischen Grippe", eingesetzt, außerdem während der Epidemien 2002 und 2009 mit SARS- und MERS-Coronaviren. Für die COMET-Studie werden Spender mit besonders hohen Antikörpermengen im Blutplasma gesucht. Weil das nur auf etwa acht Prozent der Rekonvaleszenten zutrifft und die Antikörperkonzentration nach überstandener Erkrankung sinkt, müssen ständig neue Spender gefunden werden. Für Plasmaspenden können sich COVID-19-Genesene an das Institut für Transfusionsmedizin und Transplant Engineering wenden unter RKP-Spende@mh-hannover.de.

(Veröffentlicht am 18. November 2020)