Klimawandel

Pflanzen fit für Trockenheit machen

Das Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme der Leibniz Universität ist an europäischem Kooperationsprojekt beteiligt, das Pflanzen toleranter gegenüber Trockenheit machen will.

Wann kommt der nächste Regen?

Ist es möglich, Pflanzen toleranter gegenüber Trockenheit zu machen, indem man ihre Gewebe mit spezifischen Bodenbakterien in Kontakt bringt? Im Gartenbau wird die Züchtung mit Bakterien bereits genutzt, um Eigenschaften von Pflanzen zu verändern – so entstehen kompaktere und damit attraktivere Zierpflanzen. Ob der Ansatz auch geeignet ist, um Sonnenblumen, Chrysanthemen, Rosen und Apfelbäume widerstandsfähiger gegenüber ungünstigen Klimabedingungen zu machen, untersucht das Team des von der Europäischen Union geförderten Verbundprojekts "RootsPlus". Beteiligt ist das Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme der Leibniz Universität Hannover (LUH).

Trockenheit fordert Landwirtschaft und Gartenbau heraus

Der Klimawandel führt zu enormen Herausforderungen für den Anbau von Pflanzen bis hin zu Ernte- und Qualitätsverlusten. Bei anhaltender Trockenheit können Kulturpflanzen nicht ausreichend Wasser und Nährstoffe aufnehmen, verlieren aber durch Transpiration Wasser über ihre oberirdischen Organe. Die Folge ist Trockenstress, der sich in den vergangenen Jahren in vielen Regionen Europas gezeigt hat. Dieser führt zu vermindertem Wachstum bis hin zum Wachstumsstillstand oder einer Welke, von der sich die Pflanze nicht erholt. "Es ist daher eine wichtige Aufgabe der Pflanzenwissenschaft, Lösungen zu finden, mit denen Pflanzen besser gegen Trockenstress gewappnet sind", sagt Prof. Dr. Traud Winkelmann vom Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme der LUH.

Bodenbakterium Rhizobium rhizogenes

Das Bodenbakterium Rhizobium rhizogenes, das in der Natur verbreitet ist, könnte dabei einen wichtigen Beitrag leisten. Wenn man einen Teil einer Pflanze, zum Beispiel ein Blatt, in einer Petrischale mit dem Bakterium zusammenbringt, wird es einen Teil seiner DNA, die sogenannte T-DNA, auf die DNA der Pflanze übertragen, genau wie es in der Natur im Boden auch passiert. Unter dem Einfluss dieser T-DNA bildet das Pflanzengewebe eine neue Art von Wurzeln mit auffallend vielen Wurzelhaaren, die sogenannten "hairy roots". Aus diesen "hairy roots" können die Wissenschaftler neue Pflanzen gewinnen, die viel stärker verzweigte und dichte Wurzelsysteme bilden können.

Zusammenhang von Wurzelsystem und Trockentoleranz

In Trockenperioden ist es für Pflanzen essentiell, möglichst viel des im Boden verfügbaren Wassers aufzunehmen. Entweder versuchen sie, mit ihren Wurzeln in die Tiefe zu wachsen, um Wasserreserven des Unterbodens zu erreichen. Oder sie nehmen mit einem stark verzweigten System von Feinwurzeln in den oberen Bodenschichten effizient und zügig Wasser nach kurzen Regenfällen auf. Diese Möglichkeit steht im Fokus des RootsPlus-Konsortiums.

Züchtung auf Trockentoleranz

"Mit klassischer Pflanzenzüchtung wäre es schwierig, zeitaufwändig und in einigen Fällen sogar unmöglich, diese dichten Wurzelsysteme zu erreichen. Hairy roots kann man nur auf dem Weg dieser Züchtung mit Bakterien erreichen und dies, ohne unter die Regulierungen gentechnisch veränderter Pflanzen zu fallen, weil hier natürlich vorkommende Bakterien genutzt werden", sagt Winkelmann und betont: "So kann gegebenenfalls die Züchtung auf Trockentoleranz beschleunigt oder sogar erst ermöglicht werden." Dennoch wird es einige Zeit dauern, bis Pflanzen auf dem Markt zu finden sind, deren Trockentoleranz auf den "hairy roots" basiert – das Projektteam geht, abhängig von der Pflanzenart, von fünf bis zehn Jahren aus, bis ihre Ergebnisse in der kommerziellen Pflanzenzüchtung genutzt werden können. Im Projekt RootsPlus werden Chrysanthemen untersucht als Vertreter für krautige Zierpflanzen, Rosen und Apfelbäume als Gehölze und Sonnenblumen als landwirtschaftliche Kultur.

Weiterer Forschungsaspekt: Bodenmüdigkeit

Für Apfelbäume und Rosen stellt RootsPlus eine weitere Forschungsfrage: Können die Züchtung mit Bakterien und die dadurch veränderten Wurzelsysteme auch die Widerstandsfähigkeit dieser Gehölze gegenüber der Nachbaukrankheit, auch Bodenmüdigkeit genannt, erhöhen? Wenn Apfelbäume oder Rosen auf einem Feld angebaut werden, auf dem vorher schon diese Pflanzenarten gewachsen sind, treten Wachstumsdepressionen und ein geschwächtes Wurzelsystem auf. "Unsere Hoffnung ist, dass das dichtere Wurzelsystem, das auf die Gene der Bakterien zurückgeht, helfen kann, dieses schwerwiegende Problem in Baumschulen und Obstanlagen zu überwinden", sagt Winkelmann.

Das Kooperations-Projekt "RootsPlus"

Das Projekt RootsPlus hat am 1. April 2021 seine Arbeit aufgenommen, läuft drei Jahre und ist eine europäische Kooperation zwischen Belgien (ILVO: Flanders Research Institute for Agriculture, Fisheries and Food, Projektkoordination), Rumänien (University of Agricultural Sciences and Veterinary Medicine Cluj-Napoca), Polen (Nicolaus Copernicus University Torun) und Deutschland (Leibniz Universität Hannover). Es wird  aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union mit 1,3 Millionen Euro gefördert. In Deutschland unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) das Projekt mit 236.000 Euro. Das ILVO kooperiert darüber hinaus mit zwei Gartenbauunternehmen in Belgien.

Weitere Informationen gibt es auf www.rootsplus.eu.

(Veröffentlicht: 19. Oktober 2021)