Medizinische Hochschule

Reparatur des Herzens

Eine Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover leitet ein internationales Projekt zur Reparatur des Herzens. Die Europäische Union unterstützt deren Forschung zur Herzmuskelregeneration mit Stammzellen.

(v.l.n.r.) Michelle Coffee, Dr. Simone Hess, Dr. Robert Zweigerdt, Hannah Arpke, Dr. Henning Kempf

Bei einem Herzinfarkt oder anderen Herzerkrankungen können Milliarden von Zellen im Herzmuskelgewebe unwiderruflich verloren gehen. Dieses Gewebe zu ersetzen und somit die Herzfunktion wieder zu verbessern - das ist das Ziel des Projektes "Tools and Technologies for breakthrough in heart therapies" (TECHNOBEAT). In diesem neuen Netzwerk arbeiten Forscherteams von acht Partnerinstitutionen aus Europa und Israel zusammen, koordiniert von Dr. Robert Zweigerdt, Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Leibniz Forschungslaboratorien für Biotechnologie und künstliche Organe (Lebao) und Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie (HTTG). Die Europäische Union (EU) finanziert das vier Jahre dauernde Projekt mit knapp sechs Millionen Euro. Für die Projektkoordination und für eigene Forschungsarbeiten erhält die MHH davon mehr als 1,2 Million Euro. Darüber hinaus bekommt die MHH jetzt mehr als 1,6 Millionen Euro weitere Unterstützung von der EU für Beteiligungen an anderen Forschungsprojekten.

Menschliche Herzmuskelzellen aus Stammzellen

Im Rahmen des Projektes TECHNOBEAT wollen die Forscher der MHH gemeinsam mit ihren Partnern in einem ersten Schritt die Bioreaktor- und Zellanalyse-Technologie noch verbessern, um Herzmuskelzellen in ausreichender Menge und klinisch relevanter Qualität zu bekommen. Die Herzzellen züchten die Forscher aus menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen). Sie werden mit der Technik des sogenannten "Reprogrammierens" aus Nabelschnurblut oder Bindegewebe gewonnen und so verändert, dass sie sich in jeden Zelltyp weiterentwickeln können. Erst Ende des Jahres 2014 Jahr hatte Dr. Zweigerdt gemeinsam mit Lebao-Direktor Professor Dr. Ulrich Martin und HTTG-Direktor Professor Dr. Axel Haverich weltweit einmalige Methoden zur Produktion menschlicher Herzmuskelzellen aus hiPS-Zellen in Bioreaktoren entwickelt.

Kombination der Herzmuskelzellen mit anderen Zelltypen

Die Herzmuskelzellen kombinieren die Forscher anschließend mit anderen Zelltypen, die Bindegewebe und Blutgefäße bilden: Aus einigen tausend Zellen sollen kleine kugelförmige Gewebestücke mit einen Durchmesser von etwa einem halben Millimeter entstehen. Diese sind markiert, um erkennen zu können, ob sie im anschließenden Tierversuch an der richtigen Stelle im Herzen ankommen, dort bleiben und sich integrieren. "Wir führen auch Kontrollen durch, bei der wir reine Herzmuskelzellen verwenden. Denn noch ist nicht klar, ob die Kombination von Zellen besser ist als reine Muskelzellen", sagt Dr. Zweigerdt. Da Sicherheitsaspekte bei Zelltherapien eine zentrale Rolle spielen, beobachten die Forscher dabei, ob während der Massenproduktion von Zellen genetische Veränderungen auftreten und ob die Transplantation der Zellen möglicherweise Herzrhythmusstörungen induziert oder zu Tumoren führt.

TECHNOBEAT-Partner

Die akademischen TECHNOBEAT-Partner sind das Leiden University Medical Center (Niederlande), die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (Österreich), die University of Sheffield (Großbritannien) und die University Medical Center Utrecht (Niederlande). Industriepartner sind DASGIP-Eppendorf (DASGIP Information and Process Technology GmbH, ein Unternehmen der Eppendorf AG Hamburg), OVIZIO (Imaging Systems NV / SA, Belgien) und KADIMASTEM (Kadimastem Ltd., Israel).

Beteiligung an weiteren EU-Projekten

Zusätzlich zur Förderung der Forschung zur Herzmuskelregeneration mit Stammzellen erhält die MHH je rund eine halbe Million Euro für ihre Teilnahme an folgenden neuen, vier Jahre dauernden EU-Projekten:

EDGE

EDGE (Marie Skłodowska-Curie Innovative Training Network providing cutting-EDGE knowlEDGE on Herpes Virology and Immunology): An diesem mit knapp vier Millionen Euro geförderten und von der Aarhus Universitet, Dänemark, koordinierten Netzwerk sind neun Standorte in fünf Ländern beteiligt. "Unsere 15 Doktoranden werden die Rolle neuer Wirtsfaktoren und Immundefekte charakterisieren, welche zur Schwere der Erkrankungen durch Herpesviren beitragen. Wir wollen Wissenschaftler ausbilden, die dank ihres interdisziplinären Trainings in Herpesvirologie, Immunologie, Zellbiologie und klinischer Infektiologie mittelfristig die kulturellen Gräben zwischen theoretischer und klinischer Forschung überbrücken können sowie die zwischen einer Entdeckung und der Entwicklung neuer Therapeutika", sagt Professorin Dr. Beate Sodeik, Institut für Virologie, Betreuerin der beiden MHH-Doktoranden.

ScidNet 

ScidNet (Developing Genetic medicines for Severe Combined Immunodeficiency (SCID) mit zwölf Partnern, vom University College London koordiniert und mit insgesamt knapp sieben Millionen Euro gefördert. "Das Ziel des Gesamtprojektes ist, neue molekulare Therapieoptionen wie die Gentherapie für Patienten mit schwerer kombinierter Immundefizienz (SCID) zu finden. Wir MHH-Wissenschaftler wollen neue und sicherere Genfähren für die Gentherapie von verschiedenen vererbten, schweren Immundefekten finden und validieren", sagt der Leiter des Projektes für die MHH, Professor Dr. Dr. Axel Schambach, MHH-Institut Experimentelle Hämatologie.

SoftPro

SoftPro (Synergy-based open-source foundations and technologies for prosthetics and rehabilitation) mit zwölf Partnern, koordiniert von Fondazione Istituto Italiano di Tecnologia, Italien: "In diesem mit insgesamt gut 7,4 Millionen Euro geförderten Verbundprojekt widmen wir uns langfristig dem Ziel, Roboter-unterstützte Bewegungen der Hand insoweit weiterzuentwickeln, dass sie für die Armprothetik nutzbar gemacht werden können und den Alltag erleichtern", erläutert Privatdozent Dr. Kiriakos Daniilides, Leiter des Projektes für die MHH.

Marie Skłodowska-Curie Individual Fellowships

Zudem erhält die MHH eine Förderung in Höhe von knapp 160.000 Euro (Marie Skłodowska-Curie Individual Fellowships). Damit forscht die Wissenschaftlerin Diana Massai im Projekt POSEIDON (Novel bioreactor platform for reproducible, scalable expansion and cardiac differentiation of hiPSC in suspension culture) an alternativen Techniken zur Kultivierung humaner Zellen.

(Veröffentlicht: 26. Januar 2016)