Leibniz Universität

Schwere Bauteile genau positionieren

Mit einem neuen, an der Leibniz Universität entwickelten piezohydraulischen Mikrostellsystem lassen sich große Getriebe für Windenergieanlagen für die Bearbeitung höchst genau ausrichten 

Mit demMikrostellsystem lassen sich schwere Bauteile genau positionieren.

Damit zwei Tonnen schwere Zahnräder, wie sie zum Beispiel für Windenergieanlagen durchaus üblich sind, den engen Fertigungstoleranzen entsprechen, werden sie bislang in der Schleifmaschine vor dem Prozess manuell ausgerichtet - mit Hammer und Stellschrauben. Das ist zeitaufwendig, blockiert wertvolle Maschinenzeit und ist insbesondere angesichts des anstehenden Ausbaus der Windenergie optimierungsbedürftig.

Prototypen eines Mikrostellsystems entwickelt

In einem Forschungsprojekt hat Maik Bergmeier, Ingenieurwissenschaftler am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) am Produktionstechnischen Zentrum Hannover (PZH) der Leibniz Universität, nun gemeinsam mit Partnern von Siemens (Hersteller von Flender Großgetrieben) und Roemheld (Hersteller von Spannsystemen und Spanntechnik) den Prototypen eines Mikrostellsystems entwickelt, das die Positionierung solch schwerer Bauteile mit Hilfe einer piezohydraulischen Pumpe realisiert – und zwar in vier Freiheitsgraden.

Mikrometergenaue Positionierung

"3-Achs-Maschinen können den Taumel- und Exzenterfehler bei der Bauteilausrichtung nicht kompensieren", erklärt Bergmeier die Ausgangssituation. "Unser Mikrostellsystem lässt sich aber wie ein Aufnahmetisch in die Maschine einbauen und kann auch schwere Lasten bis zu 4,7 Tonnen mit einer Genauigkeit von acht Mikrometern positionieren und dabei sowohl Taumel- als auch Exzenterfehler ausgleichen." Eine besondere Rolle spielt dabei die piezoaktorische Pumpe, die für die hohe Genauigkeit sorgt. Sie bewegt Kleinstmengen an Fluid für die mikrometergenaue Positionierung und basiert auf einem früheren Forschungsprojekt am IFW.

Hohe rotationssymmetrische Steifigkeit

Eine zentrale Voraussetzung für den Einsatz des Systems im Unternehmen ist eine hohe rotationssymmetrische Steifigkeit während der Fertigung. Bergmeier konnte sie in einem Test an einem zwei Tonnen schweren Zahnrad und einem Zwei-Tonnen-Gestell in einem Profilschleifprozess nachweisen: "Die Fertigungsqualität des Zahnrads erreichte dabei die höchste Qualitätsstufe. Oder, um es formal ganz korrekt auszudrücken: In der sogenannten Stirnradteilungsmessung entsprach die Qualität einer 1 gemäß DIN 3962."

Praxistauglichkeit verbessern

In weiteren Schritten wird nun die Praxistauglichkeit des Systems verbessert; anschließend wird es testweise in der Produktion eingesetzt. Am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen ist auch dessen Leiter, Professor Berend Denkena, daran interessiert, das System weiter zu verbessern: "Die Erzeugung von Energie aus Windkraft wird noch deutlich zunehmen. Deshalb ist es wichtig, auch bei der Fertigung der entsprechenden Getriebe eine Lösung für wachsende Ansprüche zu haben. Da steuert das IFW gern seinen Teil bei."

DFG-Förderung

Das Projekt wurde unter dem Namen "Piezohydraulisches Mikrostellsystem als Einrichthilfe für Großbauteile" von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und von den Firmen Siemens und Roemheld als Anwendungspartner und Hydraulikkomponentenhersteller begleitet.

Produktionstechnisches Zentrum der Leibniz Universität Hannover

Das Produktionstechnische Zentrum der Leibniz Universität Hannover ist mit seiner Expertise beim Thema Industrie 4.0 bundesweit vorn: Seit Januar 2016 beherbergt es das  erste vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0. Bereits seit Anfang 2015 arbeitet das Production Innovations Network PIN mit zahlreichen Unternehmen an maßgeschneiderter Forschung und Implementierung von Industrie-4.0-Lösungen in die Praxis der Produktion. Die Grundlagenforschung für all diese transferorientierten Projekte stammt insbesondere aus dem am PZH angesiedelten Sonderforschungsbereich "Gentelligente Bauteile", in dem seit 2005 smarte, kommunikationsfähige Bauteile und Systeme erforscht werden, die eine zentrale Grundlage für die vernetzte Produktion der Industrie 4.0 darstellen.

(Veröffentlicht: 7. Juni 2017)