Medizinische Hochschule

Startschuss Geburt – früher immun als gedacht

Schutz von Anfang an: Ein Forschungsteam des Exzellenzclusters RESIST an der Medizinischen Hochschule fand heraus, dass bestimmte T-Zellen direkt nach der Geburt expandieren.

(von links): Professorin Viemann, Dr. Fichtner, Professorin Ravens und Professor Prinz im MHH-Institut für Immunologie mit Reagenzien für die Sequenzierung der T-Zell-Rezeptoren.

Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Erkennung von "Gefahr" durch eindringende Krankheitserreger und breiten sich bei akuten Infektionen schnell und intensiv aus – die Rede ist von bestimmten Immunzellen, die zu den sogenannten gamma-delta T-Zellen gehören. Diese speziellen weißen Blutkörperchen, so genannte Vγ9Vδ2 T-Zellen, entstehen schon lange vor der Geburt und zeichnen sich durch eine angelegte Funktionalität aus. Bisher nahm man an, dass sie sich im Laufe des Lebens in Abhängigkeit von Bakterien und anderen Bedingungen der Umwelt langsam vermehren und ihre Fähigkeiten und Funktionen, die sie als Abwehrzellen meistern müssen, weiter ausbauen.

Veröffentlichung in wissenschaftlicher Fachzeitschrift

Ein Forschungsteam des Exzellenzclusters RESIST fand nun aber heraus, dass sich diese Zellen bei Frühgeborenen direkt nach der Geburt expansiv vermehren und bis in die Kindheit bleiben. Eine andere Arbeitsgruppe hat ähnliche Erkenntnisse bei der Untersuchung Reifgeborener gewinnen können. "Wir gehen davon aus, dass diese gamma-delta T-Zellen eine wichtige Rolle in der frühkindlichen Immunabwehr und Homöostase spielen und vielleicht sogar ein Leben lang bestehen bleiben", sagt Professorin Dr. Sarina Ravens. Gemeinsam mit Dr. Alina Fichtner, Professorin Dr. Dorothee Viemann und Professor Dr. Immo Prinz hat sie diese Erkenntnisse in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America” (PNAS) veröffentlicht.

Kooperation im Rahmen des Exzellenzclusters RESIST

Die Wissenschaftler des Instituts für Immunologie sowie der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) kooperieren im Rahmen des Exzellenzclusters RESIST. Die für diese Arbeit notwendigen Blutproben stammen aus von Professorin Viemann geleiteten Kohorten, unter anderem aus der PRIMAL-Studie, die sich um die Immunentwicklung von Frühgeborenen dreht.

Rolle der gamma-delta T-Zellen bei der Immunabwehr der Neugeborenen und Kinder

Welche Rolle diese gamma-delta T-Zellen bei der Immunabwehr der Neugeborenen und Kinder ganz genau spielen will das Forschungsteam nun weitergehend untersuchen. Langfristiges Ziel ist es, mit dem umfassenderen Verständnis der Ausbildung und Regulation des Immunsystems von Neugeborenen bessere Vorsorge-, Diagnose- und Therapieoptionen entwickeln zu können.

Brücke zwischen den Immunsystemen

Gamma-delta T-Zellen werden nach ihren T-Zell-Rezeptoren benannt – dem Proteinkomplex auf ihrer Oberfläche, der für die Erkennung von Antigenen zuständig ist. Um zu untersuchen, wie sie bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern auf mikrobielle Exposition reagieren, hat das Forschungsteam die so genannte next-generation T-Zell-Rezeptor-Sequenzierung eingesetzt.

Brücke zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem

Gamma-delta T-Zellen haben Eigenschaften des angeborenen Immunsystems mit seiner schnellen, vorteilhaften Antwort auf viele Fremdstoffe und entstehen bereits um die achte Schwangerschaftswoche im fötalen Thymus. Aber sie haben auch Eigenschaften des erworbenen Immunsystems, das mit seiner langsameren, sehr spezifischen Immunantwort zu einem langanhaltenden Gedächtnis gegen nachfolgende Herausforderungen wie beispielsweise Infektionen führt. Sie stellen somit eine Brücke zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem dar.

RESIST – Forschen für die Schwächsten

Im von der MHH geleiteten Exzellenzcluster RESIST (Resolving Infection Susceptibility) arbeiten rund 45 Forschungsteams an einem Ziel: Sie wollen es ermöglichen, dass besonders anfällige Menschen besser vor Infektionen geschützt werden können, beispielsweise Neugeborene. Zu RESIST gehören in der Klinik tätige Ärztinnen und Ärzte, denen die Situation der Patientinnen und Patienten sehr vertraut ist, sowie Grundlagenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die Krankheitserreger und deren Zusammenwirken mit dem Immunsystem bis ins kleinste Detail erforschen. RESIST besteht aus sechs Partner-Institutionen, Sprecher ist Professor Dr. Thomas Schulz, Leiter des MHH-Instituts für Virologie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert RESIST.

Exzellenzcluster

RESIST zur Infektionsforschung

Die Medizinische Hochschule ist auch mit dem neuen Vorhaben RESIST erfolgreich. Dieses Programm hat das Ziel, die individuelle Anfälligkeit gegenüber Infe...

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(Veröffentlicht: 14. August 2020)