Geschenkaktion am Weltfrauentag

Stadt rückt Situation obdachloser Frauen in den Fokus

Scham und Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung prägen oft das Verhalten obdachloser Frauen, die ein Drittel der insgesamt 263.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland ausmachen. Am Weltfrauentag weist die Landeshauptstadt Hannover deshalb auf die besondere Situation obdachloser Frauen hin. Eine neue städtische Fachstelle soll außerdem dabei helfen, Wohnungslosigkeit zu vermeiden.

Stadt rückt Situation obdachloser Frauen in den Fokus

Verbunden damit ist eine Geschenkaktion, die die städtische Straßensozialarbeit in Unterkünften und Notschlafstellen, Beratungsstellen und auf der Straße in Hannover durchführt.

Straßensozialarbeiterinnen der Stadt Hannover verteilen am 8. März selbstgenähte Taschen der hauseigenen Textilwerkstatt in Vahrenwald, inklusive eines Taschenalarms. Der laute Signalton soll es Frauen in Notsituationen ermöglichen, auf sich aufmerksam zu machen. Als eine Geste der Wertschätzung sind auch Herz-Muffins, die das Ausbildungsrestaurant von Pro Beruf GmbH gebacken hat, Teil des Geschenkpaketes sowie eine Postkarte mit Informationen zu spezifischen Beratungsangeboten für Frauen in der Landeshauptstadt Hannover.

„Wir wollen obdachlosen Frauen mit dieser Aktion zeigen, dass ihre Situation im Verwaltungshandeln mitgedacht wird und sie ein wertvoller Teil der Stadtgesellschaft sind“, sagte Sozialdezernentin Sylvia Bruns zu diesem gemeinsamen Projekt des städtischen Bereichs „Soziale Hilfen in Wohnungslosigkeit“ und des Referates für Frauen und Gleichstellung. „Wir stehen hinter dem Ziel des Europaparlamentes, dass es 2030 keine Obdachlosigkeit mehr gibt und versuchen die Situation obdachloser Frauen in Hannover zu verbessern“, so Bruns weiter.

Der Weltfrauentag rückt seit dem Jahr 1911 jedes Jahr am 8. März frauenrechtliche Themen in den Fokus. Dabei geht es um bereits erreichte Ziele, wie beispielsweise die Verwirklichung des Frauenwahlrechts. Gleichzeitig gilt es aber auch bestehende strukturelle Defizite, die Frauen besonders betreffen, transparent zu machen.

„Die besonderen Lebenssituationen von Frauen werden häufig nicht berücksichtigt. Das gilt auch beim Thema Wohnungslosigkeit: Frauen sind oft von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen und genau deswegen wohnungslos bzw. von Wohnungslosigkeit betroffen. Darüber hinaus sind sie genau deswegen auch als wohnungslose Frauen wesentlich vulnerabler. Zudem haben sie häufiger Kinder, um die sie sich kümmern müssen.“ so Friederike Kämpfe, Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt Hannover. „Mit der Ratifizierung der „Istanbul-Konvention“ hat sich Deutschland dazu verpflichtet, für ein Schutzsystem zu sorgen, das allen Frauen, die von Gewalt betroffen sind, zugänglich ist. Ein Unterstützungssystem, das die besonderen Bedarfe von Frauen nicht berücksichtigt, ist also unzureichend.“

Neue Fachstelle „Wohnungserhalt“ geht an den Start

Daran anknüpfend wird ab dem 20. März 2023 die neue städtische Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit in der Leinstraße 14 starten. Die Fachstelle wird mit elf Fachkräften besetzt sein und die bestehenden Angebote der Landeshauptstadt zur Vermeidung von Wohnungsverlust deutlich ausbauen. Sie bündelt das städtische Know-how aus Sachbearbeitung und sozialpädagogischer Expertise und arbeitet eng mit dem Netzwerk beispielsweise der Schuldnerberatung, dem Jobcenter, dem Mieterverein oder Wohnungsunternehmen zusammen. In einem ersten Beratungsgespräch werden gemeinsam mit der betroffenen Person notwendige Maßnahmen wie zum Beispiel Mietschuldenübernahme, Wohnungsentrümpelung und Grundreinigung besprochen und in die Wege geleitet. Für eine nachhaltige Sicherung der Wohnung wird Unterstützung angeboten und vermittelt, zum Beispiel ein begleitetes Wohnen, Hilfen zur Weiterführung des Haushaltes oder eine Wohnassistenz. Dahinter steht das Ziel, obdachlose Menschen nicht nur unterzubringen und ihnen soziale Angebote zu machen, sondern präventiv und nachhaltig der Entstehung von Wohnungslosigkeit entgegenzuwirken.

Die Fachstelle und alle anderen Angebote des Bereiches sind Montag, Dienstag und Donnerstag in der Zeit von 8.30 Uhr bis 11.00 Uhr ohne vorherige Terminvereinbarung erreichbar. Darüber hinaus können montags bis freitags individuelle Termine vereinbart werden. Die Kolleg*innen sind unter folgender Telefonnummer und Email für allgemeine Anfragen erreichbar: Tel: 0511-168-34862, E-Mail: 56.34@hannover-stadt.de . Der gesamte Bereich „Soziale Hilfen in Wohnungslosigkeit“ wird ab dem 20. März in der Leinstraße 14 zu finden sein und nicht mehr wie bisher in der Hamburger Allee 25.

Obdachlose Frauen benötigen besonderen Schutz

Nach den Erfahrungen der städtischen Straßensozialarbeit sind wohnungs- oder obdachlose Frauen im öffentlichen Raum weniger sichtbar. Frauen, die in Wohnungsnotfallsituationen lebten, versuchten ihre Situation so lange wie möglich, nicht öffentlich zu machen. Gründe seien beispielsweise Angst vor Schutzlosigkeit oder gesellschaftlicher Ablehnung. Anpassung der äußeren Erscheinung und des Verhaltens seien Strategien, die eigene Situation weniger sichtbar für andere Menschen werden zu lassen. Um Obdachlosigkeit zu vermeiden, nutzten Frauen beispielsweise verstärkt „Mitwohnverhältnisse“ bei „Bekannten“ - mit allen damit unter Umständen verbundenen Abhängigkeiten wie beispielsweise sexualisierte Gewalt. Dadurch bestehe gerade bei Frauen eine deutliche Diskrepanz zwischen „sichtbarer“ und „tatsächlicher“ Problemlage. Das Team Straßensozialarbeit der Stadt bietet mit zwei Stellen spezifische Unterstützung für Frauen in Wohnungsnotfallsituationen an. Gleichzeitig wird Vernetzungsarbeit in diesem Arbeitsfeld vorangetrieben, um die Hilfen für Betroffene zu verbessern.

Stadt bietet obdachlosen Frauen verschiedene Angebote der Unterbringung

Der städtische Bereich „Wohnen und Leben in Gemeinschaftsunterkünften“ bietet obdachlosen Menschen in Hannover Unterbringungsmöglichkeiten an. Für Frauen gibt es hundert Plätze mit und ohne Kinder in Gemeinschaftsunterkünften. In den Notschlafstellen gibt es 15 Plätze für Frauen, teilweise mit Kindern. Zusätzlich verfügt die Stadt über Notschlafstellen für Einzelpersonen, insgesamt 115 Plätze (für Frauen und Männer). Sowohl in den dauerhaften Unterkünften, als auch in den beiden größten Notschlafstellen (Alter Flughafen und Wörthstraße) werden die Menschen von Sozialarbeiter*innen betreut und beraten. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit der Unterbringung in angemieteten Wohnungen und Wohnprojekten (ehemals Schlichtwohngebieten). In den Gemeinschaftsunterkünften und Wohnprojekten sind aktuell 229 Frauen allein und im Familienverbund untergebracht (Stand 28.02.2023). Die Unterkünfte bieten sowohl Einzel- und Doppelzimmer als auch abgeschlossene Wohneinheiten.

Nähere Informationen zum Wohnungslosenbericht der Bundesregierung sind hier zu finden.