Fast 76 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind sechs Veteranen nach Deutschland zurückgekehrt. Den Besuch organisierte die "Best Defense Foundation", ein gemeinnütziger Verein für ehemalige US-Soldaten um den früheren Footballspieler Donnie Edwards. In der Kuppelhalle des Neuen Rathaus sahen sich die Gäste zusammen mit Oberbürgermeister Onay die Stadtmodelle Hannovers an und nahmen gemeinsam ein Mittagessen ein.
Besuch des Mahnmals für das KZ Ahlem
Anschließend besuchte die US-Delegation zusammen mit Vertreter*innen des Arbeitskreis "Bürger gestalten ein Mahnmal" und Mitarbeiter*innen des ZeitZentrum Zivilcourage der Stadt Hannover das ehemalige KZ-Außengelände in Ahlem und legten einen Kranz zur Erinnerung an die Häftlinge nieder.
Der Arbeitskreis "Bürger gestalten ein Mahnmal" erinnert regelmäßig mit Gedenkfeiern und Informationen für Besucher*innen an die Geschichte des früheren KZ-Geländes. Gemeinsam mit der Landeshauptstadt Hannover lässt der Arbeitskreis das frühere Lagergelände derzeit zu einem Lern- und Gedenkort mit einem Rundweg umgestalten.
Unter den US-Veteranen war auch der 95-jährige Sergeant William "Bill" Casassa, der zu den Truppen gehörte, die am 10. April 1945 das Konzentrationslager Ahlem befreiten. Vor Ort erinnerte er sich, dass sie damals nicht gewusst hätten, welcher Horror sie erwarten würde, als sie sich am Morgen des 10. April 1945 auf das Lagergelände zubewegten. Sie sahen zunächst, rochen aber einen unheimlichen fauligen Gestank, der vom Lager herüberwehte. Dort fanden sie anschließend die von den Wachmannschaften zurückgelassenen rund 200 kranken Häftlinge, die unter unsäglichen hygienischen Bedingungen im Lager dahinvegetieren mussten. Vier Tage zuvor waren die übrigen 600 Häftlinge von der SS auf einen "Todesmarsch" nach Bergen-Belsen getrieben worden.
"Ritchie Boy" beim US-Geheimdienst
Auch ein Ehrenbürger Hildesheims kam für den Besuch des ehemaligen Kriegsschauplatzes nach Deutschland und nach Hannover: Der 1922 als Günther Stern geborene Guy Stern wurde 1937 von seinen Eltern zu seinem Onkel nach St. Louis, Missouri, geschickt. Als ein "Ritchie Boy", einer aus Emigranten gebildeten Einheit des Militärnachrichtendienstes, half Stern dabei, deutsche Kriegsgefangene zu verhören und Nazi-Funktionäre aufzuspüren. Seine Familie sah er allerdings nie wieder – Vater, Mutter und zwei Geschwister wurden im Holocaust ermordet. Seine Eltern und seine beiden jüngeren Geschwister wurden von Hildesheim aus über das Sammellager in der Israelitischen Gartenbauschule Ahlem nach Warschau deportiert. Zu ihrem Gedenken legten die US-Veteranen an der "Wand der Namen" in der Gedenkstätte Ahlem Blumen nieder.
Urenkel des Mitbegründers der Continental AG
Auch ein weiterer US-Veteran hatte eine Verbindung zu Hannover. Der Urgroßvater des 1923 geborenen "Ritchie Boy" Paul Fairbrook war der hannoversche Bankier Moritz Magnus, der 1871 zum Gründungskonsortium der Continental AG gehörte. Paul Fairbrooks Mutter war die gebürtige Hannoveranerin Lotte Cohn verheiratete Schönbach (später in den USA übersetzt: Fairbrook). Lotte Schönbach wurde 1920/21 von Kurt Schwitters porträtiert. Das Bild befindet sich heute als Leihgabe im Sprengel Museum.