Hannover von unten

Die Geisterstation unterm Raschplatz

Einer der vielleicht geheimsten Orte in Hannover ist im City-Alltag unsichtbar, und doch laufen jeden Tag Tausende ohne es zu wissen daran vorbei: Die Geisterstation unter dem Raschplatz am Hauptbahnhof. 

Die "Geisterstation" am Hauptbahnhof.

Als der Rat der niedersächsischen Landeshauptstadt im Juni 1965 einstimmig den Bau einer U-Bahn in Hannover beschloss, wurde ein Stadtbahn-Netz mit den Linien A, B, C und D geplant, auf dem der unterirdische Schienenverkehr in vier Tunnelabschnitten die Innenstadt durchqueren sollte. Als im September 1975 die erste Stadtbahn unter den Hauptbahnhof einfuhr, waren drei von vier Tunnelstrecken bereits in Betrieb. Die Tunnelstation für die U-Bahn-Linie D unterhalb der Bahnsteigebenen A und B jedoch wurde bis heute nicht fertig gestellt.

Wie im Agententhriller 

Im Gebäude des Hauptbahnhofes führen lange Rolltreppen und viele Treppenstufen hinunter zu den Stationen der U-Bahn. Es gibt aber auch einen gläsernen Aufzug außerhalb des Hinterausgangs zum Raschplatz, der hinab zum Bahnsteig der blauen Linie (3,7,9) führt. Allerdings nur bis dahin – offiziell. Denn die Taste für die Ebene 3 lässt sich nur mit einem Spezialschlüssel bedienen, der dann die Weiterfahrt in die Geisterstation D unter dem Hauptbahnhof frei schaltet z.B. im Rahmen von Führungen, die die Üstra und Stattreisen Hannover e.V. anbieten. Als der Raschplatz in den 1970er Jahren komplett umgebaut wurde, baute man die tief unter dem Platz befindliche U-Bahn-Station für die Linie D gleich mit, wie die Initiative Pro D-Tunnel auf ihrer Webseite https://www.pro-d-tunnel.de informiert: "Sie kreuzt höhenungleich im 60°-Winkel die Gleise der Linien A und B. Während sich diese Bahnsteige in Mittellage mit vorbereiteten Treppen- und Rolltreppenaufgängen befinden, sind die Bahnsteige für die D-Linie in Seitenlage angebracht. Kurze Umsteigewege sind dadurch gewährleistet. Vom Hauptbahnhof und vom Raschplatz aus sind Abgänge vorgesehen, die auf eine Verteilergalerie führen, von der man beide D-Bahnsteige ebenfalls erreichen kann. Diese Abgänge sind allerdings heute verbaut (vorne durch das Rossmann-Geschäft, im hinteren Teil durch den Umbau des Raschplatzes 2010 durch eine Ladenfront). Die Verteilerebene befindet sich leicht schräg angeordnet hinter der Wand vom Gleis Richtung Messegelände."

Der nie gebaute D-Tunnel

Für den Mitte der 1960er Jahre geplanten "D-Tunnel" wurden bereits Anfang der 1970er Jahre zahlreiche Vorleistungen geschaffen wie etwa nahezu fertige Stationen am Steintor und am Hauptbahnhof. An der Marien­straße baute man die tragenden Säulen so, dass der nachträgliche Bau einer Station unterhalb der heutigen Gleise problemlos möglich wäre. Außerdem wurde in Bebauungs­plänen festgehalten, dass Flächen, die für den Tunnel benötigt werden würden, nicht verbaut werden dürfen, zum Beispiel unterhalb der Ernst-August-Galerie. Als Hannover 1990 den Zuschlag für die Expo 2000 bekam, wurden die Pläne für den D-Tunnel wieder aktuell. Dabei wurden auch alternative Streckenführungen diskutiert. Nach einer längeren politischen Debatte wurde damals aus zeitlichen und finanziellen Gründen zunächst auf einen Tunnelbau verzichtet und die neue D-Süd-Strecke stattdessen an die C-Strecke angeschlossen. Die ursprüngliche Planung für den Bau eines D-Tunnels wurde 2012 von der Region Hannover endgültig verworfen. Stattdessen hat sie einen oberirdischen Neu- und Ausbau der D-Strecke in der Innenstadt beschlossen. Das sogenannte Projekt Zehn Siebzehn umfasste den Ausbau der Strecke von der D-West-Haltestelle Glocksee bis zur Ernst-August-Galerie, eine Neubaustrecke durch die Bahnhofsunterführung der Lister Meile, den barrierefreien Neu- und Ausbau der Haltestellen sowie die Stilllegung des Abschnitt vom Ernst-August-Platz zum Aegidientorplatz. Der Abschnitt vom Goetheplatz bis zum neuen Endpunkt Hauptbahnhof/ZOB ist seit Dezember 2018 fertiggestellt.