Gebäuderundgang

Das Erdgeschoss

Ausstellung im Bürgersaal

Ein ganz neues Rathaus-Gefühl: Mit der umfassenden Renovierung im Rahmen des Hannover-Programms 2001 vor der Expo sind im Erdgeschoss rund um die Kuppelhalle erstmals öffentlich nutzbare Räume geschaffen worden: der Gartensaal im Süden, der Bürgersaal im Ost- und das Pressezentrum im Westflügel.

Der Gartensaal

Endlich eine Rathaus-Gastronomie, nachdem ursprüngliche Pläne für einen Ratskeller aus Kostengründen fallen gelassen worden waren. Noch in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wehrten sich Dezernenten vehement gegen die Einrichtung einer Gaststätte. Das Rathaus dei keine Kneipe, hieß es. Profan? Vom feierseligen Geist der Vorväter war damals nichts zu spüren.

Andere Zeiten, andere Lebensstile, andere Ansichten: Die Ururenkel der Erbauer sahen die Welt wieder mit anderen Augen. Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg erklärte das Rathaus zum offenen Haus für die Bürger der Stadt und ihre Besucher. Niemand sah mehr einen Grund, gegen ein Restaurant-Café ernsthafte Einwände zu erheben.

Die Wahl fiel auf die ehemals offene Loggia auf der Südseite. Sie war 1956 unter teilweiser Zerstörung aller Schmuckelemente geschlossen worden. Hinter den verglasten Rundbögen der Zugänge lagen seitdem unter abgehängter Decke die sachlich-nüchternen Räume der Stadtkasse. Dazu war auch der Fußboden auf ein einheitliches Niveau angehoben worden.

Nichts erinnert heute mehr daran. Die Stadtkasse war in den Zeiten bargeldlosen Zahlungsverkehrs in dieser Form überflüssig geworden. Nach den Plänen der Rathaus-Architekten Pax und Hadamzcik wurden die Einbauten der 50er Jahre entfernt. Der alte Sandsteinboden und die Treppe, die einst die Vorhalle in zwei Ebenen geteilt hatte, kamen wieder zum Vorschein. Hinter Rigipsplatten verschwundene Mauer- und Brunnennischen wurden freigelegt. Die dem Historismus abholde Nachkriegsgeneration hatte wenig Rücksicht auf diesen scheinbar nutzlosen Zierrat genommen und weggeschlagen, was dem herrschenden Zeitgeist der Moderne und der neuen Nutzung irgendwie im Wege war.

Gartensaal im Neuen Rathaus

Doch an der Schwelle zum dritten Jahrtausend hatte die Architektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts längst eine neue Wertschätzung erfahren. Die Enkel von Hermann Eggert und Gustav Halmhuber integrierten die wieder entdeckten Fragmente in ihren Entwurf. Doch die größte Überraschung erlebten die Bauleute an jedem Tag des Jahres 1999, als  die 1956 eingezogene Zwischendecke entfernt wurde. Das reich verzierte Original war noch vorhanden, schwer beschädigt zwar, aber im Großen und Ganzen intakt. Das Kleinod wurde sorgfältig restauriert und in die Neugestaltung einbezogen. Der Kontrast zwischen den historischen Schmuckelementen und der ansonsten zurückhaltend-kühlen Noblesse der Einrichtung verleihen dem Gartensaal seitdem eine außergewöhnliche Atmosphäre. Der Blick durch die großen Fenster oder im Sommer von der Terrasse auf den Maschpark macht den Aufenthalt zu einem Erlebnis der besonderen Art.

Der Bürgersaal

Durch breite Türen betritt der Besucher heute den Bürgersaal auf der Ostseite Kuppelhalle. Hier finden seit dem Umbau wechselnde Ausstellungen zu aktuellen oder stadtgeschichtlich relevanten Themen statt. Polierte rotbraune  Granitsäulen, mit eindrucksvollen Männerköpfen geschmückte Kapitelle deuten auf eine von vornherein vorgesehene öffentliche Nutzung hin.  Der Name scheint Tradition zu atmen, doch der Bürgersaal an der Ostseite der Kuppelhalle  gehört in dieser Form nicht zum historischen Raumbestand des Rathauses.

Dort nämlich war, erreichbar durch ein repräsentatives Portal, zunächst die Stadtkasse untergebracht, bevor sie 1956 an die Rathaus-Südseite verlegt wurde (siehe Gartensaal). Die halböffentliche Nutzung mit Publikumsverkehr erklärt die aufwändige Ausstattung mit Säulen und Kapitellen. Historische Fotografien zeigen hinter einem langen Tresen aufgereihte Schreibtische, fleißige Stadtbedienstete in Reih und Glied vor gewaltigen Rechenmaschinen.

Nach dem Auszug der Stadtkasse übernahm die städtische Telefonzentrale die Räume. Zu Zeiten der Dinosaurier-Elektronik brauchten Schaltschränke und die Damen von der Vermittlung noch eine Menge Platz. Mit der modernen Telefontechnik änderte sich das. Die Zentrale kommt heute nebenan mit einem Bruchteil ihres ursprünglichen Raumbedarfs aus. Der einstige Kassenhauptraum wurde frei und 1999 zum Bürgersaal umgestaltet. Links von ihm ist das städtische Bürgerbüro zu Hause. Sollten Sie also Fragen an die Verwaltung haben: Dort wird Ihnen bestimmt weiter geholfen. Weil der ursprünglich viel größere Kassenraum geteilt wurde, wachen auch heute noch in Granit gehauene Männerhäupter in den beiden Nebenräumen über die Arbeit der Servicekräfte im Bürgerbüro und über die elektronischen Schaltschränke der Fernsprechzentrale. 

Das Pressezentrum

Auf der gegenüberliegenden Seite, hinter drei hohen Türen am westlichen Hallenumgang, befindet sich seit dem Jahr 2000 das Pressezentrum mit Arbeitsplätzen für Journalisten. Die Verlagsgesellschaft Madsack hatte es der Stadt anlässlich der Expo zum Geschenk gemacht. Zum Dank erhielten die beiden bei Madsack erscheinenden hannoverschen Tageszeitungen HAZ und NP dort eigene Büros. Über PCs sind deren Rathaus-Berichterstatter seitdem direkt mit ihren Redaktionssystemen im Verlagshaus an der Bemeroder Straße verbunden. Der große mittlere Raum kann für Pressegespräche genutzt werden. Zum Zentrum gehören außerdem ein kleines Besprechungszimmer und ein großzügiges Foyer.

Die Räume hatten ursprünglich ganz andere Aufgaben: 1913 war dort die große Festgarderobe angesiedelt. Dort wurden Gehrock und Zylinder abgegeben, bevor sich die feine Gesellschaft über die große Treppe der Zentralhalle hinauf zu den Festsälen im Obergeschoss bemühte. Hinter dieser Garderobe, mit großen Fenstern zum westlichen Innenhof, war ein Saal für das hannoversche Gewerbegericht geplant. Von ihm existieren weder Fotos noch sonstige Dokumente. Es ist nicht einmal bekannt, ob es dort je zu Verhandlungen des Gerichts gekommen ist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in diesem Bereich Büroräume eingerichtet, unter anderem für die stadteigene Botenmeisterei. Dem im Krieg zerstörten Bürgervorstehersaal im Stockwerk darüber war es schließlich nicht anders ergangen (siehe dort).


Texte mit freundlicher Genehmigung von Michael Krische.