Markthalle Hannover

Als die Stadt Hannover Notvorräte in den Kühlräumen der Markthalle lagerte

Beim Bau der ersten städtischen Markthalle in Hannover entstanden im Keller auch Räume zur kühlen Lagerung von Lebensmitteln. 1909 erhielten die unterirdischen Gefrierkammern eine elektrische Kühlanlage und bereits zwei Jahre später ließ die Stadt sie erweitern, um in Zeiten der Not unter der Markthalle Getreide und Lebensmittel für die Bevölkerung einzulagern.

Blick in die Markthalle zu Zeiten des ersten Weltkriegs (1914-1918).

Zwei fleischlose Wochen pro Monat

In den Jahren des Ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918 hatten auch die damals fast 300.000 Bewohner von Hannover mit Lebensmittelknappheit und der ungleichen Verteilung von Nahrungsmitteln zu kämpfen. Den von Mangel und Not geprägten Kriegsalltag in und um Hannover beschreibt der hannoversche Historiker Karl-Heinz Grotjahn in seinem Buch "Durchhalten bis zum Sieg": "Da tierisches Fett und Eiweiß fehlten, wurden Anfang November 1915 reichsweit zwei fleisch- und fettfreie Tage pro Woche eingeführt: Dienstags und freitags durfte kein Fleisch verkauft werden. Später kamen sogar zwei fleischlose Wochen pro Monat hinzu. Spezielle Kochbücher priesen fleischarmes Kochen an. Es zeigte sich aber, dass das Friedens-Ernährungsverhalten der Bevölkerung auf freiwilliger Basis schwer zu verändern ist. Wenn auch einige sparten, taten es viele nicht. Um den Verbrauch zu senken wurde deshalb Fleisch im August 1916 rationiert und nur auf Karte verkauft, Butter auf Karte gab es bereits seit März 1916."

Auch Steckrüben, Dörrgemüse und Eichelkaffee nur auf Lebensmittelkarten

Die Versorgungslage verschlechterte sich besonders im so genannten "Steckrübenwinter" (auch "Hungerwinter" genannt; gemeint ist damit eine durch kriegswirtschaftliche Versorgungsprobleme und eine Blockade der britischen Nordseeflotte verursachte Hungersnot im Deutschen Reich während des Winters 1916/17): "Neben den fehlenden Kartoffeln machte sich der allgemeine Mangel an Lebensmitteln immer deutlicher bemerkbar. Im Frieden hatte die Bevölkerung der Stadt Hannover pro Tag 120.00 Liter Milch zur Verfügung, Ende September 1916 waren es lediglich 40.000 Liter. Im September 1916 berichtete der hannoversche Stadtdirektor Tramm von zunehmenden Schwierigkeiten bei der Versorgung; es gebe überhaupt keine Milch mehr, Käse nur noch alle 14 Tage lediglich 12 Gramm, pro Woche ein Ei. Bei Brot oder Kartoffeln konnten wenigstens die ständig kleiner gewordenen Rationen ausgegeben werden. Die Stimmung der Bevölkerung würde gereizter. In der Markthalle Hannover ersetzten bereits Steckrüben die fehlenden Kartoffeln, die aber ohne Fett nicht zubereitet werden konnten", schildert der hannoversche Historiker Karl-Heinz Grotjahn die Zeit, in der selbst der "Bauch von Hannover" von Hunger geplagt war. Die Markthalle entwickelte sich zum Zentrum für städtische Verkaufsstellen von Grundnahrungsmitteln auf Marken wie Brot und Butter, Steckrüben und Dörrgemüse, Klippfisch und Miesmuscheln, Kunsthonig und Eichelkaffee.

Und dann kamen die Goldenen Zwanziger

Die Vorräte für die Notversorgung der Bevölkerung im Ersten Weltkrieg lagerte die Stadt in den zuvor erweiterten Kühlräumen unter der Markthalle. Das war mit dem Waffenstillstand von Compiègne bei Paris am 11. November 1918 und der Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages am 28. Juni 1919 erfreulicherweise nicht mehr nötig. Mit dem Wirtschaftswachstum sollten schon sehr bald die "Goldenen Zwanziger Jahre" anbrechen. "Als es wieder aufwärts ging, war die ‚Speisekammer’ Hannovers wieder reich gefüllt und es ist gut vorstellbar, dass zwischen Schellfisch und Blumensträußen der hannoversche Witz entstanden sein könnte: ‚Ham’ Se Aale...?’ – ‚Nee, ich häöbe Zaat...!’“ (Quelle: http://www.markthalle-in-hannover.de/historie/).