Die neue Markthalle wird in weniger als einem Jahr gebaut
Beim Luftangriff von US-Bombern zur Mittagszeit am 26. Juli 1943 wurden weite Teile der Innenstadt von Hannover und auch die Markthalle gegenüber der Altstadt zerstört. Nach Ende des zweiten Weltkrieges durfte der Marktbetrieb zunächst provisorisch wieder aufgenommen werden, um die Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen. Anfang der 1950er Jahre sammelte dann eine Bürgerinitiative 75.000 Unterschriften für den Bau einer neuen Markthalle, mit dem schließlich 1954 begonnen wurde.
Die "Neue Halle" ist schlicht und zweckmäßig
Der Architekt der neuen Markthalle ist ebenfalls ein Hannoveraner. Nach Erwin Töllners Plänen soll der kastenförmige Stahlskelettbau am Standort der zerstörten Markthalle errichtet werden, auf den nach dem Luftangriff im Zweiten Weltkrieg verbliebenen und mittlerweile über 60 Jahre alten Grundmauern und Kellergewölbe. Nach nur 227 Werktagen steht die "Neue Halle" (die von Einheimischen so schlicht wie ihre Erscheinung nur "Markthalle" genannt wird) für 2,755 Millionen Mark endlich und wird am 14. Dezember 1955 feierlich mit Feuerwehrkapelle und Schlüsselübergabe an den Oberstadtdirektor eröffnet. Das zweckmäßige Gebäude mit dem flachen Dach und der langen Fensterfassade bietet Platz für 243 Händler, oben auf der Galerie befinden sich 40 weitere Stände.
Buntes Treiben und ein guter Ausblick
Mit der Eröffnung der neuen Markthalle kehrt auch ein lebens- und liebenswertes Stück Normalität zurück in das verwundete Herz von Hannover (aus: http://www.der-bauch-von-hannover.de/p_historie): "Zur Einweihung der ‚Neuen Halle’ kommen viele Hausfrauen, schauen, prüfen und kaufen. ‚Ihre’ Halle ist klar, zweckmäßig und hell. Die große Glasfront zur Karmarschstraße bietet einen guten Ausblick. Gemütlich sitzt man an der Milchbar auf der Galerie oder in der Hallengaststätte. Bereits ab 4 Uhr werden die Stände über den rückwärtigen Hof beliefert. Hier steht eine weitere Halle, in der frühmorgens das Gemüse geputzt wird. Für Wild und Geflügel wurde ein eigener Schlachtraum gebaut. Die Fleischkontrolleure haben einen Extraraum. Marktschreier gibt es hier nicht. An den Ständen ist es dadurch ruhiger geworden. Geradezu hannöversch-‚vornäöhm’ die Geräuschkulisse aus Gesprächsfetzen, Kühlschranksummen, Klimpern von Groschen, Rattern der Ladenkassen. Tausenderlei Düfte locken. Das unmittelbare Nebeneinander der Waren begeistert die Markthallenbesucher: an einem Stand Wolle, Blusen, Pullover und nebenan Sauerkraut vom Fass, Seifen und Parfüm neben Konditorwaren, Fisch aller Sorten neben Hausmacher Wurst. Eine Fußpflegestation auf der Galerie und daneben ein Gewürzstand. Wurst und Käse können vor dem Kauf probiert werden. Über Qualität und Geschmack wird diskutiert. Karoline Duhnsen verkauft das Pfund Schweinebauchfleisch – am Morgen aus dem Schaumburger Land mitgebracht – für 2,07 DM. Der Rotkohl nebenan kostet 10 Pfennig. Einen Stand weiter zahlt man für 1 Pfund Salzheringe 62 Pfennig."
Nicht luxuriös, ehrlich, bodenständig
Im Vergleich zur alten Markthalle macht die "Neue Halle" besonders aus heutiger Perspektive einen betont funktionalen Eindruck, für städtebauliche Raffinessen aber war in der Nachkriegszeit einfach nicht das Geld da. Es kommt eben auch hier auf die inneren Werte an. "Vielen Hannoveranern ist ihre Markthalle lieb und teuer, auch wenn sie bei der Kriegszerstörung den Jugendstilglanz des Vorgängerbaus verloren hat. Vielleicht ist sie gerade deshalb ein bisschen wie Hannover selbst und wie die meisten Hannoveraner: unprätentiös, nicht luxuriös, ehrlich, bodenständig", schreibt das Göttinger Tageblatt in einem Beitrag vom 5. Januar 2019.
Doch nach wie vor reizt der Glanz der guten alten Zeit: Immer mal wieder wird darüber diskutiert und spekuliert, die Jugendstil-Markthalle wieder aufzubauen oder zumindest an die alte Pracht anzuknüpfen. Und wie immer wird die Zeit zeigen, wohin die Reise geht.