Museum außer Haus

Historisches Museum Hannover startet mit vertieften Sanierungsplanungen und Alternativprogramm während der Schließzeit

Das Historische Museum Hannover bietet während seiner Schließzeit ein vielfältiges Alternativprogramm an. Mit der vorliegenden finalen Zusage über 13,48 Millionen Euro vom Bund seit Anfang des Jahres 2023 startet die Stadt nun in die Konkretisierung der Sanierungsplanung durch den Fachbereich Gebäudemanagement.

Historisches Museum Hannover

1. Baudenkmal von nationaler Bedeutung

Start in die Zeit "Museum außer Haus": Stadtbaurat Thomas Vielhaber, Museumsdirektorin Anne Gemeinhardt und Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf.

Mit der geplanten weitgehenden Sanierung des Historischen Museum Hannover eröffnet sich für die Stadt die einmalige Chance ein deutschlandweit einzigartiges Stadtmuseum zu entwickeln. „Dabei ist der Denkmalschutz kein Handicap, sondern ein Alleinstellungsmerkmal des Historischen Museum Hannover,“ so Baudezernent Thomas Vielhaber.

Das Historische Museum ist ein Baudenkmal von nationaler Bedeutung und steht stellvertretend für neue konzeptionelle Raumideen ab den 1960er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland. Dieter Oesterlen, bundesweit als einer der führenden und prägenden Architektenpersönlichkeiten der Nachkriegszeit sowie als Mitbegründer der sogenannten Braunschweiger Schule bekannt, realisierte gemeinsam mit dem damaligen Museumsdirektor Helmut Plath ein architektonisches Konzept, das eine bis dato bundesweit einzigartige Abfolge ineinanderfließender, offener Ausstellungsflächen vorsah: Tageslicht, Offenheit, Großzügigkeit, Blickpunkte, Ein- und Ausblicke sind wichtige Prinzipien von Museumsbau und Ausstellungsgestaltung. Durch Ein- und Umbauten (zuletzt in den 1990er Jahren) entsprach nichts mehr dem Konzept Oesterlens. Die Szenografie zurzeit ist veraltet und entspricht sowohl inhaltlich als auch gestalterisch nicht mehr den Anforderungen eines Museumsbetriebs.

2. Start in die vertiefte Sanierungsplanung

Mit der vorliegenden finalen Zusage über 13,48 Mio. Euro vom Bund seit Anfang des Jahres 2023 startet die Stadt in die Konkretisierung der Sanierungsplanung durch den Fachbereich Gebäudemanagement. Dazu laufen tiefgehende Untersuchungen von schadstoffbelasteten Bauteilen. Ziel ist es bis Ende des Jahres den genauen Umfang der abzutragenden belasteten Schichten zu ermitteln. Dies ist notwendig, um den Sanierungsaufwand und die Ausschreibungen seriös kalkulieren zu können. Die geplanten Baumaßnahmen, die entsprechenden Kostenberechnungen und der Terminplan sollen dem Rat im Frühjahr 2024 zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Nach der Zustimmung des Rates geht es unmittelbar in die umfangreiche Ausführungsplanung. Im Anschluss werden die darauf aufbauenden Leistungsverzeichnisse für voraussichtlich mehr als 30 Gewerke erstellt. Parallel werden die Ausschreibungsverfahren gestartet, um Anfang 2025 mit den Sanierungsarbeiten zu beginnen.

Abhängig von den Untersuchungsergebnissen und dem Aufwand der Sanierungsmaßnahmen kann ein Datum für die Fertigstellung zurzeit nicht prognostiziert werden. Eine Wiedereröffnung zwischen 2028 und 2030 wird angestrebt.

3. Historisches Museum Hannover bietet Alternativprogramm während Schließzeit

Das Historische Museum Hannover zeigt Ausstellungen in der nächsten Zeit außer Haus.

Für die Zeit seiner langjährigen Schließung hat sich das Historische Museum Hannover mit einem Bündel an Maßnahmen neu aufgestellt. Denn: „Die Stadt Hannover kann nicht jahrelang ohne ihr Stadtmuseum auskommen“, stellt Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf klar und verweist auf seine Funktionen für die Stadt, deren Geschichte und die Stadtgesellschaft. Das Museum sei zugleich Erinnerungsspeicher, außerschulischer Lernort, ein wichtiger sozialer Ort für Treffen, Veranstaltungen und Diskussionen ebenso wie für Gemeinschaftserlebnisse.

Der Kulturbereich ist bekannt dafür, schnell und kreativ auf sich verändernde Rahmensituationen zu reagieren. „Wir sind durch die lange Schließzeit gezwungen, völlig neue Wege zu gehen, um die Menschen zu erreichen. Ein Interimsmuseum in einem Ladenlokal mitten in die Innenstadt, dass sich in den öffentlichen Raum öffnet, ist eine spannende Mischung aus Kommerziellem und nicht Kommerziellem. Das könnte ein interessanter Impuls für die Innenstadtentwicklung sein“, so die Fachbereichsleitung Kultur Inga Samii.

Darüber hinaus präsentiert sich das Museum mit einer neuen Webseite und ist zugleich auch weiterhin analog mit „Geschichte unterwegs“ und aktuellen Präsentationen im „aufhof“ aktiv. Im Museum selbst bereiten die Mitarbeitenden intensiv die umfangreichen Umzugsarbeiten vor. Für weitere Anregungen und Inspirationen, als Startschuss für seine Schließzeit, stellt das Museum in Kooperation mit dem Museumsverband Niedersachsen und Bremen e.V. auch noch am 2. und 3. November eine Tagung zum Thema „Museum außer Haus“ auf die Beine.

Anne Gemeinhardt, seit Juni 2023 Direktorin der Museen für Kulturgeschichte, sieht für die kommenden Jahre das große Potential: „Ein fertiges Museum zu übernehmen hätte nicht annähernd denselben Reiz für mich gehabt. Vielmehr sehe ich den mehrjährigen Entwicklungsprozess als Chance, kreativ und partizipativ ein einzigartiges Stadtmuseum entstehen zu lassen: Das Oesterlensche Museum für die Stadtgesellschaft des 21. Jahrhunderts.“

3.1 Interimsstandort (ab Sommer 2024)

Das Historische Museum bezieht im Sommer 2024 vorübergehend ein neues Zuhause: In der Karmarschstraße 40 entsteht ein modernes, offenes und einladendes Interimsmuseum. Es ist Ausstellungsort, Labor, Forum, Verweilraum und Lernort zu Themen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Hannovers. Ausgehend von Objekten zur Stadtgeschichte werden Brücken in die Stadtgesellschaft des 21. Jahrhunderts geschlagen.

Es soll für alle für die Jahre der Sanierung des Historischen Museums ein zuverlässiger und hochwertig gestalteter Anlaufort sein. Die Ausstellungen sind Ausgangspunkt für Stadtgänge, Kindergeburtstage, Workshops und Veranstaltungen. Hier wird die Zukunft des Museums erprobt: neue Themen, neue Vermittlungsformate und -medien, neue Zielgruppen.

3.2 Neue Webseite mit neuem Design und mit neuen Funktionen

Die Online-Präsenz erhält mit der Schließung des Museums eine noch größere Bedeutung. Digital bleiben das Museum und seine Schätze rund um die Uhr möglichst barrierefrei zugänglich. Pünktlich zum Start von „Geschichte unterwegs“ am 1. November 2023 geht das Museum im neuen Design und mit neuen Funktionen unter www.historisches-museum-hannover.de ans Netz.

Die neue Seite präsentiert zusätzlich zum Überblick über Aktionen und Angebote des Museums neu auch Online-Ausstellungen. Anmeldungen zu Veranstaltungen sind online möglich. Die Webseite wird kontinuierlich weiterentwickelt, um direkte Interaktionen zwischen Nutzer*innen und Mitarbeiter*innen des Museums zu ermöglichen.

3.3 Tagung „Museum außer Haus“ (2./3. November 2023)

Outreach, Pop-Up Museum, Museumsmobil… wie das Historische Museum Hannover experimentieren einige Museen gerade mit Formaten, die Museumsangebote auf die Straße bringen oder bespielen alternative Räume. In Kooperation mit dem Museumsverband Niedersachsen und Bremen e.V. lädt das Museum für Erfahrungsaustausch und Vernetzung zu einer Tagung am 2. und 3. November ein.

Am ersten Tag werden sechs unterschiedliche Formate und Experimente aus Deutschland (Bremen, Berlin, Bonn, Dresden, Lübeck und Oldenburg) als „Best Practice“ vorgestellt und evaluiert. Am zweiten Tag werden die Teilnehmenden nach einem Impulsvortrag der Frage auf den Grund gehen, wie sich die Arbeit außer Haus perspektivisch auf die Entwicklung der Museen auswirkt.

Die Tagung ist der Startschuss in eine Zeit, in der auch das Historische Museum ein „Museum außer Haus“ ist.

3.4 „Geschichte unterwegs“

Das Team des Historischen Museums bringt mit „Geschichte unterwegs“ seine Exponate und Angebote in der Stadt und die Stadtteile. Es werden vor Ort mit Partner*innen wie Freizeitheimen, Schulen, Senior*innenheimen oder Stadtteilkultureinrichtungen gemeinsam Projekte realisiert.

3.5 Das Historische Museum im „aufhof“ (Dezember 2023)

Im Dezember 2023 präsentiert das Historische Museum Hannover temporäre Ausstellungen zu vergangenen „Geschichte unterwegs“-Projekten und zur Kaufhausgeschichte im „aufhof“.

3.6 „historisch.digital“ – Stadtgeschichte auf dem Smartphone (ab Juni 2024)

Digitale Vermittlung von Stadtgeschichte wird im Zeitraum der Sanierung und Schließung des Museums besonders relevant seien. Über die „Geschichte unterwegs App“ können Bilder und Informationen zu Orten und Gebäuden in der Stadt abgerufen werden. Mit dem Projekt „historisch.digital“ wird das digitale Angebot ausgebaut. Das Smartphone wird damit zum Museum mit allen Infos zur Stadtgeschichte in der Hosentasche.

Das Historische Museum schafft somit eine digitale Plattform für Stadtgeschichte, die auch von anderen Institutionen, wie dem Stadtarchiv oder dem ZeitZentrum Zivilcourage genutzt werden kann.

3.7 Hinter den Kulissen: Umzug ins Sammlungszentrum

Ende 2023/Anfang 2024 wird das Sammlungszentrum in der Vahrenwalder Straße vom Projektentwickler bauwo an die Stadt übergeben. Von allen Einrichtungen (Museen für Kulturgeschichte, Sprengel Museum Hannover, städtischer Kunstbesitz, Stadtarchiv, Stadtbibliothek und weiteren) wird als erstes das Historische Museum Hannover ab Frühjahr 2024 in die 20.600 Quadratmeter Nutzfläche umfassende Schatzkammer einziehen.

Mit dem Auszug der Mitarbeitenden und danach sukzessive des Magazins wird im Museum „Baufreiheit“ hergestellt. Das neue Sammlungszentrum für die Kulturschätze der Kunst- und Kultureinrichtungen der Landeshauptstadt setzt neue Maßstäbe und bildet das Rückgrat des Museumsstandortes Hannover.

4. Geschichte der Sanierungsplanung für das Historische Museum Hannover

Oktober 2022 Entscheidung des Rates für Teilsanierung über 17 Mio. Euro

November 2020 Bund stellt Förderung in Höhe von 13,48 Mio. Euro zur Sanierung des Historischen Museums und der Neukonzeption der Dauerausstellung in Aussicht

2021 wurde beim Bund diese Förderung angefragt und Koordinierungsgespräche mit dem Beauftragten für Kultur und Medien (BKM) geführt. Mit Aussicht auf die Förderung neuer Ratsbeschluss für die Teilsanierung im Umfang von 31 Mio. Euro

Im Rahmen der Antragsstellung und -prüfung musste die LHH dem Bund über die eigentliche Bauplanung hinaus zusätzliche detaillierte externe Fachgutachten vorlegen (z.B. Denkmalschutz und Lüftungskonzept).

2022 Landeshauptstadt stellt Antrag auf die Förderung beim BKM.

Februar 2023 Stadt erhält offiziell Zuwendungsbescheid über 13,48 Mio. Euro

November 2023 Schließung Historisches Museum Hannover