Ein Landschaftsraum erzählt

Südliche Leineaue

Die Südliche Leineaue zwischen Pattensen, Sarstedt, Laatzen, Hemmingen und Hannover hat viel zu bieten.

Koldinger Seen

Ein Landschaftsraum erzählt

Die Südliche Leineaue zwischen Pattensen, Sarstedt, Laatzen, Hemmingen und Hannover ist landschaftlich abwechslungsreich und hat viel zu bieten. Aufgrund ihrer Naturschönheit sowie ihres hohen Stellenwertes für Pflanzen und Tiere ist die Südliche Leineaue besonders geschützt. Sie bildet ein Mosaik verschiedenster,teilweise gefährdeter Lebensräume. Ton- und Kiesteiche, trocken fallende Tümpel, Gräben und Bachläufe, Altarme und Flutrinnen, feuchte Senken, Uferböschungen und –abbrüche, flache schlickige und kiesige Uferzonen, Feucht- und Nasswiesen, Schilf und Röhrichte, Ruderal- und Hochstaudenfluren, trockene Wegränder und Böschungen, Feuchtgebüsche und Hecken sowie Reste des Auenwaldes zeigen anschaulich den Strukturreichtum dieser Landschaft.

Durch die Biotopvielfalt kommen in dem Gebiet zahlreiche geschützte und gefährdete Pflanzenarten, wie Schwanenblume, Wiesen-Alant, Sumpf-Schwertlilie, Gelbe Teichrose und Breitblättriger Stendelwurz, aber auch Flatter-Ulme oder Wild-Apfel vor. Damit verbunden ist eine große Vielfalt an Tieren. So können Weißstorch, Pirol, Nachtigall, Eisvogel und Rotmilan, verschiedene Fledermaus-, Libellen- und Schmetterlingsarten, Grasfrosch, Teichmolch und andere Tiere beobachtet werden.

Wer mehr über diesen einzigartigen Lebensraum erfahren möchte, erkundet die Südliche Leineaue auf naturkundlichen Spaziergängen und folgt dem Fluss vom Maschsee in Richtung Pattensen oder umgekehrt. 12 Informationsstationen am Wegesrand helfen bei der Orientierung und erzählen Wissenswertes über die Geschichte der Landschaft mit ihre Tier- und Pflanzenwelt.

 

Alte Leine

Was könnte als "hannoversche" Seenplatte bezeichnet werden?

Wer am Maschsee Neues entdecken möchte, der überquert am Westufer die Leine und begibt sich in die Leinemasch. Auf verwunschenen Pfaden eröffnen sich schnell unerwartete Anblicke. Mal eine Wiese, durch die sich ein kleiner Bach schlängelt, mal ein dichtes Unterholz, mal ein Sumpfgebiet. Man könnte dieses Gebiet  zwischen Maschsee, Ziegenbockbrücke  und Wiesendachhaus  durchaus als hannoversche Seenplatte bezeichnen, denn eine stattliche Anzahl von Seen reiht sich entlang der Leine wie eine Perlenkette auf. Die Gegend ist für Überraschungen gut, und die größte Überraschung ist vielleicht die, dass es die vielen Seen oder Tümpel überhaupt gibt. Die drei größten sind als Ricklinger Kiesteiche bekannt und werden als Badeseen genutzt. Die übrigen sind der Natur überlassen und geben geschützten Vogelarten ein Zuhause.

An der Ziegenbocksbrücke zwischen Wülfel und Alt- Laatzen mündete die Alte Leine in die Leine. Einst war die Alte Leine ein Seitenarm der Leine, auf dem Kähne fuhren und Mühlen die Wasserkraft zum Mahlen des Getreides nutzten. Heute entsteht die Alte Leine aus dem Zusammenfluss von Fuchsbach und Koldinger Mühlengraben. Bei Hochwasser kommt der Alten Leine noch immer die Funktion eines Flutarms der Leine zu. Dann durchströmt der sonst träge fließende Bördebach gurgelnd und rauschend die Aue. Die Alte Leine ist einer der wenigen unverbauten Bördebäche in der Region Hannover. Auf einer Länge von 12 km fließt sie aufgrund des geringen Gefälles langsam (unter 2,0-2,5 m/s) in vielen Windungen und Schleifen dahin - sie mäandriert. Das Bachbett und die Uferzonen der Alten Leine sind sehr strukturreich. Daher findet eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten hier ihren Lebensraum.

Welche Maßnahmen trugen zur Erholung des Libellenstands in der Leineaue bei?

Besonders augenfällig sind die vielen Libellen, die ab Mai wie Akrobaten über das Wasser fliegen.  Sie sind  schnelle, gewandte und elegante Flieger. Große Arten erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h. Durch ihre Fähigkeit, die beiden Flügelpaare abwechselnd bewegen zu können, sind sie in der Lage faszinierende Flugkünste zu vollbringen. Sie können rüttelnd in der Luft verharren, gewagte Manöver ausführen und sogar kurze Strecken rückwärts fliegen. Zwischen Wasserpflanzen und halb im Schlamm verborgen lauern die Larven der Libellen auf ihre Beute. Einzeller, Kleinkrebse, Würmer, Kaulquappen und Jungfische sowie Wasserinsekten stehen auf ihrem Speiseplan. Die voll entwickelten Libellen sind ebenfalls Raubtiere. Sie fangen in der Luft Schmetterlinge, Fliegen, Käfer, Mücken, kleinere Libellenarten und Wespen. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft und dem damit verbundenen Pestizideinsatz ging der Bestand an Libellen in den 80er Jahren stark zurück.  Seit ein Teil der Leineaue unter Naturschutz steht und das Grünland nur noch extensiv bewirtschaftet wird, erholt sich der Libellenbestand. Inzwischen lassen sich in der Leineaue mehr als 30 Libellenarten beobachten.

Eine davon ist die Blutrote Heidelibelle. Sie fliegt von Juli bis September. Man kann sie gut beobachten, da sie gern auf den Wegen sitzt und sich von der Sonne aufwärmen lässt. Dabei breitet sie, wie alle Großlibellen, ihre ungleichen Vorder- und Hinterflügel in der Ruhe waagerecht aus. Die Männchen fallen durch den leuchtend roten Hinterleib auf. Gelegentlich sind auch die Weibchen rot gefärbt. Nach der Paarung beginnt die Eiablage in der Tandemstellung. Später bewacht das Männchen rüttelnd das legende Weibchen. Die Eier überwintern und die Libellen schlüpfen im folgenden Sommer.

 

Tonteiche

Wie sind die Tonteiche entstanden?

Auf dem Weg in Richtung Wiesendachhaus wird die Südliche Leineaue von zahlreichen, teilweise verlandenden Teichen mit Schilfzonen und Weidengebüschen geprägt. Die rechtsseitig der Alten Leine gelegenen Teiche entstanden durch den Tonabbau, der hier bis 1943 betrieben wurde. Viele der ein bis vier Meter tiefen Tonteiche wurden nach 1945 mit Schutt sowie im Rahmen einer Entschlammung der Alten Leine mit Schlamm verfüllt. Temperatur und Nährstoffgehalt dieser Gewässer sind weitgehend homogen. Die linksseitig der Alten Leine gelegenen Teiche entstanden durch Sand- und Kiesabbau. Sie sind zehn und mehr Meter tief und besitzen daher Seecharakter, d. h. Temperatur und Nährstoffgehalt des Wassers verändert sich mit zunehmender Tiefe.

Auf den Teichen lassen sich zu allen Jahreszeiten Wasservögel beobachten. Besonders spannend wird es im Frühjahr und Herbst. Dann rasten viele Zugvogelarten auf und an den Teichen um neue Energie für den Weiterflug zu tanken. Von April bis Anfang Juli sind die Tümpel und Teiche ein Rastplatz mit Froschkonzert. In dieser Zeit machen vor allem die Männchen des Kleinen Wasserfrosches, des Teichfrosches und des Seefrosches mit Hilfe ihrer seitlich liegenden Schallblasen lautstark auf sich aufmerksam. Sie leben überwiegend im Wasser. Daneben kommt hier noch der Grasfrosch vor, der den größten Teil seines Lebens an Land verbringt. Erd- und Knoblauchkröte, Kamm- und Teichmolch sind ebenfalls zu beobachten. Sie suchen die Gewässer nur zur Paarungszeit und Laichablage auf. Von März bis April kann man in warmen regenreichen Nächten Krötenwanderungen erleben. Dann begeben sich die Amphiebenarten in Massen zu ihren Laichgewässern. Dabei sind stark befahrene Straße oder Wege für sie eine große Gefahr. Deshalb werden Krötenzäune aufgestellt und die geschützten Tiere über die Straße getragen. Dort setzen sie ihre Wanderung fort.

Aber nicht nur Frösche und Kröten fühlen sich hier wohl. Auch das Pfaffenhütchen, ein bis zu 4 Meter hoher sparriger Strauch ist hier heimisch. Seine jungen Zweige fallen durch vier charakteristische Korkleisten auf. Die gelblichgrünen Blüten sind dagegen unscheinbar. Sie duften schwach und sind nektarreich. Daher werden sie von Schwebfliegen, Sandbienen, Honigbienen und verschiedenen Käferarten besucht. Das Pfaffenhütchen fällt erst im Herbst mit seinen rosa bis scharlachroten Kapseln und seinen orangefarbenen Früchten auf. Diese werden von Vögeln, vor allem Rotkehlchen, Star und Seidenschwanz gefressen. Aber aufgepasst: alle Teile des Pfaffenhütchens sind giftig!

 

Am Wasserwerk und Alte Feuerwache

 

 

Naturschutz: nicht nur gut für die Umwelt auch für das Trinkwasser

Von den Tonteichen führt der Spaziergang in Richtung Grasdorf zum Wassergewinnungsgelände, das idyllisch zwischen Leine und Alter Leine gelegen ist.
Seit 1899 wird in diesem Gebiet, das sich fast ausschließlich im Besitz der Stadtwerke Hannover befindet, Trinkwasser gewonnen. Freiwillige Vereinbarungen und die Kooperation mit der Landwirtschaft sorgen für ökologische Sicherheit bei der Grundwassergewinnung und –aufbereitung. Schließlich ist die beste Voraussetzung für eine einwandfreie Wasserqualität eine gesunde Umwelt. Grünland ist neben dem Wald die ideale Nutzungsform für die Trinkwassergewinnung, denn es bedeckt ganzjährig den Boden und dient so als idealer Filter für die versickernden Niederschläge. Bei Hochwasser wird das Gebiet von der Leine und der Alten Leine regelmäßig überflutet. Das Wasser breitet sich auf den Wiesen aus und versickert langsam in den Boden. Die Flächen werden als extensives Grünland genutzt. Düngemittel und Pestizide sind tabu.

Dank der struktur- und artenreichen Nass- und Feuchtwiesen sowie Wiesen auf trockneren Standorten bietet das Gebiet ideale Lebensräume für eine Vielzahl an Insekten-, Amphibien- und Vogelarten, aber auch für die verschiedensten Säugetierarten. Für das Gebiet wurde ein spezielles Pflegekonzept entwickelt, das auch als Wiesenmanagement für Storch, Wachtelkönig und Co. beschrieben werden kann. Die Pflegemaßnahmen orientieren sich an den Erfordernissen des vorbeugenden Grundwasserschutzes, den Interessen des Naturschutzes – insbesondere des Wiesenvogelschutzes und der Landwirtschaft. Durch die Mahd der Wiesen nach dem vorgegebenen Kalender leisten die Landwirte einen wichtigen Beitrag für den Naturschutz. Die Wiesen werden ein- bis zweimal im Jahr zur Heu- bzw. Heusilagegewinnung gemäht. Wiesen um den Storchenhorst dürfen schon ab Mitte Mai bzw. Anfang Juni gemäht werden. Dadurch können die Störche in der ersten Phase der Jungenaufzucht leichter Nahrung finden. Die späteren Termine für die erste Mahd Ende Juni dienen dem Schutz der bodenbrütenden Vögel, wie Wachtelkönig, Kiebitz, Wiesenpieper oder Feldschwirl. Durch das Mähen der Fläche von innen nach außen werden Jungvögel, ebenso wie Junghasen, Rehkitze und eine Vielzahl an Amphibien- und Insektenarten geschont. Die extensive Nutzung der Grünlandflächen hat sich auch auf die Pflanzenwelt positiv ausgewirkt. Zunehmend sind geschützte bzw. gefährdete Blütenpflanzen wie Wiesen-Alant, Schwanenblume, Sumpf- Schwertlilie, Spreizender Hahnenfuß und Gelbe Wiesenraute, aber auch häufigere Arten wie Wiesen-Schaumkraut, Blut-Weiderich und Sumpf-Vergissmeinnicht zu entdecken.

In der Nähe des Aussichtsturmes besteht seit 1995 eine Graureiherkolonie mit ca. 15 Brutpaaren. Ab Februar besetzen sie ihre Horste und streiten lärmend um Nistmaterial. Oft stehen sie unbeweglich in flachen Teichen oder auf Wiesen und warten auf Beute. Der Graureiher ist im Flug an dem s-förmig gebogenen Hals gut zu erkennen. An seiner Brust befinden sich fetthaltige Puderfedern, an denen er seinen Kopf reibt und diese zerbröselt. Das so entstandene Pulver verteilt er über den Körper, um sich vor Nässe zu schützen. Graureiher sind geschützt.

Naturschutzzentrum NABU-Laatzen

Auf dem Weg vom Maschsee zur Alten Feuerwache führt der Weg an Strorchennestern vorbei. Seit 1989 brüten Weißstörche auf einem Strommasten in den Wiesen von Grasdorf. Die Feuchtwiesen bieten ideale Voraussetzungen für die Aufzucht ihrer Jungen. Ein an ihre Bedürfnisse angepasstes Mähkonzept erleichtert ihnen die Nahrungssuche und nützt auch anderen bodenbrütenden Vogelarten. In der Regel trifft das Storchenpaar getrennt Ende März ein und besetzt den Horst. Nach der Paarung legt das Weibchen zwei bis fünf Eier, die von beiden Partnern abwechselnd bebrütet werden. Etwa 32 Tage später schlüpfen die Jungvögel. Rund neun Wochen werden sie dann gefüttert. Die Nahrung besteht überwiegend aus Kleinsäugern, Amphibien, großen Insekten, Larven und Fischen.

In der Alten Feuerwache gibt es aber noch mehr zu entdecken. Das  Naturschutzzentrum ist Informations- und Anlaufstelle für alle, die sich für den ca. 50 km2 großen Lebensraum „Südliche Leineaue“ mit den beiden hier liegenden Naturschutzgebieten „Alte Leine“ und „Leinetal zwischen Ruthe und Koldingen“ interessieren. In dem Gebäude sind zwei Dauerausstellungen zu besichtigen, die sich thematisch mit dem Naturraum Südliche Leineaue und hier lebenden Nachttieren befassen. In der 850 m² großen Außenanlage, werden unterschiedliche Lebensräume präsentiert und Heil-, Gift-, Duft- sowie Insektenpflanzen vorgestellt. Daneben bietet der NABU Laatzen zwei bis drei Vortragsveranstaltungen zu Natur- und Umweltthemen wöchentlich an. Aber auch Führungen, Ferienpass-Aktionen und Aktivitäten mit Kindern sind im Angebot.

 

An der Leine und der Bruchriede

In Richtung Süden gehend führt der Spaziergang weiter zur Bruchriede. In einem Graben fließt sie durch landwirtschaftlich intensiv genutztes Gebiet. Schließlich fließt sie durch Rethen, teils in einem Betonbett, dann wieder in einem naturnah gestalteten Bachbett und mündet hier unterhalb der Brücke in die Leine.

Die Leine entspringt aus mehreren Quellen im Städtchen Leinefelde (Eichsfeld). Sie ist ca. 281 km lang. Das heutige Tal der Leine entstand nach der Saale-Eiszeit (vor ca. 235.000 bis 125.000 Jahren). Die durch das Eis heran transportierten gewaltigen Geröllmassen hatten die alten Flusstäler verschüttet. Nachdem die Leine wieder nach Norden strömen konnte, grub sie sich durch die Gesteinsmassen und schuf ihr heutiges Flusstal. Dieses wird von markanten Terrassenkanten begrenzt. Die Kanten der Mittelterrassen sind noch deutlich bei Koldingen, Reden und Harkenbleck und weniger ausgeprägt bei Rethen, Grasdorf und Alt-Laatzen sichtbar. Die Leine weist im Bereich der Südlichen Leineaue nur mäßig veränderte Strukturen auf. Ihre Ufer sind zwar vielerorts zur Sicherung der Uferböschung ausgebaut worden. Allerdings zeigt die Leine noch einen gewundenen, mäandrierenden Verlauf mit Steilufern, Prall- und Gleithängen, sowie Gehölzsäumen und Auewaldresten.

In den Steilufern brüten Uferschwalbe und Eisvogel. Auch Insekten nutzen die Steilwände und graben ihre Gänge. Die durch Abbruch und Anschwemmung entstandenen Uferbänke sind Grenzlebensraum zwischen Land und Wasser. Sie werden von zahlreichen Wassertieren, wie Zuckmückenlarven oder Larven von Eintagsfliegen bewohnt. Das Flussbett der Leine ist im Strömungsbereich  überwiegend sandig und kiesig. An ruhigeren Stellen hat sich Lehm und Schlamm abgelagert. In diesem Flussabschnitt kommen Barben, Rotauge, Rotfeder, Zander, Barsch und Aal vor.

Die naturnahen Uferabschnitte der Bruchriede sind streckenweise mit Schilf, Sumpfschwertlilien, Blutweiderich, Weiden und Schwarz-Erlen bestanden. Nicht selten dienen die schmalen Schilfstreifen Teichrohrsängern als Brutplatz. Schilfeulenraupen finden hier Nahrung. Die Schilfhalme werden von Insektenlarven als Schutzröhre genutzt.

In Mähwiesen und an Wegrainen kommt vereinzelt die Knollen-Platterbse vor. Sie ist eine niederliegende bis kletternde, mehrjährige Pflanze und liebt nährstoffreiche, kalkhaltige Lehmböden. An den Fiederblättern sitzen kleine Ranken. Ihre karminroten, etwa 16 mm langen Blüten erscheinen von Juni bis Juli. Sie hängen einseitig in Trauben und duften. Die Blüten werden von verschiedenen Bienenarten und Faltern besucht. Die Knollen-Platterbse wurde früher als Nutzpflanze angebaut. Ihre Wurzelknöllchen wurden wie Kartoffeln gekocht.

 

Das Koldinger Holz

 

 

Das etwa 21 ha große Koldinger Holz ist Teil des Naturschutzgebietes „Alte Leine“ und der einzige größere Auwaldrest in der Südlichen Leineaue. Die Alte Leine fließt am westlichen Waldrand entlang und prägt das Koldinger Holz mit ihren regelmäßigen Überflutungen. Dadurch hat sich ein artenreicher Hartholzauenwald entwickelt. Der Baumbestand des Koldinger Holzes ist noch recht jung. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die alten Bäume, besonders die Eichen, im Rahmen von Reparationsleistungen abgeholzt. Daher sind mit Ausnahme einer einzigen Eiche die Bäume nicht älter als 60 Jahre, der Gehölzbestand aber dennoch artenreich. Neben Roterle, Feldahorn, Hainbuche, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Roter Hartriegel und Traubenkirsche konnten sich auch gefährdete Arten, wie Flatter-Ulme, Wild-Apfel und mehrere heimische (autochtone) Schwarz- Pappeln entwickeln. Auch die Krautschicht ist vielfältig. Im Frühling überziehen Hohler Lerchensporn, Echte Schlüsselblume, Veilchen, Scharbockskraut und Gefleckter Aronstab den Waldboden. Im Sommer erscheinen dann Wald-Ziest, Echte Nelkenwurz und Kleines Springkraut. Am Ufer der Alten Leine blüht die seltene Bach-Nelkenwurz.

Am Ostrand des Koldinger Holzes führt der ehemalige Fahrweg vom Amt Koldingen über Grasdorf nach Hannover. Heute ist er nur noch ein Pfad. Etwa 100 m nördlich der Einmündung des Weges zum Wassergewinnungsgelände in den Eichenweg steht eine mächtige Stieleiche (Quercus robur). Sie ist etwa 350 Jahre alt, 25-30 m hoch und hat einen Kronendurchmesser von 20-25 m. Der Stammumfang beträgt 5,5 m. Diese Eiche wurde zur natürlichen Verjüngung des Waldes stehen gelassen und 1955 als Naturdenkmal ausgewiesen.

Das Koldinger Holz besitzt, wie alle Hartholzauenwälder, eine artenreiche Tierwelt. Hier brüten z. B. Pirol, Mäusebussard, Buntspecht, Baumläufer, Zaunkönig, Nachtigall, Mönchsgrasmücke und am Waldrand der Neuntöter. Andere Vogelarten nutzen die Bäume als Ansitzwarte und Schlafplatz. Säugetiere, wie Fledermäuse, Fuchs und Marder gehen hier auf Jagd. Rehe und Hasen suchen im Wald Deckung. In großer Vielfalt kommen Schmetterlinge, Käfer, Libellen und andere Insekten vor. Auch der Pirol (Oriolus oriolus) lebt hier. Allerdings  bekommt man den drosselgroßen Vogel nur selten zu Gesicht, obwohl das Männchen auffallend dottergelb und schwarz gefärbt ist. Auffällig sind auch seine lauten, melodischen Flötentöne. Als einzige Art einer tropischen Familie trifft der Pirol Mitte Mai aus dem zentralafrikanischen Regenwald bei uns ein. In der Krone eines hohen Laubbaumes baut das Weibchen ein sturmsicheres Nest aus Grashalmen, Bastfäden und Schlingpflanzenteilen. Bis zu vier Junge werden groß gezogen. Die Nahrung besteht aus Insekten, Beeren und Obst.

 

Die Koldinger Seen

 

 

Ein Lebensraum aus zweiter Hand und bedeutendes Vogelrastgebiet

Die Koldinger Seen sind ein Ort für stille Genießer, die ruhige Erholungsformen suchen und Naturerlebnisse zu schätzen wissen. Weitläufige Wasserflächen, grün gesäumte Ufer, Gänsegeschnatter und Vogelgezwitscher inmitten erholsamer Stille. Gut 1 Stunde benötigt man, um das Gebiet auf vorgegebenen Wegen zu erkunden. Dabei fällt es schwer, sich vorzustellen, dass in dieser idyllischen Gegend bis vor wenigen Jahren noch Radlader, Planierraupen und Schwimmbagger das Landschaftsbild prägten. Die Koldinger Seen sind ein Lebensraum aus zweiter Hand, durch intensiven Bodenabbau entstanden. Über 40 Jahre wurden hier Kiessande gefördert und zu hochwertigen Zuschlagstoffen für die Bauwirtschaft verarbeitet. Das erfolgte im Trocken- und im Nassabbau. Um die über dem Grundwasser liegende oberste Kiesschicht zu fördern, wurden Radlader, Planierraupen und Tieflöffelbagger eingesetzt. Zur Gewinnung der im Grundwasser befindlichen Kiese musste der Abbau mit Tieflöffel- und Eimerlöffelbaggern vorgenommen werden. Daneben kamen Schwimmbagger zum Einsatz, mit denen die Kiese im See abgebaut werden konnten. Der so gewonnene Rohkies wurde auf Förderbändern ins Kiesaufbereitungswerk transportiert, um schluffige und tonige Bestandteile auszuspülen. Anschließend konnte er gesiebt werden, um verschiedene Körnungen und Korngemische zu erhalten. Ende 2002 wurde der Kiesabbau an den Koldinger Seen im Gebiet der Region Hannover eingestellt und ins Abbaugebiet Ruthe im Landkreis Hildesheim verlagert. Entstanden sind rund 190 Hektar Wasserfläche, verteilt auf gut ein Dutzend Seen. Wegen der großen Bedeutung für Flora und Fauna steht die Seenlandschaft seit 2001 unter Naturschutz. Neben dem Steinhuder Meer ist sie das bedeutendste Vogelrastgebiet in der Region Hannover.

Neuntöter und Kraniche fühlen sich hier wohl, Flussregenpfeifer und Laufkäfer nicht minder. Aus gutem Grund: Dank umsichtiger Planung ist das 529 Hektar große Naturschutzgebiet in der Südlichen Leineaue heute ein vielgestaltiger Lebensraum, dessen überwiegender Teil aus Kiesteichen besteht. Von Oktober bis März bieten sie Tausenden von Wasservögeln einen Zufluchtsort und ausreichend Nahrung für den Weiterflug in ihre Brutquartiere. Auch eine Vielzahl von Fischarten ist in den Gewässern heimisch. Die flacheren und damit wärmeren Uferbereiche dienen Amphibien als Laichgewässer und sind Lebensraum zahlreicher Insekten. Daneben finden sich hier 21 gefährdete Pflanzenarten, die typisch für eine Flussauen- bzw. Gewässerlandschaft sind.

Vogelarten am Großen Koldinger See

Die Koldinger Seen haben sich zu einem bedeutenden Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet für die Vogelwelt entwickelt. Bis heute konnten hier über 240 verschiedene Vogelarten nachgewiesen werden. Daher gehört das Naturschutzgebiet zwischen Koldingen und Ruthe zu den attraktivsten Orten der Vogelbeobachtung in der Region Hannover. Vom Beobachtungsturm, den die Region Hannover am Westufer des Großen Koldinger Sees errichtet hat, lassen sich Brut- und Zugvögel aus guter Deckung heraus beobachten.

Brutvögel

Der Große Koldinger See ist ein ideales Revier für zahlreiche bedrohte Brutvögel. Brutvogelarten wie der Eisvogel zählen zu den gefährdeten Arten, die auf der Roten Liste des Landes Niedersachsen geführt werden. Auch das Blässhuhn, der Graureiher und der Kormoran haben hier einen Zufluchtsort gefunden, der ihnen beste Brut- und Rückzugsmöglichkeiten bietet.

  • Eisvogel: Trotz seines auffällig gefärbten Federkleides ist der Eisvogel sehr schwer zu Gesicht zu bekommen. Oft sieht man ihn nur vorbeifliegen, wobei sein türkisfarbener Rücken aufblitzt.
    Der Eisvogel lebt an mäßig schnell fließenden oder stehenden klaren Gewässern mit Kleinfischbestand und Sitzwarten. Es werden auch von Menschen geschaffene Gewässer wie Bodenabbaustellen gerne angenommen. Als Brutplatz dienen Steilufer oder große Wurzelteller umgestürzter Bäume.
  • Trauerseeschwalbe: Diese kleine dunkle Seeschwalbe fliegt mit leichtem Flug gemächlich über das Wasser, um elegant ihre Beute von der Wasseroberfläche zu schnappen.
    Sie brütet auf schwimmenden Wasserpflanzen an flachen Seen und Sümpfen in Süd- und Osteuropa. Auf ihrem langen Flug in ihr Winterquartier an die Küsten des tropischen Westafrikas überquert sie das europäische Binnenland.
  • Blässhuhn: Der einzige ganz schwarze Wasservogel mit weißer Stirn und weißem Schnabel lebt vor allem im Winter in großen Verbänden gesellig mit Enten, Gänsen und Tauchern an Binnengewässern. Zeitig im Frühjahr besetzt das Blässhuhn ein Revier und verteidigt es aggressiv gegen Eindringlinge.
    Auffällig ist sein Verhalten: Der Vogel ist streitsüchtig und lärmend, dabei läuft er flügelschlagend über das Wasser. In Deutschland ist das Blässhuhn als „Jahresvogel“ vertreten.

Zugvögel

Ob Zwischenstopp oder Langzeiturlaub, im Herbst und im Frühjahr herrscht Hochbetrieb am Großen Koldinger See. Dann fliegen Tausende von Wasservögeln ein. Rund 50 Milliarden Vögel pendeln weltweit zweimal im Jahr zwischen ihren Brutgebieten und Winterquartieren hin und her. Zu den häufigsten Gästen im Bereich der Koldinger Seen zählen die Graugans, die Löffel-, die Pfeif- und die Stockente, der Gänse- und Zwergsäger sowie der Haubentaucher und die Trauerseeschwalbe. Sie alle erholen sich hier vom kräftezehrenden Hin- bzw. Rückzug und bauen Fettreserven für den Weiterflug auf. Vor allem im Frühjahr sind diese  Erholungsphasen eine wichtige Voraussetzung für den späteren Bruterfolg der Vögel.

 

Lebensader Leine

 

 

Der Flusslauf der Leine durchzieht von Süden her das Naturschutzgebiet in seinem angestammten Urstromtal. Vor Ort lässt sich das ursprüngliche Flussbett an der markanten Terrassenkante am westlichen Rand des Naturschutzgebietes leicht nachvollziehen. Der Fluss mit seinen natürlichen Mäandern prägt diesen gesamten Raum und ist einer der wenigen ursprünglichen Lebensräume im Naturschutzgebiet. Der Einfluss des Menschen der letzten 50 Jahre zeigt auch an der Leine seine Spuren. Die Ufer sind stellenweise sehr gleichförmig ausgeprägt und durch eine Steinschüttung sowie Holzpfähle zur Sicherung des Böschungsfußes ausgestattet. Trotzdem zeigt die Leine kein monotones Bild. Südlich von Hannover besticht sie durch ihre auwaldgeprägten Uferbereiche. Totholz verbleibt im Bereich der Ufer, solange es nicht den Wasserabfluss behindert. Unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten an Prall- und Gleithängen sorgen für Wasserwirbel und Dynamik im Fluss. Im Bereich des Naturschutzgebietes bei Koldingen nagt die Strömung an Uferabschnitten und lässt trotz Ufersicherung steile Abbrüche entstehen. Eine Idylle nicht nur für den Menschen. Dahinter verbergen sich unzählige Lebensräume, die von Tieren und Pflanzen mit viel Phantasie genutzt werden.

Lebensraum Sediment

  • Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus Cecilia): Mit einer Flügelspannweite von 7 cm und einer Körperlänge von 5 cm gehört sie zu den stattlichen Großlibellen und ist im Gelände sehr auffällig. Getreu ihres Namens weist sie eine enge Bindung an Fließgewässer auf. Dabei verbringt sie ihr halbes Leben - nämlich das Larvenstadium - gut getarnt im Sediment des Flusses. Die Leine bietet die natürlichen Substrate wie Kies und Sand in unterschiedlicher Korngröße eingelagert in der Sohle. Hier gräbt sich die Libellenlarve ein, um geduldig im Versteck auf Beute zu lauern. Nach einer dreijährigen Entwicklungszeit ist die Grüne Flussjungfer an Land als ausgereifte, farbenprächtige Libelle besonders während der Sommermonate zu beobachten. Auf Grund des Mangels an geeigneten, natürlichen Fließgewässern ist sie bundesweit als stark gefährdet eingestuft. An der Leine wurde sie mit mehreren Exemplaren kartiert. Die grüne Flussjungfer steht hier Pate für den komplexen Lebensraum Sediment, der Laichplätze für Fische, Rückzugsräume für diverse Insektenlarven und Substrat für Flussmuscheln bietet.

Lebensraum Steilwand

  • Bembidion Fluviatile (Größe: 5,5 mm): sein Name ist Programm.
    Abgeleitet von dem lateinischen Wort „Fluvius“ –der Fluss– hebt der Namensgeber auf die enge Beziehung dieser Art zu seinem Lebensraum ab. Es ist schwer vorzustellen, dass Bembidion fl uviatile ausschließlich an solch unwirtlichen Steilhängen zu Hause ist. Mit seinen 5 – 6 mm Körperlänge gelingt es ihm, sich in den Spalten und Rillen zu verstecken und zu schützen. Als ein Vertreter der Laufkäfer ist er ein flinker Sprinter und mit ausreichendem Weitblick versehen, um bei Hochwasser rechtzeitig „Land zu gewinnen“. Bedingt durch die Seltenheit dieses Lebensraumes ist er bundesweit als vom Aussterben bedroht eingestuft.
  • ​​​​​Uferschwalbe: Als kleinste Schwalbe Europas mit 13 cm Körperlänge verbringt sie wie ihre Artgenossen den größten Teil ihres Lebens in der Luft. Mit gewagten Wendemanövern jagt sie mit einer Spitzengeschwindigkeit von 50 km/h über die Wasseroberfläche auf der Jagd nach Insekten. In der Wahl ihres Wohn- und Brutraumes ist sie sehr speziell. Als Koloniebrüter ist sie auf Steilwände und Abbruchkanten in natürlichen Flüssen angewiesen. Mit vereinten Kräften graben beide Elternteile mit Schnabel und Krallen armtiefe Brutröhren in das feste Substrat. Sie teilen sich das Brutgeschäft und die Pflege der frisch geschlüpften Jungvögel. An der Leine im Bereich Koldingen gelang es der Uferschwalbe in den letzten Jahren erfolgreich Fuß zu fassen. Als Weitstreckenzieher verbringt sie den europäischen Winter in Zentral- und Nordwestafrika bzw. Südamerika bei angenehmen Temperaturen und einem üppigen Nahrungsangebot.
  • Omophron Limbatum (Größe 4,5 - 6,5 mm): der Marienkäfer unter den Laufkäfern. Er tarnt sich als Marienkäfer und zeigt wenig Ähnlichkeit mit seinen schlanken, in schwarzer Tracht daherkommenden übrigen Artgenossen aus der Familie der Laufkäfer. Auch er sucht die Herausforderung, an den schroffen Steilhängen für Nachwuchs zu sorgen und mit den unterschiedlichen Wasserständen klar zu kommen. Als Substrat benötigt er feinkörnigen Sand, worin er sich tagsüber eingräbt. Hier im Naturschutzgebiet wurde Omophron limbatum an Steilwänden im Leineufer sowie auch an den flach ausgezogenen Uferbereichen der Kiesteiche mit mehreren Exemplaren erfasst. Er ist in Bezug auf seinen Lebensraum weitaus flexibler als Bembidion fluviatile. So wurde er in Niedersachsen auf sandigen Standorten noch relativ häufig nachgewiesen.

 

Sand und Kiesbänke

 

Vor uns liegt der Werkstandort eines ehemaligen Kieswerkes. Nichts erinnert mehran das technische Treiben der Saugbagger, Planierraupen, Förderbänder und Rohrleitungen. Räumlich etwas abgesetzt von dem eigentlichen Flusslauf der Leine entstanden, bedingt durch den Bodenabbau, Strukturen wie Kies-, Sandbänke und Geröllflächen, die uns aus unbegradigten, natürlichen Flussauen bekannt sind. Die Bedeutung dieser besonderen Strukturen belegt ein Gutachten, das von der Region Hannover 2005 in Auftrag gegeben wurde. Der Kartierer fand zu seinem eigenen Erstaunen mehrere vom Aussterben bedrohte Laufkäferarten und seltene Pflanzenarten, die nur in intakten Flussauen nachzuweisen sind.

Laufkäfer 

  • Dyschirius Angustatus (Größe: 3,2 mm) - ein Laufkäfer, der die Wärme liebt
    Als ein grabender Vertreter unter den Laufkäfern gefällt es ihm, sich in leichtem feinen Sand zu verstecken. Trockene Sandhänge der Flusstaldünen und –auen stellen seine angestammten Lebensräume dar. In Niedersachsen ist er so selten, dass er als vom Aussterben bedroht eingestuft wurde.
  • Bembidion Modestum (Größe: 4,8 mm) - ein sehr Spezieller unter den Laufkäfern
    In Niedersachsen gilt er als vom Aussterben bedroht! An den Kiesteichen wurde er gleich mit mehreren Exemplaren an den im Rahmen der Rekultivierung flach ausgezogenen Uferabschnitten nachgewiesen. Er gilt als hoch spezialisiert und damit als eine besondere Kennart, die an dynamische und sich verändernde Lebensbedingungen in der Flussaue optimal angepasst ist. Damit er nicht ständig nasse Füße bekommt, lebt er bevorzugt in einer Zone von 40 bis 80 cm von der Wasserlinie entfernt.
  • Lionychus Quadrillum (Größe: 3,3 mm) - ein sehr Kleiner, gut getarnt zwischen großen Kieseln
    Auf einem trockenen Kiesrücken mit gleichmäßig  gelagerten groben Kieselsteinen findet Lionychusquadrillum ein neues Zuhause – eine Laufkäferart, die in Niedersachsen als stark gefährdet eingestuft ist, wurde hier im Überschwemmungsbereich der Leine 2005 völlig überraschend mit einem massenhaften Vorkommen nachgewiesen.
    Im Winter 2002/2003 hatte die Dynamik des Hochwassers dafür gesorgt, dass sämtliche Kiesel umgelagert, weitertransportiert und nach Korngröße sortiert in unterschiedlichen Fraktionen wieder abgelegt wurden. Erst nach Wochen gab das abfließende Wasser den Blick auf eine völlig neu modellierte Auenlandschaft frei. Für Lionychus quadrillum ist dies ein Glücksfall. Das Hochwasser richtete ihm hier die optimalen Lebensraumbedingungen ein.

Pflanzen

  • Sand-Grasnelke (Armeria Maritima ssp. Elongata)
    Der Nachweis dieser seltenen Grasnelke gilt als ein besonders wertvoller Fund. Sie wurde 2007 erstmalig auf dem Standort des Kieswerkes kartiert. Auf den höhergelegenen Sandbänken findet sie ihre günstigen Lebensbedingungen. Eine Verwandte dieser Art, die Strandgrasnelke, ist uns von den Salzwiesen der Küste bekannt.
  • Rasen-Vergissmeinnicht (Myosotis Laxa)
    Wie Bembidion modestum profitiert diese seltene Vergissmeinnicht-Art von den Rekultivierungsauflagen des Bodenabbaus. Sie wurde an den flach modellierten Ufern eines Kiesteiches in großer Stückzahl gefunden. Auch sie benötigt Standorte, die durch die Kraft des Hochwassers immer wieder frei gespült werden und offene vegetationsfreie Bereiche bilden. Im südlichen Teil Niedersachsens ist dieses Vergissmeinnicht als gefährdet eingestuft.
  • Kleinblütige Königskerze (Verbascum Thapsus)
    Himmelsbrand, Wetterkerze, Fackel-, Frauen-, Woll- und Brennkraut finden an diesem trockenen und sonnigen Standort optimale Bedingungen, um ihre Pracht zu entfalten. Alle erreichen eine Wuchshöhe von 2 m, bilden eine stattliche Grundrosette sowie unzählige hellgelbe Einzelblüten aus. Hinter all diesen Bezeichnungen verbirgt sich nur eine Pflanze - die Kleinblütige Königskerze -, die mit ihren verschiedenen Regionalnamen für Verwirrung sorgt. Der Botaniker gibt ihr die eindeutige Bezeichnung Verbascum thapsus. Eine besondere Bedeutung nimmt die Königskerze in der Homöopathie als Heilpflanze gegen Reizhusten, Asthma und weitere Erkrankungen der Atemwege ein.
  • Weberkarde
    Die Weberkarde - eine markante Erscheinung auf den sonst so kargen Kiesflächen - ist optimal an die warmen und trockenen Standortverhältnisse angepasst.  Für ihre Verbreitung setzt sie auf tatkräftige Helfer: Jedes Tier, das ihr zu nahe kommt, löst an der Blüte einen besonderen Mechanismus aus. Der reife Samen wird durch die Berührung herauskatapultiert und bleibt am Fell des Tieres hängen. Damit ist ihre Verbreitung auch über weite Strecken gesichert. Ihren Namen  verdankt sie der Textilverarbeitung im letzten Jahrhundert. Damals wurden die hakenförmigen Tragblätter zum Aufrauen der Textilien eingesetzt.

Vögel

  • Flussregenpfeifer
    Der Flussregenpfeifer brütet bevorzugt in natürlichen Flussauen mit ausgeprägten Kies-, Sand- und Schlammbänken. In Mitteleuropa ist er gezwungen, auf Ersatzlebensräume wie Kiesgruben und Baggerseen auszuweichen, da die Flüsse unserer Kulturlandschaft auf ein schmales Bett ohne besondere Strukturen reduziert wurden. Hier im Bereich der ehemaligen Bodenabbaustelle findet er die geeignete Kulisse für seine Brutplätze. Gut getarnt zwischen den Kieselsteinen legt das Weibchen ihre Eier ab. Das Farbmuster der Eier ähnelt so stark dem Untergrund, dass so manch erfahrener Vogelkundler vergeblich nach dem Nest Ausschau hält. Die kalte Jahreszeit verbringt der Flussregenpfeifer im Mittelmeerraum und in Afrika.

 

Lebensraum Stapelteich

Ein Stück Wattenmeer im Binnenland

 

 

om Westufer des Großen Koldinger Sees führt der Spaziergang ans Ostufer in Richtung Rethen. Direkt neben der Informationstafel geht es mit ein paar Schritten den Hang hinauf und man steht am Rand der Klärteiche der ehemaligen Zuckerfabrik Rethen. Dabei handelt es sich um sogenannte Stapelteiche (Auflandungsteiche), die das stark mit Erde versetzte Abwasser der Zuckerfabrik aufnahmen. Durch diese Schlammaufspülungen entstanden Strukturen und Lebensbedingungen wie wir sie am Wattenmeer erleben. 1993 stellte die Zuckerfabrik ihren Betrieb ein und damit auch die Beschickung mit Schlammwasser. Noch heute fallen einige dieser Teiche periodisch trocken und bilden größere Schlammflächen aus. In der Zeit von Juni bis Oktober verwandeln sie sich zu einem attraktiven Sammel- und Rastplatz für eine besondere Truppe von Zugvögeln, den sogenannten Watvögeln (Limikolen). Auf ihrem langen Flug in ihr Winterquartier finden diese Vögel an den Klärteichen einen ungestörten Rastplatz sowie in den Schlammflächen ausreichend Nahrung wie Würmer, Larven und Insekten, um ihre Fettreserven wieder aufzustocken. Besonders die dargestellten Watvogelarten lassen sich regelmäßig hier beobachten.

Hier noch eine Besonderheit am Rande: Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass der Grünschenkel neben der Bekassine völlig entspannt nach Nahrung sucht. In der Regel entsteht zwischen einzelnen Vogelarten Konkurrenz, wenn sie auf den gleichen Nahrungsraum angewiesen sind. Die Natur greift hierzu in die Trickkiste: Die verschiedenen Limikolenarten wurden mit unterschiedlich langen Schnäbeln ausgestattet, sodass sie nebeneinander die diversen Nahrungsnischen (Wassertiefen) zur Nahrungsaufnahme nutzen können, ohne sich ins Gehege zu kommen.

Vögel am Rethener Stapelteich

  • Feldlerche
    Bereits Anfang März kündigt sie den Frühling mit ihrem auffälligen Gesang an. Die Feldlerche - ein Vertreter unserer heimischen Singvögel - stellt wenige Ansprüchean ihren Lebensraum und legt ihre Nester auf landwirtschaftlich genutzten Flächen gut versteckt in Bodenvertiefungen an. Im Herbst zieht es sie in wärmere Gegenden nach SW-Europa und in den Mittelmeerraum.
  • Grünschenkel
    Auffällig sind seine langen graugrünen Beine und sein heller Bauch. Er brütet in Nordeuropa an flachen Gewässern wie Mooren, Tümpeln und Flüssen. Rechtzeitig vor Winterbeginn begibt sich der Grünschenkel auf seine Reise in sein Winterquartier in West- und Südeuropa. Einige verschlägt es sogar bis Südafrika. An den Klärteichen findet er ideale Bedingungen, um neue Kräfte zu sammeln.
  • Bekassine
    Mit ihrem langen Schnabel verkörpert sie eindrucksvoll die Gruppe der Watvögel. In Nord- und Osteuropa und im Bereich der Nordsee brütet sie in großen Beständen in Mooren, Verlandungszonen und nassem Grünland. Zur Zugzeit bilden besonders abgelassene Fischteiche oder Klärteiche ideale Rastplätze, da sie hier vergleichbare Strukturen wie in ihren Brutgebieten vorfindet. Eine Besonderheit brachte der Bekassine den Spitznamen „Himmelsziege“ ein.Wenn sie im Sturzflug zu Boden fliegt, entsteht ein besonderes „meckerndes“ Geräusch durch das Abspreizen der äußeren versteiften Schwanzfeder.
  • Waldwasserläufer
    Mit kurzem Schnabel und plumper Gestalt reiht er sich in die Gruppe der Watvögel ein. Seine Brutgebiete liegen in Nord- und Osteuropa in Bruchwäldern und Mooren. Sehr früh im Jahr macht er sich auf den Weg in sein Winterquartier in Zentralafrika. Auf seiner langen Reise reichen ihm bereits kleine Wasserstellen für eine Verschnaufpause.
  • Austernfischer
    Er steht wie kein anderer Watvogel als Repräsentant für das Wattenmeer. Sein schwarz-weißes Gefieder brachte ihm den Beinamen Halligstorch ein. Als Brutplatz bevorzugt er die Küsten, die unter dem Einfluss der Gezeiten stehen, da hier der Tisch mit verschiedenen Muschelarten, Krebsen und Borstenwürmern immer reichlich gedeckt ist. Der Austernfischer gilt überwiegend als Zugvogel. An den Klärteichen findet er in den Schlickflächen zwar keine Muscheln; hier weicht er auf Regenwürmer und Insekten aus.
  • Dunkler Wasserläufer
    Besonders auffällig ist das Männchen im Sommer mit seinem dunklen Prachtkleid und seinen langen dunkelroten Beinen. Seine Brutgebiete liegen in Nordeuropa und Sibirien. In unseren Breitengraden ist er nur auf der Durchreise an geeigneten Rastplätzen zu beobachten. Im Winter zieht es ihn in den Süden nach Afrika, Israel, Griechenland, Spanien und Portugal.
  • Flussuferläufer
    Er lässt sich am besten an seinem auffälligen Verhalten charakterisieren: Am liebsten sitzt er geduckt auf Steinen und wippt dabei emsig mit Kopf und Schwanz. Seine Brutgebiete findet er in Europa an naturnahen Flüssen, Bächen und Stillgewässern. Der Flussuferläufer tritt eher als Einzelgänger auf und erweist sich als geübter Schwimmer und Taucher. Auf seinem Langstreckenflug bis nach Südafrika nutzt er die Binnengewässer wie die Klärteiche gerne als Zwischenstopp.

 

Die Zuckerfabrik Rethen

Rückblick: Bereits 1876 wurde der erste Stein der Zuckerfabrik Rethen gelegt. Es folgte ein ganzes Jahrhundert im Zeichen der Zuckerfabrikation. In den 60er Jahren schließlich fusionierte die Rethener Fabrik mit den Zuckerfabriken Ahstedt-Schellerten und Weetzen. Von diesem Zeitpunkt an zählte der Standort Rethen zu den drittgrößten Produzenten in Norddeutschland. Durch bessere Transportmöglichkeiten und die sich immer weiter entwickelnde Logistik stieg die Zuckerproduktion rasant an. In den letzten Jahren der Rethener Fabrik wurden allein in einer Kampagne bis zu 620.000 Tonnen Rüben verarbeitet. Etwaige Probleme, wie die Reinigung der entstehenden Abwässer, wurden beispielhaft im Sinne des Umweltschutzes gelöst. Neben einer mechanischen Kläranlage, arbeitete die Zuckerfabrik Rethen zusätzlich mit einer biologischen Klärstufe und mehreren Stapelteichen, in denen das Rübenwaschwasser von überschüssiger Erde gereinigt wurde.

Die Stapelteiche: eine Industrieanlage als beliebter Rastplatz für Zugvögel

Die Stapelteiche liegen am östlichen Rand des Naturschutzgebietes „Leineaue zwischen Ruthe und Koldingen“. Sie wurden im Rahmen des Ausweisungsverfahrens als besonders wertvolle Lebensräume eingestuft. Bereits während des Betriebes der Zuckerfabrik versammelten sich unzählige Zugvögel auf diesen besonderen Schlamm- und Schlickflächen. Die Funktion der Stapelteiche beruhte darauf, die bei der Rübenverarbeitung anfallende Erde aufzunehmen. Bei einer jährlichen Fabrikation von 600.000 Tonnen Rüben fielen 72.000 Tonnen Erde an. Dazu wurde die mit Wasser versetzte Erde als pumpfähige Erdsuspension über die in abgestuften Höhen angelegten Stapelteiche kaskadenartig geleitet. Damit durchlief das Schlammwasser mehrere Stationen, während es von den erdigen Bestandteilen getrennt wurde.
Auf dem Grund der Teiche bildete sich dadurch eine nährstoffreiche Schlammschicht aus, die u. a. als Düngemittel eingesetzt werden konnte. Nachdem 1993 die Zuckerfabrik ihre Tore schloss, drohte ein wertvoller Lebensraum verloren zu gehen. Abhilfe wurde durch die Errichtung eines Neubaugebietes auf dem ursprünglichen Gelände der Zuckerfabrik geschaffen. Mit Hilfe einer Pumpe, eines Dükers und einer Wasserleitung werden heute die Stapelteiche mit Wasser aus dem Regenrückhaltebecken dieses Neubaugebietes gespeist. Je nach verfügbarer Wassermenge bilden sich Schlammflächen, feuchte Senken oder flach überstaute Teiche aus. Damit ist der Erhalt dieses attraktiven Rastplatzes für Zugvögel langfristig gesichert.

 

Faltblätter und Hintergrundinformationen

 

Die Leineaue - zwischen Ruthe und Koldingen

Naturschutzgebiet in der Region Hannover: Im Süden der Region Hannover liegt das 529 ha große Naturschutzgebiet „Leineaue zwischen Ruthe und Koldingen“ (N...

Dateityp: pdf Größe: 3,13 MB

Die Vogelarten am Großen Koldinger See

Die Vogelbeobachtung, Brut- und Zugvögel an den Koldinger Seen

Dateityp: pdf Größe: 429,72 kB

Die südliche Leineaue

Impressionen der südlichen Leineaue, Kurzbeschreibung Koldinger Seen, Kurzbeschreibung der Route 15 der FAHRRADREGION Hannover mit schematischer Karte

Dateityp: pdf Größe: 408,32 kB

Lebensraum Klärteich - Ein Stück Wattenmeer im Binnenland

Die Funktion der Klärteiche (oder auch Stapelteiche) und ihre Bedeutung für den Lebensraum Koldinger Seen

Dateityp: pdf Größe: 428,63 kB

Die Leine - Lebensader, grünes Band und Wanderroute

Die Lebensräume Steilwand und Sediment, "Die tragenden Säulen" im Naturschutzgebiet

Dateityp: pdf Größe: 470,95 kB

Die Koldinger Seen

Beschreibung des Lebensraums Koldinger Seen und kurzer Abriss der Historie

Dateityp: pdf Größe: 612,89 kB

 

 

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