Hannover-Südstadt

Umbenennung der Elkartallee

Am 5. Januar wurde die Elkartallee in Hannovers Südstadt offiziell in Hilde-Schneider-Allee umbenannt. Lothar Pollähne, Bezirksbürgermeister Südstadt-Bult, und Bürgermeister Thomas Hermann enthüllten am Vormittag das neue Straßenschild.

Hilde Schneider wurde im November 1916 in Hannover geboren und überlebte das Ghetto Riga sowie zwei Konzentrationslager

Der Umbenennung vorausgegangen ist eines jahrelanges Verfahren, das im Februar 2006 seinen Ursprung hat: In der zu dieser Zeit erschienenen Publikation "Stadtverwaltung im Dritten Reich: Verfolgungspolitik auf kommunaler Ebene am Beispiel Hannovers" beleuchtet der Historiker Dr. Rüdiger Fleiter die Rolle der hannoverschen Stadtverwaltung und einzelner Entscheidungsträger während der NS-Diktatur von 1933 bis 1945, darunter auch die Rolle des Stadtbaurats Karl Elkart (1925 bis 1945).

Die Rolle Karl Elkarts im Nationalsozialismus

Elkart war demnach seit 1933 förderndes Mitglied der SS und trat vier Jahre später der NSDAP bei. In seiner Amtszeit forcierte er die Enteignung jüdischer Bürgerinnen und Bürger sowie Gemeinden, zudem oblag ihm eine Zeit lang als "Leiter der Sofortmaßnahmen" der Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern bspw. im Rahmen von Aufräumarbeiten nach Bombenangriffen. Weiterhin plante Elkart, die jüdischen Friedhöfe in Bothfeld (Burgwedeler Straße) und der Nordstadt (An der Strangriede und in der Oberstraße) einebnen zu lassen – ein Vorhaben, das aufgrund der Kriegsereignisse jedoch nicht mehr umgesetzt wurde.

Gut ein Jahr nach Fleiter bestätigte Prof. Dr. Joachim Perels (Institut für Politische Wissenschaft der Leibniz Universität Hannover) in einem Gutachten zu Karl Elkart diese Erkenntnisse.

Verfahren zur Umbenennung

Bürgermeister Thomas Hermann und Stadtbezirksbürgermeister Lothar Pollähne (v.l.) enthüllten gemeinsam das neue Straßenschild

Der Drucksache "Grundsätze für die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen" (Nr. 1248/2009) folgend beantragten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Stadtbezirksrat Südstadt-Bult im Februar 2010 daher die Umbenennung der Straße. In der Drucksache heißt es u.a.: "Umbenennungen sollen nur erfolgen [...] wenn eine Benennung einer Persönlichkeit im Nachhinein Bedenken auslöst, weil diese Person Ziele und Wertvorstellungen verkörpert, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Verfassung, der Menschenrechte bzw. einzelner für die Gesamtrechtsordnung wesentlicher Gesetze steht. Zusätzlich zu diesen Bedenken gegen die mit der Person verknüpften Ziele und Wertvorstellungen müssen der durch die Benennung geehrten Person schwerwiegende persönliche Handlungen (Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Rassismus, Kriegsverbrechen u.a.m.) oder die aktive Mitwirkung an einem Unrechtssystem zuzuschreiben sein."

Nachdem es in der Folgezeit aufgrund eines laufenden Verfahrens bzgl. der Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Allee zu einem Verfahrensstopp kam, nahm der Stadtbezirksrat Südstadt-Bult die Umbenennung der Elkartallee im Februar 2014 erneut auf die Tagesordnung. Auf Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wurde die Umbenennung beschlossen. Die 364 betroffenen Anliegerinnen und Anlieger wurden daraufhin um eine Stellungnahme gebeten. Von den insgesamt 89 Personen, die sich zurückgemeldeten, äußerte sich ein Großteil ablehnend gegenüber der Umbenennung. Klagen sind allerdings nicht eingegangen.

Hilde Schneider

Die neue Namensgeberin der Straße, Hilde Schneider, war eine evangelische Christin jüdischer Herkunft, geboren in Hannover am 12. November 1916. Am 2. Januar 1935 trat Hilde Schneider ihren Dienst als Vorprobeschwester im Henriettenstift an. 1936 wurde sie nach der Probezeit als Novizin eingeführt – unter normalen Umständen hätte sie 1940 ihr Krankenschwesternexamen gemacht. Im Oktober 1940 wechselte sie gezwungenermaßen jedoch ins Jüdische Krankenhaus. Am 15. Dezember desselben Jahres wurde Hilde Schneider mit tausend Jüdinnen und Juden aus Hannover nach Riga deportiert. Sie überlebte das Ghetto Riga und die Konzentrationslager Thorn und Kaiserwald, kehrte nach der Zerschlagung der Nazi-Herrschaft nach Deutschland zurück und studierte trotz haftbedingter gesundheitlicher Schäden Theologie und wirkte in ihrem Berufsleben als Seelsorgerin für so genannte Randgruppen, zuletzt als Gefängnisseelsorgerin.