Mit AR-Brille ans Steuer: Bessere Sicht für Staplerfahrer
Forscher aus Hannover wollen die Sicherheit in der Intralogistik erhöhen – mit Hilfe von erweiterter Realität: Künftig sollen Staplerfahrer am Steuer eine Augmented-Realität-Brille tragen, mit der sie durch Hindernisse hindurchsehen können. Zusätzlich können im Sichtfeld Informationen und Warnhinweise eingeblendet werden. An der virtuellen Sichtverbesserung arbeiten Wissenschaftler des Instituts für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH und des Instituts für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) der Leibniz Universität Hannover gemeinsam mit drei großen Gabelstapler-Herstellern und weiteren Industrieunternehmen.
Am Steuer eines Gabelstaplers ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Der Hubmast, das Fahrzeugdach und die Ladung versperren die Sicht. Schon heute helfen Kameras dem Fahrer, den Überblick zu behalten: Ähnlich wie die Rückfahrkamera im PKW erfassen sie Bereiche, die sich nicht einsehen lassen. Doch je mehr der Fahrer auf Bildschirme im Inneren der Kabine schaut, desto größer wird die Gefahr, dass er Hindernisse oder Personen direkt vor dem Fahrzeug übersieht.
Augmented Reality für mehr Sicht – wie funktioniert das?
Forscher aus Hannover arbeiten deshalb an einem neuen Konzept der "virtuellen Sichtverbesserung": In Zukunft sollen Staplerfahrer am Steuer eine AR-Brille tragen. So müssen sie den Blick nicht von der Fahrbahn abwenden und profitieren trotzdem von den Kamerabildern. AR steht für Augmented Reality beziehungsweise Erweiterte Realität. Das bedeutet, dass der Träger einer AR-Brille sowohl die reale Umgebung sieht als auch zusätzliche Informationen, die virtuell eingeblendet werden. Im Falle des Staplerfahrers wird sein reales Sichtfeld vom Kamerabild überlagert. Schaut er beispielsweise direkt nach vorn, sieht er den Hubmast und die Ladung sowie gleichzeitig das Bild der Frontkamera. Legt er den Rückwärtsgang ein und schaut über die Schulter, sieht er das Bild der Rückfahrkamera und gleichzeitig sein reales Sichtfeld. Egal, in welche Richtung er schaut: Es wirkt so, als könne er durch Hindernisse hindurchsehen.
Wer ist am Forschungsprojekt "ViSIER" beteiligt?
Wissenschaft und Industrie arbeiten im Forschungsprojekt "ViSIER – Virtuelle Sichtverbesserung und intuitive Interaktion durch Erweiterte Realität an Flurförderzeugen" eng zusammen. Beteiligt sind das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH, das Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) der Leibniz Universität Hannover, drei Gabelstapler-Hersteller, ein Logistikzentrum, ein Hersteller von Stapler-Bauteilen, ein AR-Dienstleister und ein Dienstleister aus dem Bereich Mikroelektronik. Finanziert wird das Forschungsprojekt "ViSIER" mit Fördergeld des Bundeswirtschaftsministeriums.
Herausforderungen für die Forscher
In den kommenden zwei Jahren müssen sie gemeinsam einige Herausforderungen lösen: Zunächst müssen sie geeignete Orte finden, um Kameras am Gabelstapler zu installieren und einen virtuellen Rundumblick zu ermöglichen – dafür sind die Wissenschaftler am ITA hauptverantwortlich. Sie kümmern sich zudem um den Algorithmus der Bildüberlagerung: Alle Hindernisse, die die Sicht einschränken, sollen von Kamerabildern überlagert werden.
Die Wissenschaftler am IPH beschäftigen sich mit der sogenannten kontextbasierten Informationsanzeige, also mit der Frage, welche zusätzlichen Informationen der Staplerfahrer zu welchem Zeitpunkt benötigt und wie diese in seinem Sichtfeld eingeblendet werden können. Denkbar ist beispielsweise, Auftragsdaten anzuzeigen, damit der Staplerfahrer auf ausgedruckte Listen verzichten kann. Auch Warnhinweise könnten eingeblendet werden – etwa ein niedriger Ladezustand des Staplers oder ein gesperrter Weg. Um den Fahrer nicht zu überfordern und möglicherweise die Verkehrssicherheit zu gefährden, untersuchen die Wissenschaftler am IPH, in welchem Szenario welche Information wirklich benötigt wird. Zudem entwickeln sie eine Gestensteuerung, sodass der Fahrer intuitiv mit der AR-Brille interagieren kann: Mit einfachen Handbewegungen soll er Hinweise ausblenden können – etwa, wenn er eine Warnung zur Kenntnis genommen hat – oder Zusatzinformationen wie beispielsweise Auftragsdaten einblenden können.
So können interessierte Unternehmen mitmachen
Unternehmen, die sich für die virtuelle Sichtverbesserung interessieren, können sich noch am Forschungsprojekt beteiligen. Das Kick-Off-Treffen findet am 27. August 2019 im IPH statt, ein Einstieg ins Projekt ist aber auch später noch möglich. Interessierte Unternehmen melden sich bei Alexander Poschke unter der Telefonnummer 0511/27976-229 oder per E-Mail an poschke@iph-hannover.de.