Medizinische Hochschule

Genauere Vorhersage des Krebsrisikos beim Li-Fraumeni-Syndrom

Eine unter der Fedeführung der Medizinischen Hochschule entstandene Studie aus dem Deutschen Krebsprädispositionsregister identifiziert den entscheidenden Faktor für das Krebsrisiko beim Li-Fraumeni-Syndrom und ermöglicht dadurch genauere Vorhersagen.

Professor Dr. Christian Kratz im Gespräch mit Forschungskollegin Dr. Judith Penkert.

Das Li-Fraumeni-Syndrom (LFS) ist ein Krebsprädispositionssyndrom, das durch krankheitsrelevante TP53-Varianten ausgelöst wird und mit einem massiv erhöhten Risiko für verschiedenste Krebsarten einhergeht. Es stellt eines der wichtigsten genetischen Krebsursachen bei Kindern und Erwachsenen dar. Durch moderne DNA-Analysemethoden werden immer wieder krankheitsrelevante TP53-Keimbahnvarianten bei Personen aufgedeckt, die bisherige etablierte klinische LFS-Testkriterien nicht erfüllen. Dies führte zu einer „Li-Fraumeni Spektrum“ Klassifizierung, die das Erkrankungsspektrum widerspiegelt und atypische LFS-Verlaufsformen berücksichtigt.

Neue Klassifikation

Die neue Klassifikation wurde nun erstmals an Daten des Deutschen Krebsprädispositionsregisters angewandt. In der Studie unter Federführung von Professor Dr. Christian Kratz, Direktor der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), analysierte das Forschungsteam Faktoren, die das Krebsrisiko innerhalb dieses Spektrums beeinflussen. Dabei konnten die Forschenden signifikante Unterschiede im TP53-Variantenspektrum bei Betroffenen mit schweren im Vergleich zu Betroffenen mit weniger schweren Erkrankungsverläufen nachweisen.

Die Art der TP53-Variante ist entscheidend

„Unterschiede in der Schwere der Erkrankungsverläufe hängen mit der Art der krankheitsrelevanten TP53-Variante zusammen“, erklärt Dr. Judith Penkert, Erstautorin der Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift Journal of Hematology & Oncology veröffentlicht wurde. Nach der neuen Klassifizierung wird bei Personen, die bestimmte LFS-Testkriterien erfüllen, ein LFS diagnostiziert, während bei Personen, die diese Kriterien nicht erfüllen, bei denen jedoch eine krankheitsrelevante TP53-Variante vorliegt, ein sogenanntes attenuiertes beziehungsweise atypisches LFS diagnostiziert wird. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass künftige umfassendere Genotyp-Phänotyp-Korrelationen in großen, internationalen Kohorten eine genauere Vorhersage des Krebsrisikos ermöglichen könnten“, sagt Penkert vom Institut für Humangenetik, die aktuell im Team von Professor Kratz  forscht.

141 Personen analysiert

Insgesamt wurden 141 Personen aus 94 Familien mit krankheitsverursachenden TP53-Varianten analysiert. „73 Familien erfüllten die Kriterien für ein LFS. Bei 21 Familien konnten wir ein attenuiertes LFS diagnostizieren. Nach bisher üblichen LFS-Testkriterien wäre die Diagnose bei diesen Personen nicht gestellt worden“, so Penkert.

LFS-Testkriterien sollten angepasst werden

„Unsere Ergebnisse tragen dazu bei, das Erkrankungsrisiko bei TP53-Varianten zukünftig besser einzuschätzen, um Früherkennungsuntersuchungen an das individuelle Risiko anpassen zu können“, sagt Kratz. „Die Feststellung, dass ein wesentlicher Anteil der Patienten bei der Anwendung der bislang etablierten LFS-Testkriterien übersehen wird, legt nahe, dass die Kriterien überarbeitet werden müssen“, betont Professor Kratz, der unter anderem federführend an der Neuklassifizierung des Li-Fraumeni-Spektrums beteiligt war.

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(Veröffentlicht am 19. August 2022)