Plan der Stadt

Künftig keine Sargbeisetzung auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt

Die Stadt Hannover plant, Sargbeisetzungen auf dem Friedhof Badenstedt zu verbieten. Weil im Boden die Verwesung nicht vollständig möglich ist, entstehen sogenannte "Wachsleichen".

Eingang zum Stadtteilfriedhof Badenstedt (neu).

Auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt soll es zukünftig keine Sargbeisetzungen mehr geben. Grund sind die für Erdbestattungen ungeeigneten Bodenverhältnisse. Die städtische Friedhofsverwaltung hat eine entsprechende Beschlussdrucksache erarbeitet, die nun in die Beratung der politischen Gremien geht. Zunächst wird der Stadtbezirksrat Ahlem-Badenstedt-Davenstedt in seiner Sitzung am 7. September 2023 diesen Vorschlag behandeln.

„Mehr als 40 Jahre nach einer Bestattung sind noch schlecht verweste Überreste von Särgen und Verstorbenen vorzufinden, denn die Böden auf dem Stadtteilfriedhof enthalten nicht genug Sauerstoff, um eine vollständige Verwesung zu ermöglichen. Dies liegt an den schluff- und tonhaltigen Böden sowie dem hoch anstehenden Grundwasser“, erläutert Ulrich Prote, Leiter des Fachbereichs Umwelt und Stadtgrün. „Durch den Sauerstoffmangel entstehen sogenannte ‚Wachsleichen‘. Dies entspricht nicht dem im Niedersächsischen Bestattungsgesetz vorgesehenen pietätvollen Umgang mit Verstorbenen“, führt er weiter aus.

Vorhandene Särge bleiben in der Grabstätte

Die Verwaltung hat geprüft, ob ein Bodenaustausch, ein Aufschütten des Geländes oder andere Maßnahmen infrage kämen, um ein Verbot von Sargbeisetzungen zu vermeiden. Doch diese Maßnahmen würden nicht helfen, die Verwesung von Verstorbenen sicherzustellen. Insofern ist der Friedhof nicht für Sargbeisetzungen geeignet. Daher plant die Verwaltung, zukünftig keine neuen Nutzungsrechte für Sargbeisetzungen in Reihen- und Wahlgrabstätten zu vergeben. Bestehende Nutzungsrechte sollen nicht verlängert werden. „Wir sind uns bewusst, dass mit dem Wegfall von Sargbeisetzungen für die Menschen im Stadtbezirk eine weitreichende Entscheidung getroffen wird. Um die Auswirkungen für bestehende Nutzungsrechte so gering wie möglich zu halten, können die Berechtigten daher wählen, ob sie im begrenzten Rahmen weitere Sargbeisetzungen vornehmen möchten oder sich alternativ für eine Umbettung entscheiden“, erläutert Wirtschafts- und Umweltdezernentin Anja Ritschel.

Urnenbestattungen bleiben auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (neu) möglich.

Der Entwurf der Verwaltung sieht weiter vor: Entscheiden sich die Angehörigen für weitere Sargbeisetzungen, können Särge in Erdwahlgräbern mit freien Grabstellen bis zum Ablauf des bisher bestehenden Nutzungsrechtes beigesetzt werden. Anschließend kann das Nutzungsrecht als Urnenwahlgrabstätte fortgeführt werden. Die bisherige Gestaltung des Grabbeetes und des Grabmals kann beibehalten werden. Die vorhandenen Särge verbleiben in der Grabstätte. Alternativ können die nutzungsberechtigten Angehörigen einen Antrag auf Umbettung stellen. Die Stadt trägt die Kosten für die Umbettung aus einem Erdwahlgrab, wenn ein fristgerechter Antrag eingereicht wurde.

Ratsgremien beschließen

Die Fristen sollen in einer Allgemeinverfügung definiert werden, die die Stadt erstellt, wenn die Drucksache von den Ratsgremien beschlossen wurde. Die Verwaltung rechnet damit, dass die politischen Beratungen Anfang 2024 abgeschlossen werden. „Damit niemand der rund 540 nutzungsberechtigten Angehörigen die Fristen verpasst, werden nach Beschluss durch den Verwaltungsausschuss alle schriftlich von der Friedhofsverwaltung informiert und zum weiteren Vorgehen in Bezug auf die Grabstätte beraten“, erläutert Fachbereichsleiter Prote.

Die Verwaltung hatte bereits 2020 eine Drucksache in den Stadtbezirksrat eingebracht, die jedoch vollständig überarbeitet wurde. Anlass für die 2020 erstellte Drucksache war, dass zum damaligen Zeitpunkt nur noch wenige Reihengräber zur Verfügung standen. Das bedeutet, dass in die bisherigen Reihengräber bereits zum dritten Mal Verstorbene beigesetzt werden müssten, was die Verwesung der Leichen noch weiter erschweren würde. Da die Boden- und Grundwasserverhältnisse auf dem gesamten Friedhof gleichermaßen ungeeignet sind, sollen mit dem Beschluss zukünftig Sargbeisetzungen nicht mehr möglich sein. Hiervon betroffen sind rund 25 Prozent der durchschnittlich 118 Bestattungen auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt. Urnenbeisetzungen machen bereits heute den überwiegenden Teil (75 Prozent) der Beisetzungen aus.

Beispiel für die geplante neue Regelung

Nach Beschluss der Drucksache wird 2024 eine Allgemeinverfügung wirksam. Frau A hat zu diesem Zeitpunkt ein Nutzungsrecht an einer zweistelligen Erdwahlgrabstätte bis 2034. In einer der beiden Stellen wurde 2014 der Vater von Frau A beigesetzt. 2033 verstirbt die Mutter von Frau A. Die Mutter kann in der zweiten Stelle beigesetzt werden, da das Nutzungsrecht zum Zeitpunkt der Allgemeinverfügung bis 2034 besteht.

Gleichzeitig muss die Ruhezeit der Mutter (20 Jahre) eingehalten werden. Frau A muss daher die Grabstätte für die Zeit von 2034 bis 2053 verlängern. Sie nutzt die Grabstätte für die Ruhezeit eines Sarges, sodass die Gebühr für ein doppelstelliges Erdwahlgrab fällig wird.

Mit der Beisetzung der Mutter ist ausgeschlossen, dass weitere Särge beigesetzt werden können, da die Grabstelle des Vaters und die der Mutter während des vor dem Wirksamwerden der Allgemeinverfügung bestehenden Nutzungsrechtes belegt wurden.

2037 verstirbt der Onkel von Frau A. Dieser kann als Urne in der Grabstätte beigesetzt werden. Auch für die Urne muss eine Ruhezeit von 20 Jahren eingehalten werden. Frau A muss daher die Grabstätte (bisher bis 2053 erworben) um weitere vier Jahre verlängern. Da die Grabstätte zu diesem Zeitpunkt nur noch für Urnen genutzt werden kann, werden für die vier Jahre die Gebühren einer Urnengrabstätte (in diesem Fall für 1,5 Quadratmeter) fällig.