Neue Strukturen

Kulturentwicklungsplan der Landeshauptstadt legt Schwerpunkt auf Diversität

Hannover ist eine Einwanderungsstadt. Ein Ziel des Kulturentwicklungsplans ist, dass sich das Kulturangebot in Hannover diesen gesellschaftlichen Entwicklungen anpasst und unter der Überschrift Diversität neue Strukturen schafft. In der Sitzung vom 15. September des Kulturausschusses wurden beispielgebende Projekte vorgestellt.

Darunter der Beirat „Dekolonisierendes Erinnerungskonzept“, mit dem die Erinnerungskultur ihren Fokus erweitert, der bisher insbesondere auf dem kritischen Umgang mit der NS-Geschichte liegt. Weitere Akzente setzen die Musikschule mit dem Projekt „Musik Global“, das Stadtarchiv mit dem Startschuss für ein Einwanderungsarchiv sowie das Postmig Writers Collective Hannover mit dem „Collecting Dreams Festival“.

Neuer Schwerpunkt der Musikschule mit „Musik Global“

Die städtische Musikschule hat das Selbstverständnis, mit ihren Angeboten die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft abzubilden und alle Menschen in Hannover mit einem diversen vielseitigen musikalischen Bildungsprogramm gleichermaßen anzusprechen. Dies spiegelt sich im Kollegium und bei den Schüler*innen wider. Es wurden deshalb gezielt Musiker*innen zum Beispiel aus der Ukraine, dem Iran, der Türkei, der Mongolei, Korea, China, Indonesien aber auch aus Südamerika, Osteuropa, dem orientalischen und afrikanischen Kulturraum eingestellt, die auf Instrumenten, mit Gesang oder Bewegung aus deren jeweiligem Kulturraum Musikunterricht geben.

Kaveh Madadi - Lehrer für orientalische Percussion an der Musikschule der Landeshauptstadt Hannover

Ein Kernstück ist das Zusammenspiel über Grenzen hinweg im transkulturellen Ensemble Polypol. Flankiert wird das Aktionsprogramm „Musik Global“ durch musikalische Projekte, die zusammen mit den jeweiligen Communitys entwickelt werden. Die Musikschullehrer*innen bilden sich darüber hinaus gezielt in der Thematik der Diversität weiter und beteiligen sich aktiv am aktuellen Diskurs über Rassismus und kulturelle Aneignung.

Am 6. Oktober feiert die Musikschule ihr 70-jähriges Bestehen mit einem öffentlichen Festakt im Galeriegebäude Herrenhausen. Im musikalischen Programm mit dem Thema „Das Paradies“ wird Musik unterschiedlicher musikalischer Kulturen präsentiert, in einem Festvortrag das Thema „Kulturelle Diversität“ von Leyla Ercan reflektiert.

Am 7. Oktober geht es ebenfalls in der Galerie in Herrenhausen mit einem musikalisch diversen Aktionstag weiter. Workshop-Ergebnisse aus „Musik Global“ werden im Stundentakt erklingen, alle Besucher*innen sind zu Mitmachaktionen eingeladen, wie zum Beispiel zum Kennenlernen persischer Instrumente oder zum interaktiven Konzert „Die bunten Vögel“ nach einer afrikanischen Erzählung.

Stadtarchiv startet Projekt zum Einwanderungsarchiv in Kooperation mit Universität Osnabrück

Hannover ist eine Einwanderungsstadt. Die Menschen, die aus anderen Teilen der Welt nach Hannover kamen, trugen und tragen ebenso wie deren Nachfahren erheblich zur kulturellen Vielfalt der Stadtgesellschaft bei. Auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen sind weitreichend und nachhaltig.

Ausschnitt aus "Hannoversche Post - Türkisch-Deutsche Freundschaftszeitung"

Das Stadtarchiv Hannover, die älteste Gedächtnisinstitution der Stadt, dokumentiert diese Entwicklung bisher vor allem in Unterlagen der Stadtverwaltung und politischer Gremien. Hier lassen sich viele grundlegende Informationen über Verwaltung und Politik gewinnen, die Vielfalt der Lebensstile und Lebenserfahrungen wird hingegen nur oberflächlich wiedergegeben.

Diese Lücke soll mit dem Aufbau eines „Einwanderungsarchivs“ geschlossen werden. Es geht darum, Dokumente und Erinnerungen von Hannoveraner*innen mit Migrationserfahrungen gezielt zu sammeln, sie zu bewahren und ihre Geschichte für Forschung und Bildung zugänglich zu machen. Das Einwanderungsarchiv ist ein Baustein des geplanten „Bürger*innenarchivs“, das im Rahmen des Kulturentwicklungsplans 2030 der Landeshauptstadt Hannover aufgebaut werden soll.

Für ein umfassendes und wissenschaftlich basiertes Vorgehen kooperiert das Stadtarchiv Hannover mit Prof. Dr. Christoph Rass, Prof. Dr. Lale Yildirim und Dr. Frank Wolff vom Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück . Das Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren.

Stadtarchiv und IMIS richten dazu eine gemeinsame Arbeitsgruppe ein. Diese erstellt ein umfassendes Konzept, organisiert Workshops mit Expert*innen, potenziellen Schenkenden und Depositalgeber*innen, um sie dafür zu gewinnen, dem Stadtarchiv aussagekräftige historische Dokumente zu übergeben.

Die Durchführung des Projektes vor Ort übernimmt ein*e wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in, der*die insbesondere auf eine enge Vernetzung zwischen dem Archiv und Menschen mit Migrationserfahrung oder migrantisch geprägten Vereinen oder Organisationen hinwirken wird. Von zentraler Bedeutung ist es dabei, Vertrauen zu schaffen, um gemeinsam die vielfältige Geschichte Hannovers dauerhaft zu dokumentieren.

Das Postmig Writers Collective Hannover bereichert die Literaturszene

Bereits seit Sommer 2021 aktiv sind die Postmig Writers, ein Kollektiv aus Schreibenden aus Hannover und der Region in der Trägerschaft von Prisma Queer Migrants e.V. Das Kollektiv besteht aus Schriftsteller*innen, Theatermachenden, Grafic Novellist*innen und Poetry Slammer*innen von People of Color, Menschen mit Migrationserbe, Muslim*innen, Jüd*innen, aber auch insbesondere von Menschen, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind.  

Festivalteam (Post-)migrantisches Literaturfestival

Ein Projekt des Kollektivs ist das „Collecting Dreams Festival“, das erste postmigrantische Literaturfestival Hannovers, das am vergangenen Wochenende stattgefunden hat - mit Lesungen namhafter Autorinnen wie Kübra Gümüsay und Hadija Haruna-Oelker, und Musikbeiträgen von Musiker*innen of Color. Unter dem Motto „Your story matters to all of us“ hat das Festival angeregte Diskussionen über Diversität im Literaturbetrieb und Erinnerungskulturen in der postmigrantischen Gesellschaft angeboten. Schreib- und Awareness-Workshops sowie Erzählbühnen haben auch dem Publikum interaktive Räume geöffnet.