Klimawandelanpassung

Prinzenstraße soll „blaugrüne Kulturpromenade“ werden

Die Prinzenstraße in Hannovers City soll umfassend umgestaltet und zu einem Vorzeigeprojekt als „klimawandelangepasste Straße der Zukunft“ werden. Auf Basis einer vorliegenden Machbarkeitsstudie hat die Verwaltung diese Idee konzeptionell weiterentwickelt und diese am 27. September im Rahmen eines Pressegesprächs im Neuen Rathaus vorgestellt. 

Stellten die Ideen für die Prinzenstraße vor: Stadtbaurat Thomas Vielhaber, Wirtschafts- und Umweltdezernentin Anja Ritschel, Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf und Oberbürgermeister Belit Onay. 

Der Planungsansatz ist, alle zukunftsrelevanten Aspekte miteinander in Einklang zu bringen: Stadtgeschichte, Stadtgestaltung, Klimawandelanpassung, Verkehrswende und Kulturdreieck. Neben Verkehrsberuhigung, Begrünung und kultureller Nutzung stehen unter anderem die Speicherung und Nutzung von Regenwasser im Blickpunkt.

Blaugrüne Kulturpromenade

„Aus der nicht mehr schönen und nicht mehr funktionalen Prinzenstraße soll eine grüne Stadtstraße werden, auf der Fußgänger*innen und Radfahrende den neuen Stadtraum beleben und vielfältig nutzen können. Auch Kunst und Kultur verbessern die Aufenthaltsqualität und machen diesen Ort attraktiver“, sagt Oberbürgermeister Belit Onay. „Besonders bei diesem Projekt der ‚blaugrünen Kulturpromenade‘ ist, dass Klimawandel, Funktionalität und Kultur zusammengedacht werden“, betonte Onay bei der Vorstellung dieses Planungszwischenstands.

„Die Folgen des Klimawandels treffen Innenstädte aufgrund des hohen Versiegelungsgrades in besonderem Maße und werden zunehmend sicht- und spürbar. Die vorgelegte Studie zeigt, dass es viele innovative Umgestaltungsmöglichkeiten gibt, um die Prinzenstraße zukunftsfähig zu einer Straße zu entwickeln, in der Hitze- und Starkregenvorsorge sowie Wassermanagement in geeigneter Weise berücksichtigt werden“, ergänzt Wirtschafts- und Umweltdezernentin Anja Ritschel.

Attraktiver Stadtraum oberirdisch, Zisterne unter der Straße

Die Planungsüberlegungen einen zentralen Fahrradboulevard statt Durchgangsverkehr und Fahrbahnrandparken für Autos vor. Die privaten Grundstücke blieben gut erreichbar, insbesondere die Anlieferung des Staatstheaters mit Bühnenelementen, aber auch für Entsorgung und Notverkehre.

Der für die Landeshauptstadt Hannover typische Grundriss der klassizistischen Ernst-August-Stadterweiterung mit seinen eleganten Achsen und geometrischen Plätzen könnte nach diesen Vorstellungen eine grüne Kontur bekommen: eine Baumreihe, die sich geradlinig vom Thielenplatz bis zum Schiffgraben zieht. Der Thielenplatz erhält vor dem Kaiserhaus (Paulaner) eine stattliche Baumgruppe in einem bepflanzten Beet mit umlaufender Sitzgelegenheit.

Das Besondere an der Prinzenstraße soll künftig der Umgang mit dem Regenwasser sein: Ein Teil des Wassers wird demnach in großen, schollenartigen Baumbeeten aufgefangen, vorgefiltert und versickert in den Wurzelraum der Bäume. Für den anderen Teil dient eine unterirdische Zisterne als Speicher und Wassertankstelle, aus der in Trockenperioden unterirdisch eine sensorgesteuerte, automatische Bewässerung der Bäume erfolgt. An einer oberirdischen Zapfstelle können städtische Bewässerungsfahrzeuge Wasser aufnehmen und etwa die Grünflächen rund um den Opernplatz bewässern. Smarte Technologie wird den Füllstand der Zisterne regeln und durch eine Verknüpfung mit den Regenradardaten des Deutschen Wetterdienstes vor größeren Regenereignissen eine automatische Entleerung initiieren, damit dann das volle Speichervolumen zur Verfügung steht. Wassernebelerzeugende (Kunst-)Objekte sorgen an heißen Tagen bedarfsgesteuert für Kühlung. Im Rahmen der Maßnahme „Hitze.Wasser.Management“ sind die intelligente Wassertankstelle und die geplanten Wasserelemente Teil der hannoverschen „Smart City“-Initiative „Restart: #HANnovativ“.

Daneben hat die Stadtverwaltung vor, in Zusammenarbeit mit den privaten Gebäudeeigentümer*innen die Möglichkeiten von Fassadenbegrünungen auszuloten, um positiv zum Klima in der Prinzenstraße beizutragen. Weitere umfangreiche Entsiegelungsmaßnahmen sollen dem Umfeld der Villa am Schiffgraben zugutekommen. Die grüne Fläche kann um weitere Bäume ergänzt werden, um den historischen Parkcharakter am Schiffgraben wiederaufleben und den „Borghesischen Fechter“ besser zur Geltung kommen zu lassen.

Künstlerische „Agora“ als Kontrast zur Laves-Achse

Nach dem Konzept soll die Prinzenstraße als höhengleicher, hochwertig gepflasterter Stadtraum gestaltet werden, um sie besser barrierefrei nutzbar zu machen. Auch eine Vielzahl von Fahrradbügeln könnte entstehen. Der Thielenplatz würde sich zwischen den belebten Gastronomien mit Aufenthaltsqualität aufspannen und ins Kulturdreieck einladen. Der Prinzenstraße als Teil des Kulturdreiecks um Opernhaus, Künstlerhaus und Schauspielhaus kommt in der städtischen Vision einer Stadtentwicklung durch Kultur eine besondere Rolle zu.

So könnte die Prinzenstraße nach der Umgestaltung aussehen.

Vor dem Schauspielhaus soll sich künftig das Foyer zu einem kulturell aktiven Vorplatz öffnen. Die Idee einer künstlerischen „Agora“ spielt bewusst mit einem Kontrast zur gradlinigen Laves-Achse. Sie bezieht sich auf die Idee aus der Kulturhauptstadtbewerbung, in der Agoren im öffentlichen Raum die gesellschaftlichen Herausforderungen über künstlerische Mittel verhandeln. Damit sollen Kunst und Kultur hier direkt Bezug zu den baulichen und umwelt- und klimaschützenden Funktionen in der neu geplanten Prinzenstraße nehmen. Die Agora würde ein Haupt-Gestaltungselement werden, ergänzt durch weitere künstlerische Puzzleteile, die sich in der gesamten Straße wiederfinden und ein spannendes Gesamtbild ergeben.

Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf: „Wir wollen hier einen Anziehungspunkt schaffen, der Menschen einlädt sich in der Prinzenstraße aufzuhalten. Kunst wird dabei das aktivierende und verbindende Element - angedacht sind Skulpturen, die gleichzeitig Kunstwerk und Mobiliar sein können. Oder schattenspendende künstlerische Elemente, hängend über den Köpfen als schwebendes Objekt, eine künstlerisch gestaltete Wassertankstelle oder interaktive Lichtkunst.

“Künstlerische „Licht-Klang-Brücken“ auf der Prinzenstraße könnten die vorhandenen Abspannmaste der früheren Stadtbahn-Oberleitung zu multimedialen künstlerischen Objekten umfunktionieren (im Rahmen der Maßnahme „Kultur.Dreieck“ von „Restart: #HANnovativ“). Die Idee dazu wurde im Rahmen des Kultur-Hackathons zum Kulturdreieck im aufhof entwickelt.

„Mit der Prinzenstraße möchten wir – wie im integrierten Innenstadtkonzept festgehalten – ein weiteres Maßnahmenpaket qualitätssteigernder Umgestaltungen im öffentlichen Raum und hier speziell in der klassizistischen Ernst-August-Stadt auf den Weg bringen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, diesen für Hannover so typischen Straßenräumen ihre Eleganz zurückzugeben und sie mit klimafreundlichem Stadtgrün und schöner Ausstattung zu ‚Grünen Laves-Promenaden‘ weiterzuentwickeln. Sie bieten im Kulturdreieck Raum zum angenehmen Flanieren, für Aufenthalt und zu kulturellen Erlebnissen“, fasst Stadtbaurat Thomas Vielhaber zusammen.

Weiteres Vorgehen

Diese konzeptionellen Überlegungen der Verwaltung befinden sich noch in einem frühen Stadium, Zeitplan und Finanzierung sind bisher nicht festgelegt. Der Beschluss des Rates zum Verkehrskonzept ist Voraussetzung für die weiteren Schritte. Dies wären unter anderem die weitere ingenieurtechnische, verkehrsplanerische und stadtgestalterische Ausplanung der Maßnahme, die Bereitstellung der Mittel, die Beteiligung der Anlieger*innen und die Beratung und Beschlussfassung durch die Politik und die Bauausführung.

Dabei steht die Maßnahme in engem Zusammenhang mit anderen Bauvorhaben im innerstädtischen öffentlichen Raum, auch im Hinblick auf die Anforderungen aus dem integrierten Innenstadtkonzept und dem integrierten Mobilitätskonzept. Die Verwaltung geht davon aus, dass bei politischem Willen eine Umsetzung frühestens ab 2026 erfolgen kann.

Machbarkeitsstudie „Klimawandelangepasste Straße der Zukunft“

Die Folgen des Klimawandels treffen Städte und insbesondere Innenstädte aufgrund des hohen Versiegelungsgrades und des geringen Anteils an Grün- und Wasserflächen in besonderem Maße und werden zunehmend sicht- und spürbar. Die Hitzebelastung, Trockenperioden und die Gefahr durch Überflutungen nach Starkregenereignissen nehmen kontinuierlich zu. Die Verwaltung hatte daher im Auftrag des Rates im Oktober 2022 mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im „Sofortprogramm Perspektive Innenstadt“ des Niedersächsischen Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung beim Planungsbüro Hennings Larsen GmbH (Hamburg) eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, ob und wie die Prinzenstraße zu einer klimawandelangepassten Straße der Zukunft umgebaut werden könnte. Die vorgelegte Studie hat viele innovative Umgestaltungsmöglichkeiten hervorgebracht, um die Prinzenstraße zukunftsfähig zu einer Straße zu entwickeln, in der Hitze- und Starkregenvorsorge sowie Wassermanagement und die Verbesserung der Aufenthaltsqualität eine besondere Rolle spielen und die so beispielgebend für die weitere Umgestaltung der Innenstadt sein kann. In drei verschiedenen Planungsvarianten werden die Maßnahmenbausteine unterschiedlich kombiniert und jeweils Begrünungs-, Entwässerungs- und Aufenthaltskonzepte entwickelt.

Die Machbarkeitsstudie ist unterhalb dieser Meldung zu finden. Darüber hinaus ist unter www.wissen-hannover.de ein achtminütiges Video zu sehen, das zeigt, wie Hannover mit dem Klimawandel umgeht. Es ist in Zusammenarbeit mit dem Institut für Meteorologie und Klimatologie der Leibniz Universität Hannover entstanden.