Erinnerungskultur

Stadttafel zur Erinnerung an die "Wohnsiedlung Hannover Mühlenberg" enthüllt

Mit einer neuen Stadttafel wird an die Geschichte und städtebauliche Entwicklung der „Wohnsiedlung Hannover Mühlenberg“ seit der Grundsteinlegung 1965 erinnert. Bezirksbürgermeister Andreas Markurth hat die Stadttafel, die stellvertretend für das gesamte Wohngebiet am Stadtteilzentrum Weiße Rose angebracht wird, am Dienstag, 27. Juni, am Stadtteilzentrum Weiße Rose enthüllt.

Brigitte Hurtzig, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mühlenberg/Bornumer Vereine und Verbände e.V. (AMBV) und Bezirksbürgermeister Andreas Markurth enthüllen die neue Tafel am Stadtteilzentrum Weiße Rose. 

Zur Geschichte und städtebauliche Entwicklung der „Wohnsiedlung Hannover Mühlenberg“

Ursprung der Siedlung war 1942 zunächst ein Lager für mehr als 3.000 hauptsächlich ausländische Menschen, die in umliegenden hannoverschen Betrieben unfreiwillig Zwangsarbeit leisten mussten. Im Februar 1945 wurden das vorhandene Barackengelände als KZ-Mühlenberg umfunktioniert und etwa 500 männliche Häftlinge – überwiegend polnische und ungarische Juden –zur Rüstungsarbeit bei der Hanomag gezwungen.

Stadttafel Wohnsiedlung Hannover Mühlenberg

Am 6. April löste die SS das KZ Mühlenberg auf und trieb die Häftlinge auf einen Evakuierungsmarsch nach Bergen-Belsen. Kranke und nicht mehr marschfähige Häftlinge wurden erschossen oder mit Lastkraftwagen dorthin verbracht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten die Baracken noch jahrelang als Behelfsunterkünfte; die letzten wurden erst 1960 abgerissen.

Wegen der katastrophalen Wohnbedingungen war die Wohnsiedlung Mühlenberg damals als „Schandfleck Hannovers“ verrufen und seine Bewohner*innen übel beleumundet.

Insbesondere das 1977 am Mühlenberg eröffnete Freizeit- und Bildungszentrum Weiße Rose engagierte sich dafür, die Geschichte der Lager auf dem Mühlenberg aufzuarbeiten: Mit Sonderausstellungen und Publikationen, an denen vielfach auch Schüler*innen beteiligt waren und sind, wird die öffentliche Erinnerung an die KZ-Geschichte bis heute wachgehalten.

Darüber hinaus ist eine Vielzahl der Straßen am Mühlenberg nach Menschen benannt, die aktiv gegen das nationalsozialistische Regime Widerstand leisteten.

Die Stadtteilbibliothek, Schüler*innen und Lehrer*innen der IGS sowie Verantwortliche im Freizeit- und Bildungszentrum Weiße Rose erarbeiteten Kurzbiografien der Namensgeber*innen.

Unter Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht (amtierend von 1948 bis 1975 – er initiierte auch das Konzept der Stadttafeln) wurde ein Flächennutzungsplan für Hannover ausgearbeitet, der den Mühlenberg Mitte der 1950er-Jahre als Neubaugebiet auswies.

Am 3. August 1964 wurde dieser Plan durch den Regierungspräsidenten genehmigt, im Mai 1965 erfolgte die Grundsteinlegung und im November 1966 bezogen die ersten Bewohner*innen ihre neuen Wohnungen in der Leuschnerstraße.

Bis Ende der 1960er-Jahre waren die Häuser im nördlichen Areal zwischen Beckstraße und Leuschnerstraße sowie erste Seniorenwohnungen am Canarisweg fertiggestellt.

In der zweiten Planungsphase Anfang der 1970er-Jahre wurden maßgebliche Erweiterungen entwickelt. Erklärtes Ziel war die „Verwirklichung modernen Städtebaus“ durch

  • Bebauung mit Hochhäusern
  • Anlegen einer Ringstraße
  • Schaffen eines Schulzentrums
  • Bau eines Einkaufszentrums mit Parkhäusern
  • Straßen- und Wegenetz durch die Bebauung,
  • Straßenführung teilweise unter den Hochhäusern hindurch, u.a..

Der Mühlenberg entwickelte sich zu einer Großwohnsiedlung und dank des hartnäckigen Engagements von Bewohner*innen und ihren konkreten Forderungen entwickelte sich das Quartier weiter. Es entstanden Einkaufsmöglichkeiten, Kinderspielplätze, das Schulzentrum, die Stadtteilbibliothek, das Freizeit- und Bildungszentrum Weiße Rose. Das Kirchenzentrum und der Markt folgten in den 1980er-Jahren. 1977 wurde der Stadtteil ans Straßennetz angebunden.