Den Sprengel Preis der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur erhält 2025 Sven-Julien Kanclerski. Der in Hannover lebende Künstler möchte das Preisgeld in Höhe von 12.500 Euro sowie das beinhaltete Reisestipendium „Niedersachsen in Europa" nutzen, um künstlerisch das zweite Leben von ausrangierten Continental-Autoreifen in Rumänien zu dokumentieren.
Auf der Spur der ausrangierten Reifen
Sven-Julien Kanclerski plant, das Stipendium für eine Zugreise nach Timişoara, Rumänien, auf den Spuren der Fabrikation der Continental-Autoreifen zu nutzen. „In Ländern wie Rumänien werden Altreifen oft kreativ wiederverwendet, beispielsweise auf Kinderspielplätzen, für Blumenkübel und als bunte, funktionale Skulpturen im öffentlichen Raum, als Wellenbrecher oder als Ummantelung, um Stoßkanten sicherer zu machen. Diese Nutzung und das ambivalente Thema von Reifen, auch als ikonisches Objekt innerhalb der Kunst, interessieren mich sowohl aus skulpturaler als auch aus umweltbewusster Perspektive. Diese Parallele zu meiner eigenen Arbeit, in der ich alltägliche, ikonische Objekte verwandle und ihnen eine neue Bedeutungsebene gebe, fasziniert mich. Ziel meines Projekts ist es, die unterschiedlichen Ansätze und skurrilen Lösungen für das Reifenproblem auf meiner Reise in Rumänien zu erfassen, fotografisch zu dokumentieren und ein Reisetagebuch zu verfassen. Diese Notizen und Beobachtungen sollen später in einem Katalog und innerhalb einer Ausstellung als Installation gezeigt werden", so der Künstler.
Die künstlerische Perspektive von Sven-Julien Kanclerski
Sven-Julien Kanclerskis Arbeiten sind häufig von einem bewusst hergestellten Zwischenzustand geprägt: Bekanntes wird verfremdet, verliert seine eindeutige Funktion und öffnet sich für neue, vieldeutige Lesarten. Im Rahmen seines aktuellen Projekts, das während des Reisestipendiums „Niedersachsen in Europa“ bei Erkundungen in Rumänien entstand, fotografierte Kanclerski Artefakte, Spuren und Alltagssituationen. Seine fotografisch dokumentierten Beobachtungen dienen ihm als Ausgangspunkt für neue Installationen und Skulpturen, die Fragen zu Nachhaltigkeit, kultureller Aneignung und industrieller Verantwortung aufwerfen. Kanclerski überträgt maßgenau Stromkästen, Telefonzellen, Pförtnerhäuschen-Fassaden und eine Bushaltestelle in den Ausstellungsraum. Sie haben ihre Funktion verloren und können ihr künstlerisches Potential voll entfalten. Sie präsentieren sich veredelt und in anderem Material. Es wird eine dystopische, bedrückende Stadtkulisse erzeugt, in der es auch Humorvolles zu entdecken gibt.
Kuratiert von Nora Niefanger.