Wie viel Freiheit will der Mensch. Also wirklich. Hält er sie überhaupt aus? Vor fast 150 Jahren hat Fjodor Dostojewskij diese brisante Frage in seiner Erzählung vom „Großinquisitor“ gestellt. Spontan würden wir sagen: Freiheit ist das höchste Gut, nach dem alle streben. Für ihre Memoiren wählte Angela Merkel als Titel ausgerechnet: „Freiheit“. „Freedom“ war der Wahlkampfsong von Kamala Harris bei der US-Wahl 2024 gegen Donald Trump; doch offenbar wog der Wunsch nach Freiheit weniger schwer als der Wunsch nach Führung und Autorität, nach dem vermeintlich starken Mann, der Orientierung und Sicherheit verspricht, auch um den Preis vieler Freiheiten. Und wenn wir tief in uns hineinhorchen: Überfordert uns die Freiheit nicht auch oft? Wäre es nicht angenehmer, jemand würde uns all das abnehmen?
Dostojewskij berichtet von Jesus, der zur Zeit der spanischen Inquisition auf die Erde zurückkehrt, vom katholischen Großinquisitor, der ihn einsperrt und verhört, und von einem brennenden Kuss. Ensemblemitglied Michael Lippold holt die Geschichte als teuflischen Monolog in den Ballhof.
Hans Dreher und Michael Lippold lernten sich 2005 am Schauspielhaus Bochum kennen, als Dreher Regieassistent war und mit dem „Traum eines lächerlichen Menschen“ seine erste Inszenierung vorlegte — ebenso nach einer Erzählung von Dostojewskij und ebenfalls als Solo mit Michael Lippold. Später eröffnete Dreher in Bochum das Rottstr 5 Theater, eine inzwischen legendäre Off-Spielstätte, die er zehn Jahre leitete. Dort entstand „Der Großinquisitor“, der zuletzt auch am Schauspielhaus Bochum zu sehen war. Von 2019 bis 2025 leitete Hans Dreher als Co-Intendant das Prinz Regent Theater in Bochum.