Der Deisterkreisel

Route 4: Von Bad Münder nach Bad Nenndorf

"Von Schlössern und Söltjern" - Zahlreiche Adelshöfe, Wasserburgen und -schlösser säumen die 25 km lange Strecke zwischen Bad Münder und Bad Nenndorf. Die beiden Orte, Ausgangs- und Zielpunkte der Route, verdanken ihre Entwicklung den geologischen Schätzen der Region: Seit Jahrhunderten wird die wohltuende Wirkung der Mineralquellen für Kuren genutzt.

Kur- und Landschaftspark in Bad Münder

BAD MÜNDER
„Muni-mere“ - unter diesem Namen wurde Bad Münder erstmalig um 800 urkundlich erwähnt. Schon der Name deutet auf die faulig riechenden Quellen hin. Nachweislich begann die Salzgewinnung um 1033 und sollte bis 1924 andauern. Das Salz wurde aus der Saline und aus Gradierwerken gewonnen. Die Gradierwerke wurden später abgerissen, doch seit 1999 steht ein kleines Gradierwerk im Kurpark und dient heute der Sole-Inhalation.

Bereits im 19. Jahrhundert wurden die salzhaltigen Quellen zu Heilzwecken genutzt. Seit 1936 führt Münder das Prädikat „Bad“ im Namen. Auch heute noch ist das Salzvorkommen für die Wirkung der Heilquellen verantwortlich. Sole, Schwefel, Eisen und Bitterwasser, wesentliche Bestandteile des Quellwassers, sind die Basis für die vielfältigen Kur-, Gesundheits- und Wellnessangebote und somit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Bad Münder.

Doch Bad Münder hat noch mehr zu bieten. Zahlreiche enge Straßen und kleine Plätze mit Brunnen und sehenswerten Fachwerkhäusern sowie Gebäuden im Stil der Renaissance und des Klassizismus beherbergen heute Cafés und kleine Geschäfte. Sie geben Bad Münder einen besonderen Charme und laden zu einer Stadtexpedition ein. In der Mitte der Altstadt steht die St. Petri-Pauli- Kirche, deren Turm das älteste Bauwerk von Bad Münder ist. An der Kirche können die Baustile aus mehreren Jahrhunderten besichtigt werden.

Von Bad Münder aus führt die Fahrradroute zunächst Richtung Nettelrede. Der Ortsname leitet sich von der Brennnessel ab, deren Fasern zu Stoff, dem Nessel, verwebt wurden. Hinter Nettelrede führt die Strecke stetig bergan nach Luttringhausen. Oben angekommen entschädigt der Ausblick über die Deisterkuppen und zum Süntel hin für die Mühe. Gleich am Ortseingang liegt links das Rittergut Luttringhausen.

RITTERGUT LUTTRINGHAUSEN
Das Gut wird 1406 im Besitz derer von Wettberg(en) erwähnt. 1644 ging es in das Eigentum der Familie von Lenthe über, deren Nachkommen noch heute hier leben. Das Gutshaus ist ein holzverschalter Fachwerkbau und trägt die Jahreszahl 1691 über dem Portal. Außerdem gehören zum Gutshof das 1995 renovierte ehemalige Pächterhaus und einige Fachwerkscheunen. Ein Park mit einem schönen alten Baumbestand umgibt das weitläufige Rittergut. Die Anlage steht unter Denkmalschutz und kann von außen besichtigt werden – immer mit Rücksicht auf den Wirtschaftsbetrieb und die Privatsphäre.

EIMBECKHAUSEN
In Eimbeckhausen biegt der Deisterkreisel vor dem Ortskern nach rechts ab, führt um die Kirche herum, durch ruhige Straßen ans Ortsende und dort wieder zurück auf den Radweg längs der stark befahrenen Bundesstraße (B 442).

Die St. Martinskirche, deren Grundriss die Form eines griechischen Kreuzes hat, ist romanischen Ursprungs. Schon von weitem ist ihr Turm zu erkennen. Das schönste Stück in der Kirche ist der gotische Flügelaltar mit seinen gut erhaltenen Figuren.

Im Ort befindet sich zudem das „Deutsche Stuhlmuseum Eimbeckhausen“, welches von der Geschichte des Stuhlbaus im Deister-Süntel-Tal erzählt. Von 1820 bis in die 1970er Jahr hinein prägte die Stuhlindustrie die Region. Zeitweilig wurde Einbeckhausen das Stuhldorf genannt. Am Ortsausgang von Eimbeckhausen geht rechts (Waltershagener Straße) eine landschaftlich sehr schöne und aussichtsreiche, aber nicht ausgeschilderte Alternativstrecke (5 km) nach Messenkamp ab, einem Ort mit interessanten Fachwerkgebäuden. Sie beinhaltet mehrere kräftige Anstiege und Abfahrten auf Feld- und Schotterwegen. Daher ist die Strecke nur bei trockenem Wetter und guter Kondition zu empfehlen. Beim Erreichen des oberen Ortsrandes von Eimbeckhausen biegt man links auf den Feldweg ab, dann rechts und hält sich nun parallel zur im Tal verlaufenden Bundesstraße (B 442). In Messenkamp trifft die Alternativstrecke wieder auf die ausgeschilderte Route 4 des Deisterkreisels.

Hinter Einbeckhausen verläuft der ausgeschilderte Deisterkreisel zunächst weiter an der Bundesstraße entlang. Nach wenigen hundert Metern biegt er links nach Rohrsen ab und erreicht über Schmarrie den Ort Hülsede.

HÜLSEDE - WASSERSCHLOSS UND AEGIDIENKIRCHE
Claves von Rottorp ließ von 1529 bis 1548 das Wasserschloss Hülsede mit Wall, vier Ecktürmen und zwei Gräben errichten. Bereits 1585 übernahm die Familie von Mengersen das Schloss und ergänzte die Anlage im Stil der Weserrenaissance. Das seit 400 Jahren im Besitz der Familie Mengersen befindliche Schloss steht unter Denkmalschutz und wird seit 1979 behutsam restauriert. Am Eingangstor informiert eine Tafel über die Geschichte des Wasserschlosses. Der Außenbereich ist bis zum Innenhof zu besichtigen – immer mit Rücksichtnahme auf die Privatsphäre der hier lebenden Besitzer. Die Räder sollten vor dem Tor bleiben. Im Schloss finden Konzerte und Ausstellungen statt. Teilbereiche können für private oder öffentliche Veranstaltungen gemietet werden.

Sehenswert ist die Aegidienkirche, die um 1300 im gotischen Stil errichtet wurde. Die wertvolle Fresco-Malerei des Mindener Meisters Jürgen Dove aus dem Jahr 1577 war lange Zeit unter einer dicken Kalkschicht verborgen und wurde erst 1906 freigelegt. Dargestellt sind verschiedenste biblische Szenen. Wer sich für Kirchen interessiert, kann hier weitere faszinierende Kunstschätze entdecken.

LAUENAU
Der Ort besitzt gleich drei Rittergüter. Das Rittergut von Meysenbug (an der Kirche links abbiegen) wurde nach einer Feuersbrunst, die im 16. Jahrhundert fast ganz Lauenau zerstörte, 1610 wieder auf- und 1776 umgebaut. Im Garten stehen bemerkenswerte Einzelbäume mit Stammumfängen von vier bis sieben Metern. Leider ist der Zutritt nicht öffentlich.

Auch die Familie von Münchhausen wurde in Lauenau ansässig. Otto von Münchhausen (1561-1601) ließ um 1600 ein Schloss im Stil der Weserrenaissance mit zwei rechtwinkelig zueinander angeordneten Flügeln errichten. Im Norden und Osten des Schlosses schließt sich ein Landschaftsgarten mit altem Baumbestand
an. Der Zugang ist nur bis zum Eingangstor möglich.

Am Ortsausgang Richtung Apelern liegt die Wasserburg Lauenau. Sie wurde um 1190 von Heinrich dem Löwen als Bollwerk gegen die Schaumburger Grafen erbaut. Gleichzeitig war das Wasserschloss auch herzögliche Gerichtsstätte für 21 Orte im Deister-Sünteltal. Heute ist die Anlage in Privatbesitz und nicht öffentlich zugänglich.

Wer noch tiefer in die Geschichte Lauenaus eintauchen möchte, sollte das Amts- und Fleckenmuseum im ehemaligen Rathaus direkt neben dem Gut Münchhausen besuchen.

APELERN
Apelern, das einstige „Apuldrun“, ist über 1100 Jahre alt. Zwei Adelshöfe und die frühgotische Archidiakonkirche sind sehenswert. Die Hallenkirche gehört zu den ältesten im Schaumburger Land. Der mächtige Turm aus dem 13. Jahrhundert war zugleich Zufluchtsort für die Gemeinde. Im Innern sind noch Reste der ursprünglichen Ausmalung sowie romanische Elemente zu entdecken.

Der Adelshof von Münchhausen – ein Wasserschloss – wurde 1560 unter Börries von Münchhausen neu erbaut. Die vier Flügel der geschlossenen Anlage stammen aus unterschiedlichen Zeiten. Das von einem Landschaftspark umgebene Wasserschloss ist bis heute Hauptsitz der Familie von Münchhausen.

Der Route weiter folgend geht es am Adelshof von Hammerstein mit seinem 1580 erbauten Renaissanceschloss, das inmitten einer großen weitläufigen Garten- und Parkanlage liegt, vorbei. Nach telefonischer Absprache sind Führungen ab 15 Personen möglich.

FEGGENDORFER STOLLEN UND WIRKESBURG
Wer von Lauenau einen Abstecher zum Feggendorfer Stollen machen möchte, nimmt am Ortsausgang rechts die Feggendorfer Straße, die am „Felsenkeller“ der Rupp Brauerei vorbei führt. Die Strecke steigt stetig an und erfordert eine gute Kondition.

Auch in Feggendorf spielte der Kohlebergbau, wie in der gesamten Deisterregion, bis 1952 eine wichtige Rolle. Das Bergmannsdenkmal am Ende der Deisterstraße veranschaulicht, wie mühsam die Arbeit der Hauer war: Mehr oder weniger im Liegen schlugen sie die Kohle aus dem nur 60 bis 90 Zentimeter hohen Flöz.

Seit März 2003 wird der Stollen von einer ehrenamtlichen Arbeitsgruppe des Heimatvereins Lauenau saniert. Ziel ist es, die Situation einer kleinen Stollenzeche darzustellen und im Original erlebbar zu machen. Mittlerweile sind die Tagesanlagen einer für den Deister typischen Kleinzeche wieder entstanden. Die Arbeiten unter Tage dauern noch an. Seit 2005 kann der Feggendorfer Stollen von April bis September nach Voranmeldung besichtigt werden.

Auf halbem Weg zum Stollen liegt die Wirkesburg, eine kaum mehr zu erkennende Burganlage aus dem 10. bis 12. Jahrhundert. Eine Infotafel erklärt Aufbau und Geschichte der Anlage.

RODENBERG – ORT UND FREILICHTMUSEUM
Rodenberg kann auf eine tausendjährige Geschichte zurückblicken. Der Ort wird erstmals als „Castrum Rodenbergum“ im Jahr 930 urkundlich erwähnt. Burg- und Bauherr war der altsächsische Edelherr Wiringard. Seine Tochter und ihr Ehemann Lothar von Salinglewen sind die Stammhalter der späteren Schaumburger Grafen. Um 1500 machte Braumeister Heinz Kinkeldey Rodenberg durch sein Bier bekannt und wohlhabend – ein Brunnen im Ortszentrum erinnert daran – Mühlen und Salzwerk unterstützten den Aufschwung. Im 15. Jahrhundert umgaben die Grafen von Schaumburg ihre Wasserburg in Rodenberg
mit einem hufeisenförmigen Wall und vermutlich sechs Türmen. Seit ihrer Auflassung im Jahre 1663 verfiel die Anlage zusehends.

Erst in den Jahren 2000 bis 2004 wurde die ehemalige Burganlage wieder ausgegraben und teilweise restauriert. Sie ist heute ein Freilichtmuseum, das den gesamten Schlossbereich mit „Ständehaus“, Wall und Graben, sowie zwei Artillerietürme aus der Zeit um 1500 mit daran angebauten Stauwehren umfasst. Diese Anlage aus der Übergangszeit zwischen Spätmittelalter und früher Neuzeit ist in Deutschland einmalig. Die gut beschilderten Außenanlagen sind ganzjährig begehbar. Das Freilichtmuseum Schloss Rodenberg wird vom Förderverein Schloss Rodenberg e.V. betreut, der Führungen anbietet. Das „Ständehaus“ beherbergt das Heimatmuseum.

RODENBERGER WINDMÜHLE
Die Windmühle wurde im Jahr 1850 als „Erdholländer“ mit Wohnhaus und Nebengebäude von der Stadt Rodenberg auf dem „Altenrodenberge“ – einer ehemaligen Kult- und Opferstätte errichtet und bereits 70 Jahre später stillgelegt. Nach Restaurierungsarbeiten steht sie heute unter Denkmalschutz. Von dem „Alter Rodenberg“ hat man eine gute Aussicht über Rodenberg, zum Deister sowie nach Bad Nenndorf.

KRATERQUELLE BAD NENNDORF
Eine geologische Eigenart und Sehenswürdigkeit ist die Kraterquelle an der B 65. Regnet es auf dem Deisterkamm, versickert das Wasser am Gebirgshang und reichert sich mit Kohlensäure an. Es fließt über einer wasserundurchlässigen Schicht zu Tal und nimmt dabei Kalk auf. Eine Tonschicht stoppt den Lauf und drückt das Wasser wieder an die Erdoberfläche, wo sich der im Wasser gelöste Kalk ablagert. Durch diese Kalkablagerungen ist ein Krater entstanden, der mit Sandstein als Brunnen eingefasst wurde. Das sauerstoffarme Calciumsulfat-Mineralwasser hat die Eigenschaft Blumensträuße viele Wochen frisch zu halten. Von der Kraterquelle führt der Deisterkreisel auf ruhigen Straßen zum Bahnhof Bad Nenndorf.

BAD NENNDORF
Wie Bad Münder verdankt auch Bad Nenndorf seinen Status als Kurort und Heilbad den Sole- und Schwefelquellen. Nachdem schon Goethe und Schiller hier zu neuer Kraft gelangten, ist Bad Nenndorf heute – neben Bad Pyrmont – eines der zwei Niedersächsischen Staatsbäder. Das Kurzentrum mit Badeeinrichtung, Thermalbad und Promenade verleihen dem Ort ein besonderes Flair.