"Tabli" gewinnt

Taub­blinden­jury verleiht Preis für sinn­vollstes Hilfs­mittel

Sie helfen beim Überqueren der Straße, beim Kommunizieren oder Erkennen von Grafiken. Unter allen Bewerbern des Wettbewerbs „Sinnvoll: Wir gehören dazu“ wurde das Tabli der Firma Help Tech als bestes Hilfsmittel für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen ausgewählt.

Das Tabli ist die direkte Übersetzung zwischen Braille und Schwarzschrift.

Wettbewerb „Sinnvoll: Wir gehören dazu“

Der Wettbewerb wird zum ersten Mal vom Projekt „Wege in den Beruf“ ausgerichtet, das sich für bessere Berufschancen für Menschen mit Taubblindheit und Hörsehbehinderung einsetzt. Kurz vor dem Welttag der Menschen mit Behinderungen, am 3. Dezember 2022, fand die Preisverleihung mit taubblinden und hörsehbehinderten Jurymitgliedern in Hannover statt.

„Für uns sind Hilfsmittel im Straßenverkehr, im Supermarkt oder am Arbeitsplatz lebenswichtig“, erklärt der stark hörsehbeeinträchtigte Marcell Feldmann. „Überall im Alltag stoßen Menschen mit Sinnesbehinderungen auf Barrieren und dieser Wettbewerb ist enorm wichtig, weil er auf unsere Personengruppe aufmerksam macht“, ergänzt das 50-jährige Jurymitglied. 

„Ich bin froh, dass es diesen Wettbewerb gibt und habe deswegen gerne die Schirmherrschaft übernommen“, sagt Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. „Seit langem bin ich davon überzeugt: Es gibt nicht einen einzigen Arbeitsplatz, der nicht von einem Menschen mit Behinderung besetzt werden kann, solange die Rahmenbedingungen stimmen und die richtigen Hilfsmittel verfügbar sind. Dieser Wettbewerb gibt daher genau den richtigen Impuls und ich gratuliere dem Preisträger herzlich!“

Taubblindenjury

Die Jury bestand aus einer Frau und fünf Männern im Alter von 20 bis 65 Jahren, die selbst taubblind oder hörsehbehindert sind. „Sie sind die besten Expertinnen und Experten für den Wettbewerb und ihre Entscheidung zeigt, wie eine lebenswerte Gesellschaft für alle Menschen aussehen kann“, erklärt Projektleiterin Melissa Glomb zum Ende ihrer Amtszeit. Glomb wechselt in die Geschäftsleitung des Deutschen Taubblindenwerks und die bisherige Projektmitarbeiterin Jana Martin tritt zum 1. Dezember ihre Nachfolge an.

In mehreren Sitzungen und nach intensiver Beratung hatten die Jurymitglieder die eingesandten Hilfsmittel auf Barrierefreiheit, Alltagstauglichkeit und Beschaffenheit bewertet.

Der Gewinner ist „Tabli“

Gewinner ist das Tabli der Firma Help Tech aus Hamburg. Dieses innovative Hilfsmittel ist nicht größer als ein Smartphone. Es wird mit einer Braillezeile bedient und ermöglicht taubblinden oder hörsehbehinderten Menschen einen Dialog in Echtzeit. Das Tabli ist die direkte Übersetzung zwischen Braille und Schwarzschrift. 

Die Jury war begeistert, denn dank dieses Hilfsmittels war die Kommunikation untereinander ohne Dolmetscher möglich. „Das ist ein sinnvolles Hilfsmittel und ein großer Schritt für mehr Selbstständigkeit von taubblinden Menschen“, erklärt Lucas stellvertretend für das gesamte Team. „Wir würden uns wünschen, dass jede Behörde und Klinik in Deutschland künftig mit so einer Kommunikationshilfe ausgestattet ist.“ Der 20-Jährige bedankte sich bei allen Unternehmen für ihren Einsatz und die wegweisenden Ideen für Menschen mit Sinnesbehinderungen.

Das Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro stellten die drei Projektpartner von „Wege in den Beruf“, die Stiftung Nikolauspflege, das Deutsche Taubblindenwerk und das SFZ Chemnitz zur Verfügung. Volker Biewald, Geschäftsführer des Deutschen Taubblindenwerks, sprach bei der Preisverleihung in Hannover als Vertreter der drei Projektpartner: „Wie wir heute eindrucksvoll erlebt haben, kann sinnvolle Technik so viel für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen bewirken. Menschen mit Sinnesbehinderungen werden noch selbstständiger und können als potentielle Arbeitnehmer eine echte Chance für Unternehmen bei der Suche nach geeignetem Personal sein.“ 

Der Preisverleihung folgte ein gemeinsamer Austausch über die Hilfsmittel und dem Wunsch, den Wettbewerb „Sinnvoll: Wir gehören dazu“ fortzusetzen.

„Wege in den Beruf“

Das Projekt „Wege in den Beruf für Menschen mit Taubblindheit und Hörsehbehinderung“ läuft noch bis 2025 und wird durch die Aktion Mensch Stiftung ermöglicht. Nach Schätzungen von Fachleuten leben in Deutschland rund 10.000 Menschen mit Taubblindheit. Es wird jedoch von einer hohen Dunkelziffer von Menschen mit doppelter Sinnesbehinderung ausgegangen. Derzeit gibt es kein Angebot an Berufs- und Weiterbildung, das auf die Sinneseinschränkungen und Anforderungen des Personenkreises ausgerichtet ist. Die Nikolauspflege, das Deutsche Taubblindenwerk und das SFZ Förderzentrum arbeiten zusammen und entwickeln in engem Austausch mit taubblinden und hörsehbehinderte Menschen bis 2025 neue Perspektiven für den Arbeitsmarkt.

(Veröffentlicht am 2. Dezember 2022)