Gedenktafel

Enthüllung der Gedenktafel für die Familie Theodor Lessing

Vor dem Eingang des Hauses "Am Tiergarten 44" in Anderten erinnert seit dem 31. August 2016 eine Gedenktafel an den 1933 von Nationalsozialisten ermordeten Professor Theodor Lessing und seine Familie. Das Haus war der letzte Wohnort von Ada und Theodor Lessing, bevor sie 1933 aus Hannover fliehen mussten.

Vor der enthüllten Gedenktafel: Die Bewohner des Hauses "Am Tiergarten 44", Bundestagsabgeordnete Kerstin Tack, Bürgermeister Thomas Hermann und Fritz Kracke, Vorsitzender des AWO-Ortsvereins Anderten. 

Der AWO-Ortsverein unter ihrem Vorsitzenden Fritz Kracke organisiert seit einigen Jahren am Todestag Theodor Lessing eine Veranstaltung zur Erinnerung an den wohl bekanntesten Einwohner des früheren Dorfes. In der Seniorentagesstätte Torgarten begrüßte Fritz Kracke in diesem Jahr Bürgermeister Thomas Hermann, der in seinem Grußwort über die Entstehung des Theodor Lessing-Porträtgemäldes von Detlef Kappeler (1985) zurückblickte, das heute im Foyer der Volkshochschule in der Burgstraße hängt. Anschließend sprach Dr. Schweigmann-Greve, Vorsitzender der "Deutsch-Israelischen Gesellschaft" in Hannover, zum Leben und Wirken Theodor Lessings.

An der Enthüllung der von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) - Ortsverein Anderten erstellten und gestifteten Gedenktafel nahmen u.a. die Bewohner des Hauses "Am Tiergarten 44" und die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis, Kerstin Tack (SPD), sowie Repräsentanten der Landeshauptstadt Hannover, des Stadtbezirksrats Anderten und  der Vorsitzende des AWO-Ortsvereins Anderten, Fritz Kracke, und dessen Mitglieder teil.

Nach der Enthüllung der Gedenktafel vor dem Hauseingangsbereich sprach Dr. Karljosef Kreter, Leiter der Städtischen Erinnerungskultur Hannover, noch einige Worte über die positive Entwicklung und die Würdigung von Ada und Theodor Lessings Wirken seit 1985 im öffentlichen Raum Hannovers. Abschließend würdigte Kerstin Tack, MdB, in einer Ansprache noch einmal den Kampf Theodor Lessings gegen den aufkommenden Faschismus in Deutschland vor 1933. "Aus der Geschichte lernen, heißt auch heute, wachsam zu sein gegenüber jeder Form von Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit", so die Bundestagsabgeordnete. Beide Sprecher dankten den Hausbesitzern für ihr Entgegenkommen, die Gedenktafel an diesem Ort anbringen zu dürfen.

Geschichte der Familie Theodor Lessing

Im Haus "Tiergartenstraße 165" (heute: Am Tiergarten 44)

Theodor Lessing mit Ehefrau Ada und Tochter Ruth, ca. 1922.

… lebten von 1925 bis 1933 Theodor Lessing, seine Frau Ada und die 1913 geborene Tochter Ruth. Die in Hannover geborenen Lessings waren nach der Familiengründung aus der Südstadt 1912-1915 in die Jöhrensstr. 20 (Kirchrode) und anschließend wieder in die Südstadt, Stolzestr. 47 gezogen. In Anderten hofften sie, den politischen Anfeindungen zu entgehen, denen der Universitätsprofessor in Hannover ausgesetzt war. Ada Lessing leitete die vom Ehepaar Lessing mit begründete, erste hannoversche Volkshochschule.

Anfeindungen

Theodor Lessing lehrte Philosophie; er war einer der bekanntesten politischen Schriftsteller der Weimarer Republik. In seiner Reportage über den Prozess gegen den Serienmörder Fritz Haarmann legte er 1924 u.a. dessen Spitzel-Tätigkeit für die Polizei offen. Einen kritischen Artikel Lessings zur Kandidatur Hindenburgs für das Amt des Reichspräsidenten 1925 nutzten die rechten Gegner der Republik zu einer antisemitischen Hetz-Kampagne. Sie forderten die Entfernung Lessings von der Universität und riefen zur Gewalt gegen den „jüdischen Intellektuellen“ auf.

Flucht und Ermordung

Mit ihrem Machtantritt 1933 setzten die Nationalsozialisten ein Kopfgeld auf Theodor Lessing aus. Anschläge auf seine Wohnung endeten glimpflich. Das Ehepaar Lessing versteckte sich bei der Tochter Ruth in der Heinrich-Heine-Str. 31. Er konnte Anfang März 1933 in die Tschechoslowakei fliehen, zunächst nach Prag, Ada sollte später nach Marienbad nachkommen. Dort schossen sudetendeutsche Attentäter am Abend des 30. August 1933 Theodor Lessing nieder. Er starb am 31. August 1933. Auf dem jüdischen Friedhof in Marienbad befindet sich sein Grab.