Leibniz Universität

Einstein-Elevator erfolgreich getestet

Sprache auswählen

Mit dem neuen Fallturm realisieren Wissenschaftler des HITec der Leibniz Universität Weltraumbedingungen auf der Erde, die neue Möglichkeiten für Forschende weltweit eröffnen. 

Der Einstein-Elevator ist ein Fallturm der neuen Generation, in dem Experimente mit hoher Wiederholrate unter Bedingungen der Schwerelosigkeit durchgeführt werden können.

Vier Sekunden lang in Schwerelosigkeit experimentieren – und das 300 Mal pro Tag: Wissenschaftler des HITec der Leibniz Universität Hannover realisieren Weltraumbedingungen auf der Erde, die neue Möglichkeiten für Forschende weltweit eröffnen.

Erfolgreiche Testdurchläufe

"Three – two – one – Go". Die tonnenschwere Gondel schießt im gelb-blau-roten Turmtragwerk in die Höhe – dann stürzt sie zurück und wird in letzter Sekunde gebremst: Das Video des Einstein-Elevators im Betrieb wird nicht nur die beteiligten Wissenschaftler aus Quantenphysik und Produktionstechnik begeistern. Es zeigt Forschenden in aller Welt, die unter Bedingungen der Schwerelosigkeit forschen, dass sich das spezielle Antriebs- und Führungs-Konzept des Einstein-Elevators in den ersten Testdurchläufen bewährt hat.

Vier Sekunden in Schwerelosigkeit 

"Wir haben gezeigt", sagt Projektmanager und Ingenieurwissenschaftler Christoph Lotz, „dass wir die verwendeten Linearmotoren aus dem Achterbahnbau so präzise steuern können, dass sie den Luftwiderstand der Gondel für das Freischweben des Experiments im Innern in unserem Fallturm präzise kompensieren." Das bedeutet: In der Gondel, der Vakuumkammer der Anlage, in der künftig die Experimente aufgebaut sind, befinden sich diese Experimente vier Sekunden in Schwerelosigkeit – und das, weil die Bewegungswiderstände der Gondel während ihres Fluges durch den Antrieb exakt kompensiert werden.

300 Wiederholungen pro Tag

"Da wir, anders als konventionelle Falltürme, nicht für jedes Experiment wieder den ganzen Turm evakuieren müssen, schaffen wir eine Wiederholrate für Experimente von etwa 300 pro Tag", erklärt Professor Ludger Overmeyer, Leiter des Instituts für Transport- und Automatisierungstechnik und einer der beiden Initiatoren des Einstein-Elevators. "Das eröffnet künftigen Weltraummissionen völlig neue Möglichkeiten. Da geht es beispielsweise darum zu testen, wie sich etwa additive Fertigung in der Raumfahrt, also unter Schwerelosigkeit, einsetzen lässt. Wir wollen am Ende verstehen, wie sich Materie ins Nichts schreiben lässt."

Anwendungen unter Weltraumbedingungen testen

Sein Kollege und Co-Initiator Professor Wolfgang Ertmer vom Institut für Quantenoptik, teilt diese Begeisterung. Ihn interessieren aber vor allem Experimente zu fundamentalphysikalischen Fragestellungen – und neue Messgenauigkeiten: "Als Quantenphysiker erwarten wir sehnlichst neue Möglichkeiten, Quantensensoren und neue quantentechnologische Anwendungen unter Weltraumbedingungen testen zu können. Diese brauchen wir beispielsweise für die Erforschung der Quantengravitation oder für eine hochaufgelöste Vermessung des Erdschwerefeldes in Erdbeobachtungsmissionen zur Bestimmung der Veränderungen des Grundwassers oder die Veränderung von Eisschichten."

Unterschiedliche Gravitationsbedingungen nachstellen

Christoph Lotz, der das Projekt Einstein-Elevator von Beginn an begleitet, maßgeblich vorantreibt und sich mittlerweile täglich in einer Art unterirdischer Kommandozentrale mit den Feinheiten dieses ambitionierten Vorhabens beschäftigt, schwärmt von dem, was noch alles möglich ist: "Wir werden in der Phase der Schwerelosigkeit demnächst nur noch höchstens ein Millionstel der irdischen Gravitation in den Experimenten haben, aber auch verschiedene Beschleunigungsprofile und damit unterschiedliche Gravitationsbedingungen - wie beispielsweise auf dem Mond oder dem Mars - nachstellen können."

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Und was wird in der Gondel stecken? "Da sind der Phantasie fast keine Grenzen gesetzt," sagt Alexander Wanner, Projektbeteiligter und Geschäftsführer des HITec, "schließlich ist es sogar möglich, Experimente mit einem sogenannten Bose-Einstein-Kondensat in Schwerelosigkeit durchzuführen – nahe dem absoluten Nullpunkt. Solange ein Experiment 'technisch gekapselt! ist, können Forscher darin auch mit Staub Bedingungen simulieren, wie sie auf dem Mond oder dem Mars mit seiner Atmosphäre vorzufinden sein werden."

Regulärer Betrieb: Frühjahr 2020.

Der Einstein-Elevator soll Forschenden der ganzen Welt für ihre Experimente zur Verfügung stehen. Der reguläre Betrieb beginnt im Frühjahr 2020.

(Veröffentlicht: 26. November 2019)