Am 29./30. September reisten die Nachfahren des niederländischen Zwangsarbeiters Johan van Keulen nach Hannover, um mehr über sein Schicksal zu erfahren. In Begleitung von Mitarbeitern der Städtischen Erinnerungskultur besuchten Joop van Keulen, den Neffen von Johan van Keulen, und seine beiden Töchter verschiedene Erinnerungsorte und das Stadtarchiv Hannover, wo sie nach Spuren suchten.
Johan van Keulen wurde am 10. September 1918 in Enkhuizen (Niederlande) geboren. Von Beruf Schriftsetzer wurde er im November 1942 als Zwangsarbeiter aus den besetzten Niederlanden nach Deutschland geschickt. In Hannover wurde er der Accumulatorenfabrik in Stöcken als Arbeiter zugewiesen. Untergebracht wurde er zusammen mit anderen Zwangsarbeitern aus den Niederlanden und weiteren Nationen in einem Baracken-Lager der Akkumulatorenfabrik AG an der Stöckener Straße 351, südlich der Fabrik. Sein Bruder, der Vater von Joop van Keulen, musste ebenfalls als Zwangsarbeiter in Düsseldorf arbeiten, konnte ihn aber in dieser Zeit einmal, wie Joop van Keulen berichtet, in Hannover besuchen.
Im Februar 1945 erkrankte Johan van Keulen schwer an der unter den Zwangsarbeitern und in der Bevölkerung grassierenden Tuberkulose. Bei seiner Einlieferung in die nahe Lungenheilanstalt Heidehaus Ende Februar wog er noch 55 kg. Am 20. März 1945 starb Johan van Keulen.
Über das Schicksal von Johan van Keulen war seiner Familie nur wenig bekannt. Aufmerksam geworden durch das veröffentlichte Tagebuch eines ehemaligen Zwangsarbeiters aus Stöcken, Piet de Ruiter ("Dwangarbeider 3257. 2,5 jaar Arbeitseinsatz 1943 – 1945)", und darin abgebildeten Fotos von Johan van Keulen beschlossen sie, nach Hannover zu fahren, um vor Ort mehr über ihn zu erfahren und sein Grab zu besuchen.
Johan van Keulen ist beerdigt auf dem Niederländischen Ehrenfriedhof auf dem Seelhorster Friedhof in Hannover. 1953 waren seine sterblichen Überreste von einer anderen Abteilung des Seelhorster Friedhofs dorthin umgebettet worden. Im Stadtarchiv Hannover recherchierten Joop van Keulen und seine Töchter bei ihrem Besuch, dass Johan van Keulen nicht, wie ursprünglich geplant, im März 1945 auf dem Seelhorster Friedhof beerdigt worden war. Tatsächlich wurde er erst im November 1945 aus dem Heidehaus, vermutlich aus einem dortigen Massengrab, auf den Seelhorster Friedhof gebracht und dort beerdigt. Die Familie hofft, über weitere Recherchen und Fotos ehemaliger Zwangsarbeiter aus Stöcken in Zukunft noch mehr über das Schicksal ihres verstorbenen Angehörigen zu erfahren.