Das Kuschel-Kino am Steintor

Goethehaus-Lichtspiele, heute ohne Lichtspiele

Die "Goethehaus-Lichtspiele" bezogen 1912 die ehemaligen Räumlichkeiten der "Walhalla-Lichtspiele", die zwei Jahre zuvor in der Goethestraße 7 gegründet wurden. Wer jedoch heute an dem Büro- und Geschäftsgebäude am Rande des hannoverschen Rotlichtviertels im Steintorquartier vorbei spaziert, sieht eine Spielhalle, eine Tabledance-Bar und eine Pizzeria. Nur die großen Buchstaben GOETHEHAUS darüber erinnern noch daran, dass sich hinter der eintönigen Fassade bis Ende der 1970er Jahre dieses schmucke Kino befand.

Viele Besitzer, und immer wieder wird umgebaut

Glanz und Elend der Kinogeschichte vereint das Goethehaus.

Die "Goethehaus-Lichtspiele" haben vergleichsweise häufig den Besitzer gewechselt – ein Umstand, der für die Entwicklung und den Fortbestand des Filmtheaters am Steintor am Ende nicht förderlich war. Um das Jahr 1914 eröffnete zunächst Artur Mest das Kino mit seinen damals 650 Sitzplätzen. Der Kinounternehmer aus Lübeck betrieb seit Oktober 1906 bereits das Kinematographen-Restaurant "Zur Schwalbe" am Ernst-August-Platz 5, aus dem vier Jahre später das "Central-Theater" und ab 1950 die "Regina-Lichtspiele" wurden. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Otto Blume neben dem "Central-Theater" am Hauptbahnhof auch die "Goethehaus-Lichtspiele", die während der NS-Zeit erst geschlossen und im Zweiten Weltkrieg dann zerstört wurden.

In den Nachkriegsjahren bis 1950 lässt der Lindener Kinounternehmer Heinz Bohle das Kino nach den Plänen des hannoverschen Architekten Arnold Leissler an derselben Stelle in ähnlicher Größe wieder aufbauen. Über Ambiente und Einrichtung in den Folgejahren kann das Internetportal www.allekinos.com berichten: "Bei der Renovierung 1951 erhielt der Saal eine gelb-grüne Wandbespannung und einen grünen Vorhang. Das Parkett erhielt Polster-, der Balkon Schwingsessel. Anfang 1953 wurden bei neuerlichen Renovierungsarbeiten weitere Veränderungen vorgenommen : Die Außenwände wurden bis zum ersten Stock mit schwarzen Induba-Kacheln verkleidet. Abends rahmten Leuchtstoffröhren das ganze Gebäude. Eine neue gläserne Überdachung über dem Eingang, der vorverlegt wurde, trug die große Außenreklame. Das Foyer wurde größer und erhielt mit Spiegelsäulen, indirekter Beleuchtung, abwaschbarer grüner Seidentapete und Mahagoniwandsockel ein neues Gesicht."

Aus einem werden vier Kinos

Schon drei Jahre später wurden die "Goethehaus-Lichtspiele" erneut für mehrere Wochen geschlossen, renoviert und nochmals umgebaut. "Nach den Ideen des Inhabers Heinz Bohle und unter Mitwirkung der Architekten Leißler (BDA) und O. Stein, beide Hannover, wurde der Rang weiter vorgezogen und die Platzzahl auf 810 erhöht. Das Haus erhielt Löffler-Hochpolsterstühle. Die Firma Film-Ton-Technik Ing. Heermann, Hannover, stellte auf CinemaScope um und lieferte eine Sonora-Breitwand 5 mal 12,50 Meter", schreibt die Fachpublikation "Der neue Film" in der Ausgabe 84 von 1955. Die Wiedereröffnung war am 11. Oktober 1956.

1977 mussten die "Goethehaus-Lichtspiele" mangels Besucher schon wieder schließen. Im Jahr darauf ließ der Göttinger Theaterbesitzer und neue Besitzer Kurt Krause das Kino in ein Filmtheater mit vier Sälen umbauen: zwei davon wurden zu den den beiden Sexkinos "Blue Movie" und "Hot Movie" (Eröffnung: 6. Oktober 1978), die anderen beiden blieben zunächst klassische Kinosäle und öffneten als "Großes Haus" und "Kleines Haus" im November und Dezember 1978. Zehn Jahre später wurde aus dem großen Kinosaal eine Spielhalle, die noch heute existiert – neben einer Tabledance-Bar und einer Pizzeria.