Strecke 24

Die "vergessene Autobahn" bei Resse

"Strecke 24"

Wo sich heute im Sommer besonders viele dieser Libellen tummeln, wurde in den 1930er Jahren Boden für den Bau der Schnellstraße, die "Strecke 24", ausgehoben. 

Der Moorerlebnispfad wird nach Nordwesten durch eine Schneise im Wald vom Hauptteil des Otternhagener Mootes abgegrenzt. Es ist die immer noch gut erkennbare Trasse für eine nie vollendete Autobahn – die "Strecke 24". Auch das ein paar Schritte weiter entfernte Libellengewässer hat menschliche Urheber. Wo sich heute im Sommer besonders viele dieser Flugkünstlerinnen tummeln,  wurde in den 1930er Jahren Boden für den Bau der Schnellstraße ausgehoben. Durch den Zulauf von Grundwasser entstand eine Kette von Moorseen, die heute der Lebensraum von vielen seltenen Tierarten sind.  

Die Idee

Die ersten Planungen für die "Strecke 24" werden von dem Verein mit dem Kürzel HAFRABA e.V. ab dem Jahr 1923 entwickelt. Die "Nur-Auto-Straße" soll den Norden Europas entlang der Linie HAmburg – FRAnkfurt – BAsel (HAFRABA) mit Italien verbinden  Mit der Weltwirtschaftskrise gerät das private Projekt zunächst ins Stocken, wird aber planerisch weiter präzisiert. Nach der Machtübernahme übernehmen die Nationalsozialisten diese Vorarbeiten teilweise. Der Grundgedanke für den Bau von Fernstraßen für Automobile wird aber nun als Idee Adolf Hitlers reklamiert ("Straßen des Führers").

Planungen für die Strecke 24

Ab 1933 wird zunächst die heutige A 2 als wichtige West-/Ostverbindung vom Ruhrgebiet über Hannover nach Berlin projektiert. 1935 kommt die Entscheidung, ihre Kreuzung mit der Nord-/Südverbindung im Raum Peine anzusiedeln. Weil sich damit aber weder Braunschweig noch Hannover zufrieden geben, da sich beide Städte "abgehängt" fühlen, wird Mitte 1937 eine Teilung südlich von Hamburg bei Egestorf in einen westlichen und einen östlichen Zweig beschlossen. Die westliche zuerst zum Bau freigegebene "Strecke 24" soll an Soltau und Schwarmstedt vorbei laufen und die heutige A 2 bei Garbsen kreuzen. Und von dort weiter als "Strecke 26" am Deister entlang, bei Nordstemmen an der Marienburg vorbei und dann am Hildesheimer Wald in Richtung Bad Gandersheim gehen. Dort sollen die beiden Zweige wieder zusammenstoßen, bevor es an Göttingen vorbei über Kassel und Frankfurt nach Süddeutschland geht.

Der Bau

In der Wedemark beginnen die von Norden nach Süden vorrückenden Bauarbeiten im Mai 1938. Als erstes werden die Brücken über die Große Beeke nordöstlich von Rodenbostel und über den Todtbruchgraben auf dem Brelinger Berg errichtet. Für die Autobahnbrücke über die Straße von Rodenbostel nach Ibsingen betonieren die Arbeiter die Widerlager – Auflagen für den eigentlichen Brückenkörper. Bis zum Resser Vorwerk, 1,5 Kilometer westlich des Ortes, wird die Trasse auf einer Breite von 40 Metern geräumt. Bäume werden gefällt, die Baumstümpfe entfernt und der Mutterboden abgehoben und zur Seite befördert. Dort wird er in genormten Beeten zwischengelagert. Mit dem Material sollen später die Autobahnböschungen wieder angedeckt und die Mittelstreifen aufgefüllt werden. Bis zum Resser Schießplatz führen die  Gleise für mit kleinen Dieselloks gezogene Feldbahnloren. Mit ihnen wird der Sand vom acht Kilometer entfernten Brelinger Berg zum Unterfüttern der Trasse herangeholt.

Als besondere Herausforderung erweist sich die Passage durch das sumpfige Hartbruch nördlich von Resse und das sich nach Westen anschließende Otternhagener Moor. Um auf die stabile, darunterliegenden Sandschicht zu stoßen, musste bis zu einer Tiefe von 1,70 Meter der Moorboden ausgekoffert und anschließend mit Füllboden wieder aufgefüllt werden. Bis auf Höhe des Resser Schießplatzes ist dies bis zur „kriegsbedingten“ Einstellung der Arbeiten auch geschehen.

Relikte in der Landschaft

Die "Strecke 24" heute: Der Abschnitt zwischen Schwarmstedt und Garbsen wurde weitestgehend zurückgebaut. Die Widerlager an der Straße von Rodenbostel nach Ibsingen sind 1963 abgebrochen worden; die Durchlässe über die Große Beeke und den Todtbruchgraben aber gibt es bis heute.

Nördlich von Resse existiert ein auffälliges Überbleibsel der alten Autobahntrasse: der von der Straße Negenborn/Resse zum Resser Schießplatz abzweigenden Weg. Es ist der einzige asphaltierte Abschnitt der alten Autobahn im Bereich der Wedemark, der bis heute seiner ursprünglichen Bestimmung entsprechend als Verkehrsweg genutzt wird.