Kleine Chronologie
Historische Momentaufnahmen
Wilhelm Busch (1832-1908)
1873 hatte Wilhelm Busch in München den Maler und Schriftsteller Eduard Daelen aus Düsseldorf kennengelernt. Daelen war ein vehementer Anti-Katholik und sah im antiklerikalen Spötter Busch einen Gesinnungsgenossen. Zwölf Jahre nach der ersten Begegnung beschloss Daelen, eine Biografie über Wilhelm Busch zu schreiben, nicht ohne den Hintergedanken, seine eigenen Dichtungen dadurch bekannter zu machen. Weil Daelen wohl keinen schlechten Eindruck bei Busch hinterlassen hatte, ließ sich Busch auf das Vorhaben ein und schrieb ihm am 21. September 1885:
Sehr geehrter Herr Daelen,
ihren liebenswürdigen Brief, worin Sie mir mitteilen, daß Sie etwas über mich schreiben wollen, habe ich erhalten. Der Stoff, den Sie ausgesucht, scheint mir freilich gar nicht ersprießlich zu sein; aber ein empfindsamer Kopf kann ja einen Kürbis melonisieren, oder aushöhlen und erleuchten, daß er nach was aussieht. Mit der Verwendung von Illustrationen zu sothanem Zweck, wenn mein Verleger sie billigt, bin ich einverstanden. Für unsere Begegnung ist mir neutrales Gebiet das Liebste, und da Sie demnächst nach Hannover reisen, so bitte ich Sie freundlichst, mir dann zu schreiben, wo und wann Sie dort zu treffen sind. Ihr ergebenster – Wilh. Busch.
Aus diesem Brief ist eine typische Charaktereigenschaft von Wilhelm Busch herauszulesen. Auf der einen Seite war Busch geschmeichelt von dem Ansinnen, dass jemand eine Biografie über ihn schreiben wollte, auf der anderen Seite wollte er sich aber auch nicht zu sehr in seine Privatsphäre hineinschauen lassen, denn er bot Daelen an, ihn auf „neutralem Gebiet“ zu treffen. Kurze Zeit später kamen ihm dann auch Zweifel, ob Daelen der richtige Mann für so eine Biografie war.
An Friedrich August von Kaulbach schrieb Busch über eine bevorstehende Reise nach Kassel:
Auf dem Wege dahin werd ich wohl auch den „Mann im Bart“ (Daelen) sehen, … von dem ich nicht weiß, was er eigentlich will oder kann. Für die gewöhnlichen biographischen Schreibereien, die naturgemäß entweder lügenhaft, langweilig oder indiskret sind, besitz‘ ich keine absonderliche Verehrung. Ein anderes wär’s, falls ein richtiger Schlaukopf der Sache in den Keller stiege und mal von Grund auf nachsähe, warum und wann die Leutchen eigentlich lachen.
Busch und Daelen trafen sich dann auf dem hannoverschen Bahnhof und Busch versuchte Daelen dahin zu bewegen, dass er eine literaturwissenschaftliche, psychologisch fundierte Arbeit über das Wesen der Komik schreiben sollte. Vergeblich. Daelen schrieb eine bombastische Lobeshymne auf Busch, die vom Publikum und Busch selbst nur als allergrößte Peinlichkeit empfunden wurde. Sie verschwand zu Recht in der literarischen Versenkung.
Aus dem Nachlass des Dichters Gerrit Engelke (1890-1918)
Am 21.10.2015 jährt sich zum 125. Mal der Geburtstag des hannoverschen Dichters Gerrit Engelke.
Während seiner Lehre als Malergehilfe besuchte Engelke nebenbei Abendkurse an der Werkkunstschule in Hannover. Bevor er sich um 1912 endgültig der Dichtkunst zuwandte, entstanden zahlreiche Bilder und Zeichnungen in unterschiedlichen Maltechniken.
Ständig von Arbeitslosigkeit und Geldsorgen geplagt, schrieb er am 9. April 1914 seiner Mutter nach Amerika, dass er einige seiner Gedichte an den Hannoverschen Courier und den Hannoverschen Anzeiger verkauft hatte und dass er sich Hoffnungen auf eine Anstellung bei der Stadtbibliothek machte. Für die Herausgabe einer kleinen Auflage seiner Gedichte setzte er auf die Unterstützung des hannoverschen Galeristen Herbert von Garvens.
Die Anstellung bei der Stadtbibliothek kam nicht zustande und auch die Herausgabe einer eigenen Gedichtsammlung zu seinen Lebzeiten scheiterte schließlich.
Ende April 1914 gelang es ihm jedoch, 70 Zeichnungen zum Preis von 350,- Mark an das hannoversche Kestner-Museum zu verkaufen.
Am 13.10.1918 starb Gerrit Engelke an einer Kriegsverletzung in einem englischen Lazarett in Nordfrankreich. Erst 1921 erschien im Diederichs Verlag in Jena unter dem von Engelke selbst gewählten Titel „Rhythmus des neuen Europa“ eine erste Sammlung seiner Gedichte.
Seine Bilder im Kestner-Museum gingen 1943 im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs unter.