Else Kreuzer, geb. Goldschmidt
Ein Buch aus dem Eigentum von Else Kreuzer, geb. Goldschmidt konnte anhand einer Widmung ihres Halbbruders Willy Hausen identifiziert werden. Das Buch wurde ohne Zugangsnummer inventarisiert, daher lässt sich nicht rekonstruieren, auf welchem Weg es in die Stadtbibliothek gelangt ist.
Else Goldschmidt wurde am 4. März 1896 in Lissa in Posen (heute Leszno, Polen) geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Emil Goldschmidt und seine Frau Ida, geb. Hamburger. Aus der ersten Ehe Idas mit Max Hausen war der Sohn Willy hervorgegangen, Elses Halbbruder.
Else Goldschmidt heiratete den am 6. April 1892 in Bückeburg geborenen Kaufmann Bernhard Kreuzer. Das Ehepaar lebte in Wunstorf bei Hannover. Die beiden Söhne kamen in Hannover zur Welt: der am 2. Juni 1922 geborene Hans-Joachim und der am 29. Oktober 1931 geborene Klaus. Gemeinsam betrieben Else und Bernhard Kreuzer in Wunstorf ein Textilwarengeschäft im eigenen Haus in der Südstraße 32. Else sang gerne und war Mitglied im Wunstorfer Frauenchor.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten war die Familie Kreuzer aufgrund ihrer jüdischen Herkunft antisemitischer Hetzte und dem Boykott ihres Geschäfts ausgesetzt. Bernhard Kreuzer sah sich deshalb 1935 gezwungen, das Geschäft zunächst zu verpachten und 1938 zu verkaufen. Um weiterhin ein Auskommen zu haben, eröffnete er das Textilwarengeschäft „Bettwäsche-Engros“ in Hannover in der Herschelstraße 6 in der Hoffnung, in der Großstadt weniger Schikanen ausgesetzt zu sein. Während des Novemberpogroms 1938 zog die SA plündernd durch Wunstorf und zerstörte jüdische Wohnungen und die Synagoge. Sie kam auch in das Haus der Kreuzers und nahm Else Schmuck, Bargeld und Sparkassenbücher ab. Bernhard Kreuzer wurde im Zuge des Pogroms verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt.
Ende Dezember wurde Bernhard Kreuzer aus der Haft entlassen. Er war im KZ schwer misshandelt worden und hatte zahlreiche Verletzungen. Bei seiner Rückkehr erlitt Else einen Nervenzusammenbruch und litt auch in der folgenden Zeit psychisch schwer unter dem Verfolgungsdruck. Im April 1939 brachte Bernhard Kreuzer sie deshalb in Dr. Bennings Privatklinik für Nerven- und Gemütskranke in Rockwinkel bei Bremen.
Else wurde im Juni „gebessert“ entlassen. Die Familie zog von Wunstorf nach Hannover, wo Bernhards Brüder Albert und Hermann lebten. Der ältere Sohn Hans-Joachim befand sich seit 1938 in der landwirtschaftlichen Lehranstalt Gut Winkel bei Berlin, um sich auf die Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Bernhard Kreuzer bemühte sich beim US-amerikanischen Konsulat in Hamburg um Visa für die Familie, erhielt aber lediglich Plätze auf einer Warteliste unter einer hohen Nummer.
Die Kreuzers lebten in Hannover in wechselnden Wohnungen, zuletzt in der Bödekerstraße 34 in der Oststadt. Von dort mussten sie in ein sogenanntes „Judenhaus“ in der Lützowstraße 3 umziehen. Am 15. Dezember 1941 wurden Else, Bernhard und Klaus Kreuzer in das Ghetto Riga deportiert. Ihr Vermögen wurde auf Grundlage der „11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ zugunsten des Deutschen Reichs eingezogen.
Von Riga wurde die Familie Kreuzer in das Konzentrationslager Stutthof deportiert. Else Kreuzer wurde dort am 29. November 1944 im Alter von 48 Jahren ermordet. Auch Bernhard Kreuzer wurde in Stutthof ermordet, sein Todestag ist nicht bekannt. Der dreizehnjährige Klaus Kreuzer wurde am 10. September 1944 von Stutthof in das Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau verschleppt und dort ermordet.
Hans-Joachim Kreuzer konnte im Juni 1939 in das britische Mandatsgebiet Palästina auswandern und überlebte als einziger der Familie die Shoah. Im November 2024 wurden vor dem ehemaligen Wohnhaus und Geschäft der Familie in der Südstraße 32 in Wunstorf Stolpersteine für Else, Bernhard, Hans-Joachim und Klaus Kreuzer verlegt.
In ihrer Autobiographie „Transportnummer VIII/1 387 hat überlebt. Als Kind in Theresienstadt“ erinnert sich Elses Nichte Margot Kleinberger (1931–2013) auch an ihre Tante Else Kreuzer. Sie war eine Tochter von Bernhard Kreuzers Bruder Hermann und überlebte mit ihrer Familie das Konzentrationslager Theresienstadt. Als Zeitzeugin trug sie bedeutend zur Erinnerungskultur der Stadt Hannover bei.
Verfügen Sie über Informationen, die uns bei der Suche nach Else Kreuzers Familienangehörigen bzw. Erb*innen weiterhelfen können? Dann melden Sie sich bitte bei uns.
Else Kreuzers Buch in der Provenienzdatenbank Looted Cultural Assets:
Herder, Johann Gottfried von: Stimmen der Völker in Liedern. Halle a. d. S.: Otto Hendel o. J.
„Willy Hausen H[?]b! xx / s/l Schwester Else Goldschmidt. / Lissa (Posen), W/I 1908/09.”. Anhand dieser persönlichen Widmung ihres Halbbruders konnte Else Kreuzer, geb. Goldschmidt als Eigentümerin identifiziert werden.
Deutsch
English
中文
Danish
Eesti
Español
Suomi
Français
Italiano
日本語
한국
Nederlands
Norge
Polski
Portugues
Русский
Svenska
Türkçe
العربية
Romanesc
български