Delegationsreise Lu‘an 2017
Ein Lied sorgt für positive Energie und der Abschied naht
Sonntag, 5. November – achter Eintrag im Tagebuch der Delegationsreise nach Lu‘an.
Im Tiantanzhai Resort Hotel genießt man die original chinesische Küche – und zwar auch am Morgen. "Das Frühstück ist reichhaltig und herzhaft, die Menschen in China, und das sind meistens Bauern, bereiten sich damit auf einen körperlich anstrengenden Tag vor", erklärt Se Schirmer-Wang der Gruppe. Das einzig "typisch Deutsche" auf dem Frühstückstisch ist heute der Kaffee, sonst gibt es gekochte Enteneier, Kürbis, Fleischeintopf, deftig gefüllte Teigtaschen und Nudelsuppe.
Energie und Pflanzen ernten
Das Tagesprogramm führt die Delegation heute zu drei Zielen, die für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung sowie für Bildung im Landkreis Jinzhai stehen. Zunächst besuchen wir XIN YI Solar, ein Unternehmen mit zwei Säulen: regenerative Energiegewinnung zum einen, Fortbildung von Landwirten zum anderen. In den Gewächshäusern dieses privat finanzierten und staatlich geförderten Projektes mit einer Investitionssumme von rund einer Milliarde Yuen können sich Bauern in neuen Techniken der Pflanzenaufzucht und -pflege weiterbilden – die Kurse sind kostenlos. Neben dieser Lehreinrichtung erzeugt das Unternehmen mit Photovoltaik – die Solarzellen finden sich auf allen verfügbaren Dächern und Freiflächen – 220 Millionen Kilowattstunden pro Jahr und erzielt damit ein Einsparpotenzial von 180.000 Tonnen CO2-Emissionen.
Wie vor 50 Jahren
Nächster Stopp: das traditionelle Landleben, wie man es hier nur noch in einem Musterdorf findet. Pächter Dong führt uns durch den Bauernort: "So sah das Leben vor 50 Jahren im Gebirge aus. Rund 300 Bauern leben mit ihren Familien in diesem Dorf – eine Maßnahme gegen die allgegenwärtige Landflucht. Wir dürfen bei der Herstellung von Sesamöl zuschauen: Dabei schwingt ein Bauer einen schweren am Seil befestigten Balken durch die Luft, singt dabei ein Lied für die positive Energie – das "chi" – und rammt den Balken dann gegen ein Pflock, der die Körner in einer Art Werkbank so zerdrückt, dass unten Öl herausfließt. Ganz schön anstrengend, stellen auch wir fest, als wir auf die große Steinmühle bedienen dürfen, mit der man Reis, Sojabohnen und Getreide mahlen kann.
Rekordverdächtige Bauzeit von einem Jahr
Nach einem typisch ländlichen Mittagessen geht es dann in die Berufsschule von Jinzhai. Der stellvertretende Schulleiter Zhang Haibin begrüßt die Gruppe auf dem 330.000 Quadratmeter großen Campus. In nur einem Jahr Bauzeit wurde die 2014 eröffnete Schule errichtet – das wäre in Deutschland Rekord.
Auch hier wohnt ein Großteil der insgesamt 6.350 Studentinnen und Studenten direkt auf dem Gelände. Und auch hier wieder: Photovoltaik auf den Dächern des Studentenwohnheims. Heute geht es ganz entspannt zu, der Campus und Klassenräume sind fast menschenleer – schließlich ist Sonntag und also schulfrei.
Die Berufsausbildung in einem der 20 Fächer, die das Ausbildungsangebot umfasst, dauert drei Jahre. Wer hier lernen will, muss den Eingangstest bestehen, Ausbildungsziel ist der "Master". Das Spektrum reicht wie in der Berufsschule Lu‘an von Technik und Automatisierung bis hin zu Hotelwesen und Tourismus. Der wöchentliche Stundenplan sieht 14 Stunden Theorie und 18 Stunden Praxis vor. In den drei Jahren, in denen sich die 15- bis 18-jährigem Schülerinnen und Schüler für das Berufsleben fit machen, sind sowohl die Schule als auch die Betriebe involviert. "Eine gute Vorbereitung auf die Praxis", findet Stefan Beine von der BBS 14.
Letzter Abend vor der Heimreise
Ein letztes Foto mit dem stellvertretenden Schulleiter, dann macht sich die Delegation wieder auf den Weg nach Lu‘an. Dort heißt es Koffer packen, denn morgen tritt die Gruppe in aller Frühe die Heimreise an, und Abschied nehmen bei einem letzten Bankett mit unseren chinesischen Gastgebern.