Städtepartnerschaft Hannover - Blantyre

Projektreise nach Blantyre / Malawi im Oktober 2023

Funktionieren die Brunnen und wie entwickeln sich die Obstbaumsetzlinge? Diese Fragen waren Anlass für eine Projektreise nach Blantyre, wo die beiden Partnerstädte ein gemeinsames Projekt an Primary Schools durchführen. Es gab einen Expert*innen-Austausch zum Klimawandel und über die Bildungsarbeit und es wurde über Möglichkeiten weiterer Kooperationen diskutiert. Vier Mitarbeiter*innen vom Nachhaltigkeitsbüro, vom Kulturbüro sowie vom Bereich Forsten der Landeshauptstadt Hannover reisten dazu vom 1.-9. Oktober 2023 nach Blantyre.

Das Projektteam, Schüler*innen und Lehrkräfte der Namiwawa Primary School mit einem Setzling.

Es war für alle eine sehr intensive Woche mit vielen neuen Eindrücken und Erlebnissen. Die Besuche in den Schulen waren ein wichtiger Schwerpunkt, da sich das aktuelle Nakopa-Projekt in erster Linie an sie richtet. Es war sehr hilfreich, die Brunnen und verschieden erfolgreiche Pflanzungen zu besichtigen, um die damit einhergehenden Herausforderungen besser zu verstehen und Erfahrungen für zukünftige Projekte zu sammeln.

Bei den abschließenden Arbeitstreffen wurde betont, dass die Kooperationen, die bereits auf verschiedenen Ebenen laufen, fortgeführt und intensiviert werden sollen. Auch neue Projekte sind angedacht.

Auftakt des umfangreichen Programms war ein Besuch beim Oberbürgermeister der Stadt Blantyre Wild Ndipo.

Besuch in den Primary Schools

In Begleitung von Vertreter*innen der Stadtverwaltung Blantyre wurden neun Schulen besucht, die überwiegend positive Pflanzerfolge vorzuweisen haben. In drei Schulen konnten zudem die neu gebauten Brunnen besichtigt werden. Die Begrüßung erfolgte jeweils durch die Schulleitung, Lehrkräfte und Schüler*innen der Wildlife Clubs.

Fast alle Schulen waren vom Zyklon Freddy im März 2023 betroffen und ca. 60% der Setzlinge gingen verloren. Es wurde und es wird noch vielfach nachgepflanzt und die Schulen sind weiterhin sehr motiviert und engagiert.

Das hannoversche Team überreichte jeder Schule als Dank für ihr Engagement einen fair gehandelten Fußball mit dem Hannover-Logo.

Die Nayizi Primary School hat bereits gute Pflanzerfolge.

Schulworkshop in der Limbe Primary School

In der seit vielen Jahren engagierten Limbe Primary School wurde mit Schüler*innen des Wildlife Clubs ein Workshop durchgeführt. Dabei ging es insbesondere um die Auswirkungen des Klimawandels in Malawi und in Deutschland und um mögliche Maßnahmen zum Schutz des Klimas. Das Team aus Hannover stellte verschiedene Maßnahmen vor, die in Hannover zum Schutz des Klimas und zur Klimaanpassung durchgeführt werden. Die Schüler*innen wiesen auf die Dringlichkeit des Schutzes der Bäume hin und trugen u.a. kleine Gedichte und Theaterszenen vor, in denen das Eindämmen der Abholzung der Bäume für Brennholz eine zentrale Rolle spielte.

Es wurden auch die Auswirkungen auf Hannovers Stadtwald Eilenriede vorgestellt. Dieser regte die Schüler*innen zu vielen Fragen an.

Anschließend stellten einzelne Schüler*innen auf dem Schulgelände verschiedene gepflanzte Obstbäume vor und erklärten, wie sie gepflegt werden.

Vorstellung der Aktivitäten in Hannover zum Thema Klimaschutz in der Limbe Primary School

Schulworkshop in der Chimwankhunda Secondary School

Ein weiterer Workshop wurde in der Chimwankhunda Secondary School durchgeführt. Inhalte des Workshops waren die Vorstellung der Stadt Hannover, die Städtepartnerschaft, das aktuelle Pflanz- und Brunnenprojekt, die Themen Klimawandel, Klimaschutz und Klimaanpassung sowie die Auseinandersetzung mit dem Thema Klima in Schulen in Deutschland und Hannover, jeweils mit Bezug zu den SDGs. Die Schüler*innen stellten Fragen zum Leben in Hannover und zum Stadtwald Eilenriede, der unter den Auswirkungen des Klimawandels zu leiden hat. Sie waren beeindruckt von den Maßnahmen, die Hannover zum Schutz des Klimawandels ergreift.

Seit Ende 2021 besteht eine Schulpartnerschaft zwischen der Chimwankhunda Secondary School und der Leonore Goldschmidt Schule. Den Workshop führten Udo Büsing (Nachhaltigkeitsbüro) mit Joseph Kenson Sakala (Klimaaktivist aus Malawi) durch, der bereits mehrfach als Klimabotschafter in Hannover war.

Udo Büsing und Joseph Kenson Sakala stellen in der Chimwankhunda Secondary School die Gobalen Nachhaltigkeitsziele vor.

Experimentiermaterialien für Schulen

Für die Primary Schools, die am Projekt beteiligt sind, sowie für die Chimwankhunda Secondary School, die eine Partnerschaft mit der Leonore-Goldschmidt-Schule in Hannover hat, wurden verschiedene Versuchsobjekte mitgebracht und vorgestellt. Diese dienen dazu, die Themen regenerative Energien und klimafreundliche Mobilität zu veranschaulichen.

Vorstellung der Experimentiermaterialien für Schulen

Besichtigung von Schäden durch Zyklon Freddy am Mount Soche

Die Folgen des Zyklons Freddy im März 2023 sind am Mount Soche, einem 1553 m hohen Berg am südlichen Rand des Zentrums, deutlich zu sehen. Eine Schlammlawine riss mehrere Häuser in das Tal mit sich. Viele Menschen kamen dabei ums Leben. Viele gelten immer noch als vermisst. Die ehemalige informelle Siedlung am Fuß und Hang des Berges wurde von der Stadtverwaltung geräumt. Die Menschen wurden in andern, zum Teil neu gebauten Häusern, untergebracht.

Am Mount Soche wurden durch den Zyklon Freddy viele Häuser weggespült.

Städtisches Aufforstungsprojekt Sanjika Woodlot

Besucht wurde auch ein städtisches Aufforstungsprojekt. Die Forstabteilung der Stadt Blantyre hat im Jahr 2018 eine städtische Fläche in der Größe von 2 Hektar mit 2.000 einheimischen Bäumen, bepflanzt. Das „Sanjika Woodlot“ wird regelmäßig von Gemeindearbeiter*innen gepflegt.

Das Sanjika Woodlot Aufforstungsprojekt der Stadt Blantyre

Schutzgebiet Michiru Mountain

Bei einer ca. 10 km langen Wanderung mit einem Guide vom Michiru Mountain Forest Reserve wurden verschiedene Bereiche des Gebietes vorgestellt und erklärt. Im Gegensatz zu anderen im Stadtgebiet liegenden Bergen, die fast komplett abgeholzt wurden, gibt es im Michiru Mountain noch ursprüngliche Flächen mit einheimischen Bäumen und Sträuchern.

Trotz Kontrollen kommt es immer wieder zu illegalem Holzeinschlag und Waldbränden. Die lokale Forstwirtschaft steht auch vor der Herausforderung, einerseits mit dem Erhalt naturnaher Wälder und Schutzgebiete umzugehen und andererseits den hohen Bedarf an Holz als Baustoff und Energieträger zu decken. Im Michiru Mountain Forest Reserve wird versucht, dies mit räumlichen Trennungen zu lösen. Das Gebiet ist in mehrere Sektionen unterteilt. Ein Teil wird für den Anbau von Kiefern zur Gewinnung von Bauholz genutzt, ein Bereich wird mit Eukalyptus bestockt und ein weiterer wird für heimische Baumarten vorgehalten.

Den Anwohner*innen der umliegenden Dörfer ist es erlaubt, gegen eine kleine Gebühr abgestorbene Äste für Feuerholz zu sammeln.

Ein mit Kiefern aufgeforstetes Areal am Mount Michiru.

Müllabfuhr und Mülldeponie Mzedi

Die Müllbeseitigung ist für die Stadt Blantyre eine große Herausforderung. Nur ein kleiner Teil der Haushalte ist an die Müllabfuhr angeschlossen. Für den Großteil der Bevölkerung stehen große Müllcontainer zur Verfügung, die auf öffentlichen Plätzen, wie z.B. Märkten aufgestellt sind. Darüber hinaus gibt es Mülleimer, die im Stadtgebiet verteilt stehen und in regelmäßigen Abständen geleert werden. Eine Mülltrennung gibt es im Allgemeinen nicht. Der Müll wird je nach Bedarf 1- 2x Woche abgeholt und zur Mzedi Deponie gefahren.

Die Deponie in Mzedi ist die einzige von der Stadt betriebene Abfallentsorgungseinrichtung in Blantyre. Auf der Deponie landet jede Art von Hausmüll, aber auch Abfälle von Industriebetrieben sowie medizinische Abfälle.

Es gibt viele Menschen, „die Scavenger“ aus den angrenzenden Haushalten, die auf der Deponie nach verwertbaren Materialien suchen um sie an Firmen zum Recyceln zu verkaufen.

Die Stadt Blantyre und der lokale Wasserversorger haben Fördermittel in Höhe von 145 Mio US $ bei der International Development Association der Weltbank akquiriert. Das geplante Malawi Water and Sanitation Project umfasst den Aufbau einer neuen Infrastruktur für eine neue Deponie, eine Kompostier- und Recyclinganlage sowie die Wiederinstandsetzung der Abwasserbehandlungsanlage in Zingwangwa.

Auf der Mülldeponie suchen "Scavanger" auf einem LKW nach verwertbaren Materialien.

Besichtigung der Abwasserbehandlungsanlage in Zingwangwa

Im Stadtgebiet von Blantyre gibt es fünf Abwasserbehandlungsanlagen, die in den 1960er Jahren gebaut wurden. Die Einwohnerzahl hat sich in den vergangenen Jahren stark erhöht, die Kapazitäten der Kläranlagen sind aber gleichgeblieben. Nur ca. 16 % der Haushalte sind daran angeschlossen. Die Anlage in Zingwangwa läuft nur zur Hälfte. Viele Rohre und Leitungen sind kaputt. In der Regenzeit wird die Anlage regelmäßig überflutet. Darüber hinaus gibt es Probleme mit Vandalismus und Diebstahl, insbesondere bei den Abwasserleitungen, die in die Flüsse gehen.

Im Rahmen des Malawi Water and Sanitation Project ist die Erneuerung der Anlage mit eingeplant. Um die Anlage in Zingwangwa wieder Instand zu setzen werden ca. 3.5 Billionen Malawi Kwacha (ca. 4 Mio. Euro) veranschlagt.

Besichtigung des Klärwerks im Stadtteil Zingwanga

Fahrt zum Lake Malawi

Um mehr vom Land Malawi und seinen Herausforderungen zu erfahren, wurde ein Besuch des Malawi-Sees auf das Programm gesetzt. Auf der ca. 4-stündigen Fahrt konnten viele Eindrücke von Landschaft, Vegetation, Kultur, Landwirtschaft, Bebauung und Infrastruktur gesammelt werden.

Bei einer Bootsfahrt nach Boadzulu Island gab es eine Reihe an Informationen zum Lake Malawi und seiner Bedrohung durch Klimawandel und Bevölkerungswachstum. Der Global Nature Fund (GNF) und das internationale Netzwerk Living Lakes haben den See daher zum „Bedrohter See des Jahres 2022“ ernannt.

Beim Umrunden der Insel konnten einige der dort lebenden Vögel beobachtet werden: Webervögel, Kormorane, Reiher und Fischadler. Auch viele der „Blue Fish“ genannten Buntbarsche zeigten sich beim Anlocken mit Brot.

Bootsfahrt auf dem Lake Malawi zum Schutzgebiet "Birds Island"

Besuch auf dem Markt

Einen kleinen Eindruck vom Alltag in Blantyre gab es beim Besuch auf dem Markt. Hier wird alles angeboten, was für den täglichen Bedarf und auch darüber hinaus benötigt wird: Obst, Gemüse, Honig, Fisch, getrocknete oder eingelegte Blätter und Kräuter, Nüsse, Maismehl, Stoffe, Körbe, Holzprodukten, Werkzeuge, Kochöfen, und -löffel, bis hin zu Besen, Autozubehörteile, handgemalte Karten und Lesezeichen sowie Souvenirs. Der Markt dient nicht nur dem Kauf und Verkauf von Waren, sondern ist auch Treffpunkt für die Menschen, um Neuigkeiten austauschen oder sich einfach zu Unterhalten. Ein Teil des Marktes ist überdacht. Der Bau dieser Hallen wurde in den 70er Jahren im Rahmen der Städtepartnerschaf t durch die Landeshauptstadt Hannover mitfinanziert. 

Auf dem Markt in Blantyre gibt es Lebensmittel und viele weitere Dinge für den täglichen Bedarf.

Treffen mit der Malawi University of Business and applied sciences (MUBAS)

Bei einem Treffen mit Vertreter*innen der Malawi University of Business and applied sciences (MUBAS), bekundeten diese ihr Interesse, eine Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover und speziell mit dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik einzugehen. Es ist ein Memorandum of Understanding zwischen beiden Universitäten geplant.

Besuch bei der Malawi University of Business and Applied Sciences (MUBAS)

Besuch der Kasinthula Cane Grower`s Association (KCGA) / Chikwawa

Die Kasinthula Cane Growers' Association (KCGA) in Chikwawa wurde bereits im Jahr 2011 im Rahmen eines EU-Projektes zum Thema Fairer Handel von Vertreter*innen der Landeshauptstadt Hannover besucht. Dort bauen etwa 750 Kleinbäuer*innen auf ca. 1.430 ha Zuckerrohr an. Die KCGA wurde 2004 als erste Kooperative in Malawi von Fairtrade zertifiziert. Um sich einen aktuellen Eindruck zu verschaffen, wurde ein Besuch mit in das Programm aufgenommen.

Der Besuch verdeutlichte, wie vielfältig die Herausforderungen von Kleinbäuer*innen auf dem Land sind. Mithilfe der Fairtrade Premien war es jedoch möglich, eine Infrastruktur aufzubauen. Das angrenzende Dorf ist eines der wenigen, die einen Stromanschuss haben. Viele Haushalte konnten ihre Grasdächer gegen Wellblechdächer austauschen. Es wurden Trinkwasserbrunnen gebohrt, eine Krankenstation errichtet, Krankenfahrräder angeschafft und eine neue Schule gebaut. Die Prämien ermöglichen es Kindern auch, eine Schulbildung abzuschließen.

Ein Farmer der Kasinthula Cane Growers bei der Zuckerrohrernte

 

Besuch von Einrichtungen der Jacaranda Foundation und des Jacaranda Cultural Centers
Die 2002 gegründete Jacaranda School for Orphans bietet (Aids-)Waisen und bedürftigen Kinder in Malawi eine umfassende, kostenlose Bildung und Betreuung durch Vorschul-, Grundschul- und Sekundarschulprogramme.
Es gibt Bezüge nach Hannover über den Freundeskreis Malawi, der den Schulaustausch zwischen der IGS List und der Jacaranda School koordiniert. Die Jacaranda Foundation ist über das Jacaranda Cultural Center mit der Stadt Hannover verbunden: Das Kulturbüro hat das Jacaranda Cultural Center über mehrere Jahre mit einem Zuschuss zu den Mietkosten unterstützt, um die Kunst- und Kulturszene mit ihren Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten und Vernetzungsmöglichkeiten mit Kulturschaffenden aus Hannover zu unterstützen.

 

Besuch des Blantyre Arts Festival (BAF)

Zum Abschluss der Woche, fand ein Besuch auf dem Blantyre Arts Festival statt. Es traten u.a. lokale sowie überregionale Bands und Poetry-Künstler*innen auf.

Auftritt von Nyau King beim Blantyre Arts Festival 2023

 

Darüber hinaus gab es auch Treffen mit freien Trägern der Kulturszene und ein Besuch von Einrichtungen der Jacaranda Foundation, um über die aktuelle und auch die weitere Zusammenarbeit und geplante Projekte zu sprechen.

Das vom Nachhaltigkeitsbüro, dem Kulturbüro und der Stadtverwaltung von Blantyre durchgeführte Nakopa-Projekt “Global nachhaltige Entwicklung durch Klimaschutzmaßnahmen und Bildung stärken“ wird aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Rahmen des Förderprogramms Nachhaltige Kommunalentwicklung durch Partnerschaftsprojekte (NAKOPA) von Engagement Global mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) gefördert.