Eine Studie an der Leibniz Universität untersucht das Mobilitätsverhalten in Stadt und Region während des ersten Lockdowns.
Weniger Fahrten mit Bus und Bahn, dafür mehr mit dem Fahrrad oder dem Auto: Die Einschränkungen rund um die Zeit des ersten Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie haben sich in vielerlei Hinsicht auf die Mobilität in der Region Hannover ausgewirkt. Dies hat eine Studie von Dr. Kerstin J. Schäfer und Dr. Leonie Tuitjer am Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover (LUH) ergeben, die auf Daten eines Studierendenprojektes basiert.
Online-Befragung
Grundlage war eine Online-Befragung in der zweiten Juni-Hälfte des vergangenen Jahres, die auf den Seiten des Großraum-Verkehrs Hannover (GVH) veröffentlicht wurde. Thema war das Mobilitätsverhalten vor und zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr und Sommer 2020. Insgesamt haben 4359 Teilnehmende den Fragebogen ausgefüllt. Viele der Beteiligten waren Studierende; Menschen im Alter von 65 Jahren aufwärts und Menschen mit niedrigem Einkommen waren – wie häufig bei Online-Befragungen – eher unterrepräsentiert. Etwa zwei Drittel der Befragten gaben an, aus der Stadt Hannover zu kommen, ein Drittel wohnt in der Region.
Signifikanter Rückgang der Alltagsmobilität
Die politisch angeordneten Maßnahmen wie Homeoffice, die zeitweise Schließung von Schulen und Kitas, von Geschäften, Bars und Restaurants führten insgesamt zu einem signifikanten Rückgang der Alltagsmobilität. 71 Prozent der Studien-Teilnehmenden gaben an, deutlich weniger unterwegs gewesen zu sein als vor der Corona-Krise. Insgesamt ist dabei auch die Nutzung öffentlicher Transportmittel deutlich zurückgegangen. 30 Prozent der Befragten nutzten verstärkt das Fahrrad und 23 Prozent gaben an öfter das Auto zu nutzen. Dabei geben die Radfahrer ein auffällig höheres Umweltbewusstsein an. Die Autonutzung ist vor allem bei Personen aus der Stadt Hannover gestiegen, im Umland ist sie dagegen leicht gesunken.
Unterschiede zwischen sozialen Gruppen
Mobilität steht allerdings für mehr als das Zurücklegen von Strecken. Das eigene Wohlbefinden, die psychische Gesundheit können durch Immobilität gefährdet sein. Gleichzeitig ist der Zugang zu einer intakten Transportinfrastruktur mitentscheidend für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und möglichst gleichwertige Lebensbedingungen. In Hannover zeigten sich Unterschiede zwischen den sozialen Gruppen. Die Gruppe, deren Mobilität - unabhängig vom Transportmittel – insgesamt am stärksten zurückging, waren Bachelorstudierende. Als mögliche Ursachen benennt die Studie Maßnahmen wie die Schließung der universitären Räumlichkeiten und die daraus resultierende Online-Lehre, aber auch das Zurückfahren der Freizeitangebote wie Sport im Verein und die Schließung potentieller Arbeitgeber. Insbesondere weibliche Studierende gaben an, ihren Job aufgrund der Pandemie verloren zu haben.
Geschlechterspezifische Unterschiede
Deutlich mehr Frauen als Männer äußerten sich dahingehend, dass sie aus Sorge vor einer möglichen Ansteckung mit dem Corona-Virus Fahrten mit dem Bus oder der Bahn meiden. Außerdem waren Frauen nach eigenen Angaben weniger unterwegs als die männlichen Befragten. Insbesondere Akademikerinnen mit Kindern unter 18 Jahren blieben während der Krise zuhause, vor allem um die Kinder zu betreuen. Berufstätige Frauen ohne akademischen Abschluss und ohne Kinder bildeten dagegen die Gruppe, die in dieser Zeit am mobilsten blieb, da häufig aufgrund des Berufsfeldes kein Homeoffice möglich war.