Studie

Ärzte als Navigatoren ihrer Patienten im Internet

Wie digitale Informationsangebote im Gesundheitsbereich in Zukunft aussehen sollten, zeigt eine Studie des Hanover Center for Health Communication der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.

Mit digitalen medizinischen Informationen im Internet beschäftigt sich eine Studie der HMTMH.

Die Auswirkungen der langen Lockdowns während der Corona-Pandemie machen sich auch in der Gesundheitsversorgung bemerkbar. Eine Befragung von 1.000 Personen im Alter von 18 bis 74 Jahren, von denen die Hälfte chronisch erkrankt ist, zeigt, dass rund 40 Prozent der Befragten während der Pandemie einen Termin bei einer Ärztin oder einem Arzt vermieden, abgesagt oder zumindest hinausgezögert haben. Zudem gab ein Fünftel der Befragten an, dass sich die Qualität ihrer Gesundheitsversorgung in den letzten zwölf Monaten verschlechtert habe. Ein ähnlich hoher Anteil an Befragten bemängelt, dass der Informationsumfang, den Ärzten bereitstellen, zu gering ist.

Anforderungen der Patienten

Vor diesem Hintergrund fokussiert die Studie des Hanover Center for Health Communication, welche Anforderungen Patienten an Gesundheitsinformationen stellen und welche Rolle dem Arzt dabei zukommen sollte, diesen Informationsbedürfnissen auch außerhalb der ärztlichen Konsultation zu begegnen. Die Studie zeigt, dass ca. 64 Prozent der Befragten es befürworten, wenn ihre Ärzte ihnen ein digitales Angebot für Gesundheitsinformationen bereitstellen würden. Ein solches Angebot sollte Zugang zu qualitativ hochwertigen Informationen bieten und für die Patient:innen persönlich zugeschnittene Informationen bereitstellen, sodass sich diese besser informiert fühlen und von einer eigenen Recherche entlastet werden. Besonders wichtig sind den Befragten dabei eine leichte und intuitive Bedienbarkeit, eine übersichtliche Gestaltung sowie die Verständlichkeit und Aktualität der Informationen. Der Informationsgehalt und die Informationsqualität stehen somit im Vordergrund, während es nur von nachrangiger Bedeutung ist, dass das Angebot auch unterhaltsam erscheint und beispielsweise ein Quiz zur Prüfung des Wissens enthält.

Zunehmende Nutzung digitaler Gesundheitsangebote

Bisher haben jedoch nur drei Prozent der Befragten ein solches Angebot von ihrem Arzt erhalten. Dabei gewinnt die Nutzung digitaler Angebote für gesundheitliche Zwecke zunehmend an Bedeutung. Seit Jahren zeigen sich steigende Nutzungszahlen von Suchmaschinen, Online-Lexika und Gesundheitsportalen. Mehr als jede/r Fünfte der Befragten (26,2%) gibt an, dass seine oder ihre Nutzung digitaler Gesundheitsangebote während der Corona-Pandemie weiter zugenommen hat. Die Suche nach Informationen ist dabei das dringlichste Anliegen und erfordert entsprechende digitale Gesundheitskompetenzen, die sich nur 43,3 Prozent der Befragten zuschreiben. Zudem sind nicht alle Gesundheitsinformationen im Internet zuverlässig, seriös und qualitativ hochwertig. Ein digitales Informationsangebot von Ärzten könnte hier ansetzen und Patienten mit angemessenen Informationen versorgen. Ein solches Angebot bietet außerdem großes Potential, die positiv bewertete Ärzte-Patienten-Kommunikation während und nach gesundheitlichen Krisen wie der Corona-Pandemie weiter zu stärken.

Über das Forschungsprojekt

Das von der Volkswagenstiftung geförderte Projekt widmet sich der digitalen Kommunikation zwischen medizinischem Fachpersonal und Patienten vor allem mit Blick auf neue Formen der Informationsbereitstellung für Patienten. Zuletzt hat die Corona-Pandemie verdeutlich, wie herausfordernd es aufgrund der Vermeidung der Gesundheitsversorgung sein kann, akut und chronisch kranke Patienten angemessen zu versorgen. Um dem starken Bedürfnis der Patientn nach qualitativ hochwertigen Informationen gerecht zu werden, scheint die digitale Informationsbereitstellung durch medizinisches Fachpersonal essentiell zu sein und ist in der Lage, neue Barrieren der Gesundheitsversorgung während und nach Gesundheitskrisen zu überwinden. Ziel des Projekts ist es, die Potenziale der digitalen Transformation der Gesundheitsinformationsbereitstellung sowohl aus der Perspektive der Patienten als auch des medizinischen Fachpersonals zu bewerten und die Auswirkungen digitaler Informationsformate auf das Vertrauen, die Zufriedenheit, das Wissen und die Behandlungs-Compliance der Patienten zu untersuchen. Unterstützt wird das Projekt durch das Startup medicstream, an dessen Beispiel besonders die Wirkung bestehender Angebote erforscht wird. Das Forschungsprojekt wird von Dr. Elena Link geleitet und läuft noch bis September 2022.

(Veröffentlicht: 12. Januar 2022)