Ein großer Beitrag für Transparenz und Erinnerungskultur: Mit dem neuen „Lexikon städtischer Ehrungen in Hannover“ legt die Landeshauptstadt eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung von Straßennamen, Ehrengräbern und weiteren Auszeichnungen vor. Erstmals werden auch alle 71 Gutachten öffentlich zugänglich gemacht.
Stellten das "Lexikon städtischer Ehrungen" vor (von links nach rechts): Dr. Jens Binner (Direktor des ZeitZentrums Zivilcourage), Dr. Karljosef Kreter (Historiker und Autor), Anett Schweitzer M.A. (Historikerin und Autorin), Inga Samii (Leiterin des Fachbereichs Kultur der Landeshauptstadt Hannover) und Matthias Wehrhahn (Verleger, Wehrhahn Verlag).
Die Landeshauptstadt Hannover hat die zweibändige Publikation „Lexikon städtischer Ehrungen in Hannover“ vorgelegt. Sie geht auf die Arbeit des wissenschaftlichen Beirats zur Betrachtung namensgebender Persönlichkeiten zurück und macht zugleich erstmals alle 71 bisher vertraulichen Gutachten öffentlich zugänglich.
Debatte um Straßennamen und Ehrungen
Diskussionen um Benennungen von Straßen, Gebäuden und weiteren öffentlichen Orten sorgen bundesweit für Aufmerksamkeit – vor allem mit Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus, aber auch mit Bezug auf den Kolonialismus. In Hannover hatte der Beirat „Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten“ am 1. November 2018 seinen Abschlussbericht vorgelegt. Er empfahl unter anderem die Umbenennung von 17 Straßen und untersuchte insgesamt rund 600 Ehrungen. Grundlage waren 71 wissenschaftliche Gutachten mit mehr als 1000 Seiten Umfang.
Das neue Lexikon
Das jetzt veröffentlichte Lexikon baut auf den Ergebnissen des Beirats auf, geht aber deutlich darüber hinaus. Es beleuchtet Biografien von Frauen und Männern der Jahrgänge 1847 bis 1928, die in Hannover durch Straßenbenennungen oder andere Ehrungen hervorgehoben wurden.
„Das Projekt in Hannover ist ein wichtiger Referenzpunkt, weil nur in wenigen anderen Städten ähnlich umfangreiche Untersuchungen auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft stattgefunden haben. Das Erscheinen der zweibändigen Publikation unterstreicht den Vorbildcharakter des hannoverschen Projektes“, betont Inga Samii, Leiterin des städtischen Fachbereichs Kultur.
Zwei Bände – Print und Open Access
Band 1: Enthält rund 600 namentliche Einträge zu Ehrenbürgerinnen, Namensgeberinnen von Schulen und Einrichtungen, Träger*innen der Stadtplakette sowie zu Personen mit einem Ehrengrab. Eingeleitet wird er durch einen Beitrag von Dr. Karljosef Kreter zur Geschichte der Ehrungen in Hannover. Er ist im Wehrhahn Verlag erschienen und kostet 28 Euro.
Band 2: Liegt als Open-Access-Publikation vor und dokumentiert die 71 Gutachten zu Persönlichkeiten, deren Biografien vertiefend untersucht wurden – darunter Klaus Bahlsen, Fritz Beindorff und August Marahrens. Der Band ist online über das ZeitZentrum Zivilcourage sowie den Wehrhahn Verlag abrufbar.
Das "Lexikon städtischer Ehrungen in Hannover“.
Erinnerungskultur und demokratische Verantwortung
Mit der Publikation schafft die Stadt Transparenz über die Grundlagen für Entscheidungen zu Um- oder Beibehaltungen von Benennungen. Zugleich soll sie andere Kommunen dazu anregen, ähnliche Projekte anzustoßen.
„Benennungen sind eine äußerst wirksame Form der Erinnerungskultur, weil sie dazu beitragen, die namensgebenden Personen unbewusst als vorbildhaft zu betrachten. Eine demokratische Gesellschaft muss daher die Frage beantworten, ob die Werte, die von dieser Person symbolisiert werden, noch mit ihren eigenen Grundlagen übereinstimmen“, erklärt Dr. Jens Binner, Leiter des ZeitZentrums Zivilcourage.