Minimal-invasive Chirurgie

Forschergruppe entwickelt Roboter

Durch kleine Zugänge flexibel in den Körper gelangen und dort zielsicher operieren: Wissenschaftler des Mechatronik-Zentrums der Leibniz Universität Hannover arbeiten an sogeannten Kontinuumsrobotern, um dieses Ziel zu erreichen.

Kontinuumsroboter für die Neurochirurgie: Josephine Granna (Studentin), Carolin Fellmann (wissenschaftliche Mitarbeiterin) und Ernar Amanov (Student) diskutieren den minimal-invasiven Zugangsweg am Anatomiemodell (von links nach rechts).

Die Kontinuumsroboter, die in der minimal-invasiven Chirurgie zum Einsatz kommen sollen, sind aus ineinandergesteckten dünnen Röhrchen aufgebaut – mit einer schlangen- oder tentakelartigen Bewegung können diese Instrumente laut LUH flexibel "um die Ecke herum manipulieren". Das könnte bei Gehirnoperationen durch die Nase oder Eingriffen, bei denen nur minimale Narben entstehen sollen, sehr hilfreich sein. Die Forschungsarbeit von Dr.-Ing. Jessica Burgner-Kahrs und ihrem Team wird im Rahmen des Emmy-Noether-Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für fünf Jahre mit knapp 1,3 Millionen Euro gefördert.

Roboter erinnern an Elefantenrüssel

Die derzeit in der minimal-invasiven Chirurgie eingesetzten Instrumente sind laut LUH größtenteils aus Edelstahl gefertigt, sie seien entsprechend starr sowie lediglich über Gelenke steuerbar. Die neuen flexiblen, an schmale Elefantenrüssel erinnernde Roboter bestehen aus verformbarem, flexiblem Nitinol – und sind sehr dünn: unter 2,5 Millimeter im Durchmesser.

Vielversprechende Versuche

Die ersten Versuche an Modellen sind laut Universität vielversprechend. Nach Einschätzung von Burgner-Kahrs werden jedoch noch fünf bis zehn Jahre Forschung nötig sein, bis die Roboter tatsächlich in der medizinischen Praxis eingesetzt werden können. "Wir forschen sehr interdisziplinär zwischen Informatik, Maschinenbau, Elektrotechnik und Medizin", sagt die Informatikerin.

Konzentration auf zwei Einsatzfelder

Student Ernar Amanov, Gruppenleiterin Dr. Jessica Burgner-Kahrs und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Carolin Fellmann arbeiten im Labor (von links nach rechts) – und zwar am Prototyp einer Aktuierungseinheit (links), aus der der Roboter (dünne NiTi-Röhrchen) durch die Nase des Patienten die Schädelbasis erreichen kann.

Zurzeit konzentrieren sich die Wissenschaftler auf zwei Einsatzfelder der neuen Roboter: Zum einen testen sie den Einsatz bei der Operation von gutartigen, relativ häufig vorkommenden Hypophysen-Tumoren im Gehirn. Diese Tumoren mit ihrer geleeartigen Konsistenz können mithilfe der flexiblen Geräte voraussichtlich gut durch die Nase erreicht werden. Zum anderen geht es darum, bei Schlaganfallpatienten Blutgerinnsel im Gehirn abzusaugen.

Kooperation mit Medizinischer Hochschule

Bisher haben die Wissenschaftler die Roboter unter anderem an Schädeln von Leichen getestet. Des Weiteren sind Versuche an Schweinen geplant, bevor es in Richtung Patientenstudien und Zusammenarbeit mit Industriepartnern geht. Die LUH-Forscher kooperieren bei dem Projekt mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).

Erste Forschergruppe in Deutschland

Burgner-Kahrs war von 2010 bis 2012 Research Associate bei einem der Pioniere auf dem Forschungsgebiet Kontinuumsroboteran der Vanderbilt University in Nashville, USA. Mit einem Stipendium zur Rückgewinnung von deutschen Wissenschaftlern aus dem Ausland kam die 33-jährige Informatikerin ans Mechatronik-Zentrum der Leibniz Universität. Ihr Team beschäftigt sich als erste Forschergruppe in Deutschland mit dem Thema "Kontinuumsroboter für chirurgische Systeme".

Hochschule

Leibniz Universität Hannover

Global denken, interdisziplinär forschen: Leibniz leben! An der Leibniz Universität Hannover lernen mehr als 28.000 Studierende.

lesen

(Veröffentlicht: 8. August 2014)