Studie zu Traumafolge-Erkrankungen bei Soldaten: Mit Unterstützung der VolkswagenStiftung entwickelt ein Forscherteam der Universität Konstanz derzeit psychologische Präventions- und Therapiestrategien für Soldaten in Kampfeinsätzen. In einer ersten Phase des groß angelegten Feldversuchs führten die Wissenschaftler 1.000 Interviews und unternahmen 60 präventive Interventionen mit afrikanischen Soldaten und ehemaligen Kombattanten.
Nach Aufenthalten in Krisengebieten leiden viele Soldaten an Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) oder an Depressionen. Zudem zeigen sie häufig ein aggressiveres Verhalten als früher und finden sich nur schwer im Alltag zurecht. Die Zusammenhänge von traumatischem Stress und Gewaltbereitschaft von Soldaten nach Kampfeinsätzen untersucht ein Forscherteam der Universität Konstanz jetzt im Rahmen eines Prä-post-Vergleichs (Vorher-nachher-Vergleich).
Interviews mit afrikanischen Soldaten
Die Wissenschaftler haben laut VolkswagenStiftung die einmalige Gelegenheit, Mitglieder der Friedensmission der African Union Mission to Somalia (AMISOM) vor und nach ihrem Militäreinsatz in Somalia zu befragen und therapeutisch zu betreuen. Dabei handelt es sich um burundische Soldaten, die für ein Jahr nach Somalia entsendet werden. Auf diese Weise können die Forscher Veränderungen der psychischen Gesundheit von Soldaten als Folge ihres Kampfeinsatzes unmittelbar untersuchen. Die VolkswagenStiftung fördert die Studie im Rahmen ihrer Initiative "Offen – für Außergewöhnliches" mit rund 247.000 Euro.
Kurzzeit-Intervention als Vorbereitung auf Kampfeinsatz
Die Wissenschaftler hatten in den vergangenen Monaten die Möglichkeit, mehr als 550 burundische Soldaten in einem Militärcamp nahe der Hauptstadt Bujumbura zu interviewen. Darüber hinaus führten sie mit rund 60 Militärs eine präventive Kurzzeit-Intervention als Vorbereitung auf ihren einjährigen Kampfeinsatz (Januar 2013 bis Januar 2014) durch. Da in Burundi erst im Jahr 2006 ein langjähriger blutiger Bürgerkrieg endete, ist laut VolkswagenStiftung davon auszugehen, dass die psychischen Vorbelastungen dieser Soldaten und ihre Gewaltbereitschaft höher ausfallen als bei vergleichbaren Personengruppen aus Europa oder Nordamerika. Neben den Interviews mit aktiven Soldaten erhob das Forscherteam zum Vergleich zusätzlich Daten von rund 400 Veteranen des burundischen Militärs sowie von ehemaligen Rebellen des Bürgerkriegs. Burundische Kollegen der Universität Lumière in Bujumbura sowie Militärpsychologen der burundischen Armee unterstützen die deutschen Wissenschaftler bei ihrer Arbeit.
Reintegration in die Zivilgesellschaft
Ziel der präventiven und kurativen Interventionen vor und nach dem Kampfeinsatz ist es, die Soldaten in die Lage zu versetzen, lebensgefährliche und gewalttätige Erlebnisse zu verarbeiten und diese als Erinnerungen aus einer anderen Zeit zu begreifen, um sich so ohne psychisches Leid und Funktionsminderung einer neuen Aufgabe widmen zu können: der Reintegration in die Zivilgesellschaft.