Zusammen mit amerikanischen Kollegen haben Wissenschaftler aus dem Team um Dr. Andreas Rummel vom Institut für Toxikologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) aufgeklärt, wie das Bakterium Clostridium botulinum sein Nervengift in das Blut des Menschen schleust. Mit Botulinum-Toxin werden schwere Bewegungsstörungen erfolgreich behandelt – als "Botox" spielt es bei kosmetischer Faltenglättung eine bekannte Rolle.
Wie aber der Wirkstoff des bereits 1989 als Arzneimittel für seltene Leiden zugelassenen Medikaments aussieht, war bis dato unbekannt. Ursprünglich bekannt wurde das Botulinum-Toxin durch die heutzutage seltene Krankheit Botulismus, eine tödliche Lebensmittelvergiftung. Dabei gelangt dieses hochmolekulare Eiweiß ins Blut.
"Vergangenes Jahr konnten wir aufklären, wie ein Schutzprotein das Toxin einpackt und so gegen das feindliche Milieu in Magen und Dünndarm beschützt," erklärt Dr. Rummel. "Jetzt verstehen wir auch, wie es an der Dünndarmwand andockt und das Toxin in die Blutbahn entlässt". Die Forscher fanden heraus, dass sich dazu drei weitere Proteine zu einem zwölfteiligen Subkomplex zusammenlagern. Dieser sogenannte HA-Komplex bindet über bis zu neun Kontaktpunkte an Zucker auf der Oberfläche des Dünndarmepithels und öffnet anschließend Zell-Zell-Kontakte, um das Gift effizient in die Blutbahn gelangen zu lassen.
Die Erkenntnis der Bindung an Zuckermoleküle erlaubte es dem Team, Substanzen in Mäusen erfolgreich zu testen, die die Resorption des Toxins verhindern. "Dies ist eine völlig neue Therapiestrategie gegen Botulismus, die im Falle einer bioterroristischen Bedrohung mit dem Botulinum-Neurotoxin auch präventiv eingesetzt werden könnte", erläutert Dr. Rummel.
Forscher der MHH haben die Funktion und komplizierte Raumstruktur des Botulinum-Komplexes, anders bekannt auch als "Botox", entschlüsselt.
© Rummel/MHH