MHH

Neue Erkenntnisse in der Neurobiologie

Neurologen der MHH haben einen wichtigen Puzzlestein gefunden, um das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Zellarten im Gehirn zu erklären. 

Die MHH-Neurologen Professor Stangel (rechts) und Dr. Skripuletz im Labor

Im Gehirn kommen außer den Nervenzellen weitere Zellen vor, die die sogenannte Glia bilden. Sie werden in die Zelltypen Mikroglia, Oligodendrozyten und Astrozyten unterteilt. Die Mikrogliazellen sind die Abwehrzellen des Gehirns, ihre Aufgabe besteht darin, krankmachende Substanzen zu erkennen und zu beseitigen. Die Nervenzellen im Gehirn sind über lange Fortsätze verbunden, die sogenannten Axone. Über sie werden die Nervenimpulse als elektrische Reize weitergeben. Damit eine schnelle Weiterleitung ermöglicht wird, sind die Axone von einer Isolationsschicht umgeben, dem Myelin. Dieses Myelin wird in Gehirn und Rückenmark von Oligodendrozyten gebildet. Die Astrozyten schließlich bilden die Mehrheit der Gliazellen im zentralen Nervensystem von Säugetieren und Menschen.

Astrozyten in Gewebe, die mittels einer Immunfluoreszenz-Färbung (grün) sichtbar gemacht wurden.

 

Sie sind sternförmig verzweigt und haben daher ihren Namen. Erst seit einem Jahrzehnt sind sie im Blick der Forschung. Neurologen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben nun das Zusammenspiel von Astrozyten und Mikroglia entschlüsseln können. Astrozyten, die sternförmigen Zellen des Glia, sind für Regeneration von Nervenzellen im Gehirn unerlässlich. Dieses Ergebnis ist für die weitere Forschung bei der Bekämpfungs von Krankheiten wie Multipler Sklerose wichtig. Die Wissenschaftler haben bei Mäusen das Myelin, das die Axone schützend umhüllt, mit einem Toxin angegriffen. Das geschädigte, in Teilstücke zerfallene Myelin, das seine Funktion als Isolator verloren hat, wird von Mikroglia schnellstmöglich abgeräumt, damit die Oligodendrozyten wieder rasch eine neue Myelinschicht bilden können. Die Forscher konnten bei ihren Versuchstieren aber auch die Funktionsfähigkeit der Astrozyten "ausschalten". Sie beobachteten, dass das geschädigte Myelin dann an den Axonen liegen blieb und nicht weggeschafft wurde. Diese Fragmente verhinderten, dass sich eine neue Myelinschicht bilden konnte. Ergebnis: Die Astrozyten aktivieren die Mikroglia. Sind sie ausgeschaltet, kommt es nicht mehr zu einer Regeneration der Isolationsschicht der Nervenzellen.

Myelinscheiden im Querschnitt unter dem Elektronenmikroskop.

In einem weiteren Schritt wollen die Forscher nun klären, welche molekularen Faktoren zur Remyelinisierung führen. Das ist auch für die Bekämpfung von Krankheiten wie Multipler Sklerose wichtig, bei der es wegen eines Abbaus der Myelinschicht zu "Kurzschlüssen" in der Nervenleitung kommt.