Verkehrsüberwachung

Section Control vorläufig wieder erlaubt

In einem Eilverfahren hob das Niedersächsische Ober­verwal­tungsgericht in Lüneburg ein bislang geltendes Verbot auf. Das Streckenradar "Section Control" an der Bundesstraße 6 in der Region Hannover ist damit vorläufig wieder erlaubt.

Verkehrsüberwachung durch die Abschnittskontrolle

Der Grund ist die neue Rechtslage, wie das Gericht mitteilte: Ende Mai war das Niedersächsische Polizeigesetz in Kraft getreten. Darin ist unter anderem konkret geregelt, dass und wie die Polizei die Anlage nutzen darf. Wann und wie die Anlage tatsächlich in Betrieb geht, ist noch nicht geklärt.

(Aktualisiert: 4. Juli 2019)

Update

Zu diesem Sachverhalt gibt es eine neue Meldung vom 14. November 2019:

Verkehrsüberwachung

Section Control ist erlaubt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat am 13. November das Streckenradar "Section Control" auf der B6 zwischen Gleidingen und Laatzen für rechtm...

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Rückblick

An der B 6 zwischen Laatzen und Gleidingen hatte das Land Niedersachsen Anfang 2015 mit der Einrichtung der bundesweit ersten Pilotstrecke zur Verkehrsüberwachung durch die Abschnittskontrolle begonnen. Der Probebetrieb der neuen Technik zur Verkehrsüberwachung sollte ursprünglich im Herbst 2015 beginnen. Nachdem der Termin aufgrund datenschutzrechtlichen Klärungsbedarfs mehrfach verschoben wurde, erfolgte am Mittwoch, 19. Dezember, die offizielle Inbetriebnahme durch den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius. Damit initiierte Niedersachsen als erstes Bundesland ein Pilotverfahren zur Verkehrsüberwachung durch das Streckenradar "Section Control".

Innenminister Boris Pistorius bei der offiziellen Inbetriebnahme der Abschnittskontrolle auf der B 6 zwischen Laatzen und Gleidingen.

Verzögerte Zulassung durch die PTB 

Letzte Hürde war die Zulassung und Zertifizierung der neuartigen Technik durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Ein Grund für die Verzögerung sei gewesen, dass die Technik sich von der unterscheide, die in anderen europäischen Ländern genutzt wird, in denen es einen Streckenradar schon seit langem gibt. Dort haftet bei einem Tempoverstoß teils der Halter des Fahrzeugs, und die Erfassung des Kennzeichens reicht aus. In Deutschland muss allerdings auch der Fahrer identifiziert werden.

Pilotverfahren

Niedersachsen initiierte als erstes Bundesland ein Pilotverfahren zur Verkehrsüberwachung durch die als "Section Control" bekannte Methode zur Geschwindigkeitsermittlung auf ausgesuchten Streckenabschnitten. In Österreich und den Niederlanden gibt es die Section Control bereits seit Jahren. Während dort das Abfotografieren der Autos beim Einfahren und Verlassen des kontrollierten Abschnitts für den Datenschutz kein Problem darstellt, wurde in Deutschland zunächst untersucht, was dabei unter diesem Aspekt zu beachten ist.

Section Control

Bei Section Control handelt es sich um ein System zur Überwachung von Geschwindigkeitsbeschränkungen. Dabei wird anders als bei den klassischen Radarfallen die Geschwindigkeit nicht an einen bestimmten Punkt gemessen, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeit in einem Streckenabschnitt ermittelt. Das geschieht mit zwei mit Kameras ausgestatteten Kontrollpunkten. Bei der Ein- und Ausfahrt werden die Fahrzeuge fotografiert. Aus der Zeit zwischen den beiden Aufnahmen kann dann die Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet werden.

Vorteile der Abschnittskontrolle

Zu den Vorteilen der Abschnittskontrolle zählen nach Aussage des Innenministeriums:

  • Das Messsystem sorgt im Gegensatz zur punktuell wirkenden Überwachungstechnik für die Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit in dem gesamten überwachten Streckenabschnitt.
  • Die Abschnittskontrolle stellt für die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer eine gerechtere Methode dar, da jede Fahrzeuggeschwindigkeit streckenbezogen gemessen und nur die durchschnittliche Überschreitung verfolgt wird. Ein kurzzeitiges Abbremsen am Standort einer herkömmlichen Punktmessung zur Vermeidung eines erfassbaren Verstoßes ergibt bei der Abschnittskontrolle keinen Sinn. Stattdessen können aber kurzfristige unbeabsichtigte kleinere Geschwindigkeitsüberschreitungen im Messbereich ausgeglichen werden.
  • Die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer infolge dieser gerechteren Methode führt zu einer spürbaren Harmonisierung des Verkehrsflusses, wodurch neben einer Erhöhung der Verkehrssicherheit auch eine Reduzierung von Emissionen erreicht wird.
  • Darüber hinaus geschieht das oft gefahrenträchtige Abbremsen im Bereich stationärer oder semistationärer Punktmessungen sowie die anschließende Beschleunigung bei Abschnittskontrollen seltener.

Ausgewählte Strecke ist Unfallschwerpunkt

Das wichtigste Kriterium für die Auswahl der Pilotstrecke auf der B 6 zwischen Laatzen und Gleidingen aus der Empfehlung des 47. Deutschen Verkehrsgerichtstages war, dass "Section Control" nur an Unfallhäufungsstrecken zulässig sein soll. Allein zwischen 2011 und 2015 gab es auf dem ausgewählten, rund drei Kilometern langen Streckenabschnitt 28 Verkehrsunfälle, bei denen insgesamt zehn Personen leicht, drei schwer und zwei sogar tödlich verletzt worden sind.

Beschluss gegen Section Control

Der 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hatte durch Beschluss vom 10. Mai 2019 die Beschwerde der Polizeidirektion Hannover gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. März zurückgewiesen. Mit dem letztgenannten Beschluss war der Polizeidirektion im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt worden, von dem Antragsteller geführte Fahrzeuge mittels der sog. "Section Control" (= Abschnittskontrolle) auf der B 6 zwischen Gleidingen und Laatzen zu überwachen. In der Folge war diese von Niedersachsen als erstem Bundesland erprobte Geschwindigkeitsüberwachungsanlage ausgeschaltet worden.

Gegen die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in dem Eilverfahren war kein Rechtsmittel gegeben. Die unterlegenen Beteiligten konnten allerdings bei einer Änderung der Rechtslage insoweit eine erneute gerichtliche Überprüfung beantragen.

Die 7. Kammer am Verwaltungsgericht Hannover hatte am 12. März entschieden, dass es für den Betrieb der Radaranlage, die Kennzeichen sämtlicher vorbeifahrender Autos fotografiert und zumindest für den Zeitraum der Durchfahrt speichert, keine Rechtsgrundlage gibt. Das Innenministerium hatte aufgrund dieser Entscheidung noch am 12. März angekündigt, die Radaranlage unverzüglich außer Betrieb zu nehmen.

(Aktualisiert: 10. Mai 2019)